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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Autoren: Ross Thomas
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übel.«
    »Dürfte ich Ihren Paß sehen?«
    McCorkle wandte sich um und begann zu suchen, indem er ohne jedes Anzeichen von Panik seine Taschen abklopfte. Schließlich nahm er den Paß aus seiner Gesäßtasche, der letzten links, und überreichte ihn in der Hoffnung, daß seine mit Bedacht entspannte Suche ein weiteres Kennzeichen von Unschuld war.
    Der Inspektor öffnete den Paß und blätterte ihn durch.
    »Frankfurt, hmh?«
    »Frankfurt«, stimmte McCorkle zu.
    »Beruflich oder zum Vergnügen?«
    »Weder noch. Der Bruder meiner Frau ist gestorben. Wir waren bei seiner Beerdigung.«
    Der Inspektor sah sich um, als hoffe er, eine Mrs. McCorkle zu entdecken. »Sie ist geblieben?«
    »Es waren ein paar Familienangelegenheiten zu klären.«
    »Der Vorname Ihrer Frau, Mr. McCorkle?«
    »Fredl.«
    Der Mann wechselte in die deutsche Sprache: »Eine gute deutsche Hausfrau, ja?«
    »Washington-Korrespondentin für eine Frankfurter Zeitung.«
    »Sie wollen mich auf den Arm nehmen. Welche?«
    Nachdem McCorkle es ihm gesagt hatte, nickte der Inspektor beifällig und sagte: »Die seriöse.«
    »Unbedingt.«
    »Und was machen Sie, Mr. McCorkle?« fragte der Inspektor, wobei sein Blick den fünf Jahre alten Southwick-Kammgarnanzug taxierte, den McCorkle bei Arthur Adler’s im Angebot gekauft hatte.
    »Ich betreibe ein Lokal.«
    »In Washington?«
    »Richtig.«
    »Wie heißt es?«
    »Mac’s Place.«
    »Hab da mal gegessen«, sagte der Inspektor. »Nicht schlecht.« Er schaute wieder in den Paß, las laut den Namen »Cyril McCorkle« und blickte lächelnd auf. »Ich wette, jeder nennt Sie Mac.«
    »Gewonnen.«
    Der Inspektor bückte sich, markierte den alten Koffer mit einem Kreidestrich, richtete sich auf und händigte McCorkle ein Stück Papier aus, den hochgeschätzten Passierschein. »Gehen Sie durch die Schnellabfertigung, Cyril«, sagte er. »Und willkommen zu Hause.«
    Später machte McCorkle seine Sonnenbrille für die Verwechslung vor Mac’s Place verantwortlich, direkt nachdem er den Taxifahrer bezahlt, seinen alten Koffer genommen und sich umgedreht hatte. Obwohl sich seine Sehkraft während der letzten Jahre von fast perfekt über gut bis zu einem Grad verändert hatte, wo er nun eine Lesebrille brauchte, weigerte sich McCorkle, die verschriebene Sonnenbrille zu tragen, weil er sich auf Anhieb nicht daran erinnern konnte, jemals in der Sonne ein Buch gelesen zu haben. Und da er das Bedürfnis verspürte, irgend etwas verantwortlich dafür zu machen, machte er die Sonnenbrille dafür verantwortlich, daß er den Mann, der aus Mac’s Place kam, mit dem verstorbenen Steadfast Haynes verwechselt hatte.
    »Es war Viertel nach drei oder etwas früher«, sagte er, als er später Padillo von dem Vorfall erzählte. »Und er war im Schatten, und die Sonne stand gerade so tief, daß sie mir direkt in die Augen schien. Als ich dann aus der Sonne in den Schatten blickte, stand er da – dieselbe Tennisprofifigur, derselbe Gang, bei dem man sich fragt, wann er zu steppen anfängt, und dasselbe Gesicht.«
    »Aber ein Gesicht, das mindestens fünfundzwanzig Jahre jünger ist«, sagte Padillo.
    »Nicht, wenn du von der Sonne halb blind durch eine dreckige dunkle Brille in tiefen Schatten siehst. Was ich also gesehen habe, waren dieselben Bewegungen, dieselbe Körpergröße, die Figur – plus ein Gesicht, dem Schatten, Sonnenbrille und die Erinnerung fünfundzwanzig Jahre hinzufügten.«
    »Das ehrlichste Gesicht der Welt«, sagte Padillo.
    »Ich hatte immer das Gefühl, es waren die irisblauen Augen.«
    »Plus das energische Kinn und die klare Stirn.«
    »Aber irgendwie wußte man, daß niemand so ehrlich sein konnte, wie Steady aussah«, sagte McCorkle. »Und bevor man von ihm abrücken konnte, grinste er mit diesem gottverdammten Kindergrinsen, das Steine zum Schmelzen bringen konnte.«
    »Und einen außerdem dazu brachte, alles glauben zu wollen, was er sagte.«
    »Der nächste Fehler«, sagte McCorkle. »Mit wieviel ist er in der Kreide geblieben?«
    Padillo zuckte mit den Achseln. »Ein paar hundert Dollar, aber die können wir ruhig abschreiben.« Offensichtlich neugierig, machte er eine Pause. »Und was hast du zu ihm gesagt?«
    »Na ja, weil ich nicht wußte, daß er tot ist, hab ich gesagt: ›Wie zum Teufel geht’s denn so, Steady?‹«
    Granville Haynes sagte: »Ich fürchte, er ist tot, Mr. McCorkle.«
    McCorkle setzte den alten Koffer ab, nahm die schmutzige Sonnenbrille ab, starrte Haynes an und sagte:
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