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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Autoren: Ross Thomas
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sich mit den grundsätzlichen wirtschaftlichen Vorzügen der Inflation befaßt.
    »Inflation«, hatte der ältere Haynes gesagt, »bedeutet, wenn du dir heute zehn Dollar borgst, brauchst du nächstes Jahr oder das Jahr darauf vielleicht nur noch zehn Quarter, zehn Dime oder sogar bloß zehn Nickel zurückzuzahlen.«
    Der Detective beim Morddezernat und drei weitere Kalifornier (ein reisender Swimmingpool-Reiniger aus Santa Barbara, ein Zahnarzt aus Modesto und eine Kellnerin aus Eureka) hatten die staatliche Lotterie mit sechs Zahlen – 3, 11, 13, 19, 32, 45 –, die ein Computer für Haynes ausgesucht hatte, um etwas mehr als eine Million Dollar für jeden erleichtert. Der Bruttobetrag eines jeden Schecks, den er und die drei weiteren Gewinner während der nächsten zwanzig Jahre erhalten würden, lag bei annähernd 58 000 Dollar.
    Doch waren erst einmal alle Steuern abgezogen, belief sich der Nettobetrag auf 39 979 Dollar jährlich, eine Summe, die, wie Haynes rasch entschied, ausreichte, um eine seiner beiden Karrieren aufgeben zu können. Also hatte er nach fast zehn Dienstjahren, sieben davon beim Morddezernat, die Polizeiarbeit aufgegeben und sich hauptberuflich der Schauspielerei zugewandt.
    Es war beinahe vier Uhr morgens in Washington und ein Uhr nachts in Los Angeles, als die frühere Korrespondentin der Agence France-Presse einer widerwilligen Dame bei der Auskunft Haynes’ neue und geheime Telefonnummer mit Lügen, Tränen und zu guter Letzt mit Hilfe des französischen Konsulats entlockt hatte. Nachdem sich Haynes mit einem schläfrigen, doch höflichen »Hallo« gemeldet hatte, benutzte die frühere Korrespondentin eine sorgfältig erdachte Abfolge von dreiundzwanzig Wörtern, um sich zu erkennen zu geben und ihm mitzuteilen, daß sein Vater tot war.
    Das darauffolgende kurze Schweigen beendete Haynes mit einer Reihe von Fragen aus nicht mehr als fünf oder sechs Wörtern nach Ursache, Zeitpunkt und Ort des Todes. Als er überzeugt war, daß er die meisten sachdienlichen Informationen erhalten hatte, stellte sich erneut Schweigen ein. Haynes beendete auch dieses, als er fragte, ob sein Vater ihr gegenüber jemals irgend etwas über eine besondere Art von Begräbnis erwähnt hatte.
    Sie antwortete, obwohl Steadfast Haynes mit ihr nicht ein einziges Mal übers Sterben gesprochen habe, halte sie es für möglich, ihn mit einer Art militärischem Zeremoniell auf dem Nationalfriedhof von Arlington bestatten zu lassen. Haynes sagte, er glaube, daß sein Vater die Ironie dabei zu schätzen gewußt hätte, wenn auch nicht den Anlaß. Noch einmal entstand ein Schweigen, länger diesmal, und währenddessen glaubte Haynes, über die Telefonleitung das Lächeln der Frau spüren zu können, kurz bevor sie anbot, sein Einverständnis vorausgesetzt, die Bestattung in Arlington in die Wege zu leiten.
    Nachdem er sein Einverständnis gegeben hatte, beendeten sie das Gespräch, und Haynes ging zu dem rissigen Ledersessel am Fenster seines Wohnzimmers in seinem Zweizimmerapartment in Ocean Park. Er saß in dem Sessel und starrte hinaus in Richtung des Pazifischen Ozeans, den zu sehen ihm verwehrt wurde von dem hellgelben Monsterhaus auf der anderen Straßenseite, das vor sechs Monaten auf Spekulation erbaut, wegen des exorbitanten Preises aber noch nicht verkauft worden war.
    Während er dasaß und die Bilder des fast Fremden, der sein Vater gewesen war, heraufzubeschwören versuchte, ertappte sich Haynes dabei, wie er die Zeilen murmelte, die er später am Tag während der Fernsehaufnahmen für eine einstündige Polizeishow in Burbank von sich geben sollte. Er sollte Cal spielen, einen äußerst unbedeutenden Gangster, der gleich am Anfang starb und dessen einziger Text »Vergiß es!« und »Ich bin weg!« lautete.
    Der Sohn von Steadfast Haynes saß weiter in dem rissigen Ledersessel, starrte hinaus auf das mondbeschienene gelbe Haus, ließ die verschwommenen Bilder seines Vaters vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen und sprach die beiden Textzeilen laut vor sich hin. Sie waren, so entdeckte er, fast so gut wie ein Mantra und weitaus tröstlicher als ein Gebet.
    Eine Autopsie ergab, daß eine massive Hirnblutung die Ursache für Steadfast Haynes’ Tod gewesen war. Sie ergab ferner eine leichte Fettleber und ein gemäßigtes Lungenemphysem, und keins von beidem überraschte den Sohn, der wußte, daß sein Vater von seinem fünfzehnten Lebensjahr an mindestens eine Schachtel Zigaretten täglich geraucht und beinahe
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