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Dämon

Dämon

Titel: Dämon
Autoren: Matthew Delaney
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versetzte ihm mit dem Kolben seines Gewehrs einen Schlag ins Gesicht, und der Mann brach bewusstlos und mit heftig blutender Nase zusammen.
    Ohne ein Wort schlug der Marine weiter mit dem Kolben der schweren Waffe auf den Bewusstlosen ein und zertrümmerte ihm dem Schädel. Anschließend richtete er sich auf und streckte sich, während er sich mit dem Jackenärmel über die Stirn wischte, als hätte er eine schwere Arbeit verrichtet.
    Die schlimmsten Kämpfe waren vorüber, doch im Dschungel ringsum verbargen sich immer noch einzelne Japaner. Die Marines bewegten sich vorsichtig durch das Unterholz, sandten Flammenstöße zwischen die Bäume und warfen Granaten in Fuchsbauten.
    Eric ließ sich erschöpft in den Sand fallen; zugleich berauschte das Adrenalin ihn wie eine Droge. Er beugte sich vor und erbrach sein Frühstück. Als er fertig war, spie er ein letztes Mal aus, wischte sich den Mund ab und stützte sich auf den Lauf seines Gewehrs.
    Einer der Kameraden hatte eine herrenlose japanische Flagge gefunden. Er schwenkte sie triumphierend und rief: »Seht her, eine aufgehende Sonne!«
    Eric drehte den Kopf nach dem Rufer um und sah, dass es Scotti war. Er stand auf einem der Bunker und schwenkte die Fahne über dem Kopf. »He, ich bin ein verdammter Japs!«, rief er den Männern zu und lachte schrill.
    Irgendwo im Unterholz krachte ein Gewehrschuss. Scotti ließ die Flagge fallen und hielt sich den Hals. Sein Gesicht lief rot an, als hätte er sich verschluckt, dann sanken seine Hände herab, und Eric sah ein dollargroßes Loch an der Stelle, wo sein Adamsapfel gewesen war. Scotti brach zusammen.
    Nach und nach verebbte das Gewehrfeuer, bis nur noch vereinzelt Schüsse erklangen, die mit der Zeit ebenfalls verstummten. Eric lag auf dem Rücken und hatte die Augen geschlossen. Er hörte die Wellen den Strand hinaufrollen und das Knistern der brennenden japanischen Unterstände. Gelegentlich stöhnte ein Verwundeter. Eric öffnete die Augen und blickte zum Himmel, als ein Schwarm bunter Sittiche in perfekter Formation über ihn hinwegstrich.
    Er ließ den Blick über die Toten schweifen, die vielen Männer, die so sinnlos gestorben waren. Japanische und amerikanische Soldaten lagen in wildem Durcheinander auf dem Dschungelboden, einige in seltsamen Umarmungen verfangen, während das Blut aus ihren Wunden sich vermischte. Der Regen hatte inzwischen mit Macht eingesetzt und prasselte auf das Blätterdach über ihnen. Der gesamte Dschungel glitzerte wie mit nasser Farbe überzogen.
    Am Boden neben Eric lag etwas, das einmal ein Mensch gewesen war. Der Soldat war so stark verbrannt, dass Eric nicht zu sagen vermochte, ob er ein Japaner oder ein Amerikaner war. Seine Augen waren klaffende Höhlen, seine Lippen schwarz verkohlt, und die Zähne leuchteten weiß durch das verbrannte Fleisch. Wassertropfen von den Blättern fielen in sein Gesicht und verdampften zischend von der Hitze, die noch immer in dem Leichnam schwelte.
    Zwei Stunden später saß Eric mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt im Sand. Einer der Sanitäter bandagierte seine Armwunde. Eric starrte hinaus aufs Meer, das in sanften Wogen auf den Strand rollte. Das Ufer war übersät mit stumpfgrünen Ausrüstungsgegenständen. Große Landungsboote hatten die ersten leichten Panzer und Halbkettenfahrzeuge abgesetzt, die nun am Rand des Dschungels patrouillierten und Dieselgestank verbreiteten. Die Honeys – M3A1-Panzer, bewaffnet mit 37-mm-Kanonen – rumpelten und ratterten auf ihren Ketten durch den feinen Sand und stießen schwarze Abgaswolken aus.
    Zwischen zwei Palmen war eine Zeltplane gespannt, und die meisten Verwundeten und Sterbenden waren unter das dunkelgrüne Gewebe getragen worden. Die Luft unter dem Sonnensegel war erstickend. Eric schwitzte lieber draußen in der Sonne am Strand, als mit all den Verwundeten und vor Schmerzen halb Wahnsinnigen unter dem behelfsmäßigen Dach zu bleiben.
    Die Toten waren inzwischen fast ausnahmslos geborgen. Sie lagen in einer langen Reihe am Rand des Dschungels, wo sie der schweren Ausrüstung nicht im Weg waren. Später würde man sie nach persönlichen Briefen durchsuchen, die anschließend mit der Feldpost an ihre Adressaten versandt wurden. Dann würden die Leichen in Säcke gepackt und mit dem nächsten Schiff in die Heimat geschickt werden.
    Das erste Feldlager wurde etwa einen halben Kilometer vom Strand entfernt aufgeschlagen. Die Bäume, nach dem schweren Beschuss durch die Navy nur noch
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