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Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Dämmerung in Mac's Place (German Edition)

Titel: Dämmerung in Mac's Place (German Edition)
Autoren: Ross Thomas
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ebenso lange so viel Alkohol getrunken hatte, wie er wollte.
    Nach seiner Ankunft in Washington erfuhr Haynes, wieder ohne überrascht zu sein, daß es in der Hauptstadt und ihren metastasierenden Vororten gerade mal ein Dutzend Personen gab, die außer unter Druck einräumen würden, daß sie den verstorbenen Steadfast Haynes gekannt hatten. Und die meisten von ihnen scherten sich kaum darum, daß er tot war – obwohl es zwei frühere leitende Regierungsangestellte gab, die ihm vielleicht die letzte Ehre erwiesen hätten, wenn sie nicht unter Bundesanklage gestanden und sich viel zu viel Sorgen um ihr eigenes Schicksal gemacht hätten, um jemand anderen zu betrauern.
    Dennoch gab es bei der Central Intelligence Agency einen Mann, der sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Laos mit einer gewissen Bewunderung, wenn nicht Zuneigung an Steadfast Haynes erinnerte. Der inzwischen siebenundsechzig Jahre alte Mann war zwei Jahre zuvor als leitender Burma-Analytiker der Agency pensioniert worden. Notgedrungen war er nach den jüngsten politischen Unruhen in Burma – das bald in Myanmar umbenannt werden sollte – aus dem Ruhestand zurückberufen worden, als, wie er es ausdrückte, »sie feststellten, daß sie niemand hatten, der auch nur ein klitzekleinesbißchen über das Land wußte«.
    Der alternde Analytiker, der zu Recht vermutete, er werde entweder gebeten oder hinbeordert, hatte sich freiwillig erboten, eine Stunde Mittagspause zu opfern und der Zeremonie in Arlington als inoffizieller Beobachter der Agency beizuwohnen, wenn nicht als Trauergast.
    Die einzigen wirklichen Trauergäste am Grab von Steadfast Haynes waren sein Sohn, die Frau, die einst eine Korrespondentin der Agence France-Presse gewesen war, und Tinker Burns, der sechsundsechzig Jahre alte Ex-Söldner der französischen Fremdenlegion, der mit der Concorde aus Paris eingeflogen war.

2
    Einen taubengrauen Borsalino-Homburg in der linken Hand, entstieg Tinker Burns dem Fond der samt Chauffeur gemieteten Lincoln-Limousine, als der Hornist der Army gerade zum Zapfenstreich ansetzte.
    Burns nahm abrupt Haltung an und wechselte den Hut schnell in die rechte Hand, damit er ihn über dem Herz halten konnte. Der Homburg machte sich gut zu dem dunkelgrauen Zweireiher, der feine Nadelstreifen hatte und mindestens neuntausend französische Francs gekostet haben mußte. Burns trug außerdem ein weißes Hemd, das so sorgsam gebügelt und gestärkt war, daß es glänzte, sowie eine unifarbene Krawatte, die entweder schwarz oder vom tiefsten Marineblau hätte sein können. Knapp oberhalb des Ellbogens befand sich am rechten Ärmel des Anzugs ein schwarzes Band, das, wie Granville Haynes irgendwie wußte, aus Seide war und Burns’ Status als offizieller Trauergast bezeugte.
    Der große graue Lincoln mit einer an die Windschutzscheibe gehefteten Sondergenehmigung war knirschend auf dem Schotter der asphaltierten Zufahrt zum Stehen gekommen. Das Knirschen des Schotters hatte Granville Haynes veranlaßt, sich von dem flaggenbedeckten Sarg abzuwenden. Mit ihm wandten sich Isabelle Gelinet, die frühere Korrespondentin der Agence France-Presse, und Gilbert Undean, der reaktivierte Burma-Analytiker, ab.
    Sobald der Zapfenstreich vorüber war, trugen Tinker Burns’ enorme Füße, die in glänzend schwarzen Kappenschuhen steckten, ihren Besitzer im offiziellen langsamen Marschtritt der Legion zu achtundachtzig Schritten pro Minute von der Limousine zum Grab. Burns marschierte in strammer Haltung, wie er, so glaubte Granville Haynes sich zu erinnern, beinahe alles machte: Kopf hoch, Kinn vorgestreckt, Schultern zurück und die Arme genau so schwingend, wie die Legion vor langer Zeit beschlossen hatte, daß sie schwingen sollten.
    Burns trug seine Haare jetzt länger, bemerkte Haynes. Haare, die einst eine maximale Länge von anderthalb Zentimetern haben durften, waren jetzt oben gute drei Zentimeter lang, aber immer noch weit kürzer als hinten und an der Seite. Auch die Farbe war anders. Statt glänzend pechschwarz zu sein, waren sie nun glänzend schmalzweiß.
    Auch ein paar neue Falten waren da, wie Haynes sah. Richtige Furchen. Doch die heiteren grünen Augen funkelten noch immer, glitzerten vielleicht sogar, wenn auch nicht genug, um die feierliche Miene zu konterkarieren, die, wie Haynes wußte, Kummer, möglicherweise sogar Trauer vermitteln sollte und sorgsam auf das lange braune Gesicht zugeschnitten war, das zuviel Zeit unter zuviel tropischer Sonne zugebracht
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