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Dämon

Dämon

Titel: Dämon
Autoren: Matthew Delaney
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Europa«, sagte Keaveney.
    »Und? Ich war noch nie in Atlantic City«, antwortete Seals. »Sollen wir vielleicht New Jersey den Krieg erklären, damit ich mal hinkomme?«
    Alabama kicherte.
    »Also schön, ihr Esel, hört zu!«, wandte Seals sich an die Gruppe. »Vor zwölf Tagen ist die B-Kompanie auf der nördlichen Nachbarinsel gelandet. Sie hat ihr Lager etwa zehn Kilometer oberhalb unserer Position. Eine Gruppe von vierzig Mann der B-Kompanie ist nach Südwesten in den Dschungel marschiert, aber seit einer Woche hat niemand mehr ein Wort von ihnen gehört.«
    »Und?«, fragte Keaveney.
    »Und da wir ihnen am nächsten sind, möchte der General, dass wir einen kleinen Aufklärungstrupp losschicken, um nach ihnen zu suchen.«
    »Kommen Sie, Sarge!«, maulte Alabama. »Hier kriechen überall verdammte Japse rum wie die Ameisen! Wenn wir in den Dschungel marschieren, stehen unsere Chancen auch nicht gerade gut, dass wir wiederkommen!«
    »Ich nehme Ihre Beschwerde zu den Akten«, sagte Seals. »Zusammen mit Keaveneys Bitte um Versetzung nach Europa. In die Rundablage.«
    »Und keiner weiß, was aus den vierzig Mann geworden ist?«, fragte Eric.
    Seals schüttelte den Kopf, während er ein Stück Papier aus der Brusttasche zog. »Die letzte Nachricht von ihnen ist ungefähr eine Woche alt. War eine fremde Stimme. Niemand kannte sie.«
    »Was besagt sie?«
    Seals las vom Papier ab. »Mea est ultio.«
    »Was soll das denn heißen?«, fragte Alabama.
    Seals musterte ihn sekundenlang, dann blickte er hinaus aufs Meer.
    »Es ist Latein«, sagte er schließlich. »Mein ist die Rache.«
    Sie verließen den Strand am Nachmittag, und als die Abenddämmerung hereinbrach, hatte der sechzehn Mann starke Trupp sich fast fünf Kilometer tief in den Dschungel vorgearbeitet. Es waren die härtesten fünf Kilometer, die Eric Davis je marschiert war. Alles im Dschungel schien ihn zu hassen. Entweder biss es nach ihm, zerkratzte ihn oder troff auf ihn herab. Hüfthoher Schlamm, in dem sich fünf Zentimeter lange, widerliche Egel wanden, Wespen von der Größe eines Kinderfingers, Riesenschlangen, die sich an den Ästen über ihren Köpfen entlangbewegten – alles war lebendig, und alles war feindselig. Sie waren durch Mangrovensümpfe gewatet, durch schier undurchdringliches Unterholz und durch Wälder, in denen riesige Bäume voller Ranken und Lianen wuchsen. Als die Sonne unterging, hatten sie noch keinen anderen lebenden Menschen gesehen.
    Auf einer kleinen Lichtung befahl Seals, das Nachtlager aufzuschlagen. Die Marines sanken zu Boden, wo sie gerade standen. Eric saß auf seinem Rucksack, während die Dunkelheit hereinbrach. Rings um ihn her errichteten erschöpfte Männer ihre Schlafzelte. Eric teilte ein Zelt mit Alabama, Keaveney und Jersey Walker. Jerseys echter Name lautete Joe, doch er war vor dem Krieg Boxer gewesen und unter dem Namen Jersey Joe Walker aufgetreten, genau wie Jersey Joe Walcott, der zurzeit für Furore sorgte. Walkers Körper war muskelbepackt, und sein dicker Hals war so kurz, dass der Kopf fast auf den breiten Schultern aufzusitzen schien. In den Staaten war er für seine Gewaltausbrüche berüchtigt gewesen; immer wieder hatte er wegen der Frauen anderer Kneipenschlägereien angezettelt. Es hieß, er habe sich nur deswegen bei den Marines gemeldet, um nicht ins Gefängnis zu müssen.
    Alabama befand sich bereits im Zelt. Er hatte die Stiefel ausgezogen und spielte mit den nackten Zehen. »Das war kein Spaziergang heute«, sagte er und rieb sich die schmerzenden Stellen. »Es kam mir vor, als wären wir durch ein Treibhaus voller nasser grüner Blätter gelaufen.«
    Keaveney hob den Wassergraben rings um das Zelt aus. Der Graben war noch keine fünfzehn Zentimeter tief, als er den Spaten erschöpft zur Seite warf.
    »Das war wirklich kein Spaziergang«, meinte auch Eric, während er sich in die Höhe stemmte und seinen Rucksack aufnahm. »Hast du heute Nacht Wache?«
    »Nein«, antwortete Alabama und legte sich nach hinten ins Zelt. »Du?«
    »Ja. Die Zwei-Uhr-Schicht. Bis vier in der Frühe.«
    Keaveney und drei andere Männer richteten die Nahverteidigung des Lagers ein. Eric beobachtete, wie sie Schützenlöcher aushoben und die beiden Maschinengewehre in Stellung brachten. Sie hatten einen Hund dabei, einen Dobermann-Mischling namens Pete, der versteckte japanische Soldaten aufspüren sollte. Der Hund schnüffelte beiläufig am Boden und wühlte im feuchten Laub, bevor er winselte, sich einmal um die
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