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Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch

Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch

Titel: Da legte sich Balduin Pfiff auf den Bauch
Autoren: Wolfgang Ecke
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ruckartig. Und wenn er von einer Ecke des Salons in die andere marschierte, dann klirrte das Porzellan.
    „Ich bin General a. D. Philipp Deisterberg!” bellte er mir seine Vorstellung ins Gesicht.
    Heiliges Kanonenröhrchen, um ein Haar hätte ich die Hacken zusammengeknallt und „Jawoll, Herr General!” gerufen. Doch dann nickte ich ihm freundlich zu und sagte: „Wollte schon immer mal einen General a. D. kennenlernen, Herr General.”
    „Da stehe ich, nun fragen Sie mich. Was möchten Sie gern wissen?” Dazu grinste er wirklich lustig, und ich fand ihn ausgesprochen sympathisch.
    Nur — was machte ein General mitten unter so überzeugten Tierhaltern? fragte der Detektiv in mir. Und da ich neugierig war, gab ich die Frage gleich weiter an meinen Gesprächspartner: „Zwei Fragen, Herr General: Was tut ein General unter Leuten, die sich über Hundefutter und Wellensittiche unterhalten? Frage zwei: Wie kommt sich ein General a. D. vor, wenn er niemanden mehr kommandieren kann?”
    Der Herr Deisterberg lachte. „Frage zwei beantwortet auch gleich Frage eins, denn ich bin ein Tierfreund. Und außerdem kommandiere ich noch immer. Zur Zeit sind es hundertzwölf weiße Mäuse, die auf mein Kommando hören. Und es werden jeden Tag mehr.”
    „Oooooo”, sagte ich. Mehr fiel mir für den Augenblick nicht ein. Meinte er es nun ernst, oder wollte er mir einen Bären aufbinden?
    Aber nein, es war ihm durchaus ernst. „Sie glauben gar nicht, Herr Pfiff, wie interessant solche Verhaltensforschung ist...”
    Beim fröhlichen Hieronymus, ich hätte nie geglaubt, daß ein General soviel über weiße Mäuse wissen konnte...
    Nach 21 Uhr begann sich die Gesellschaft zu verkleinern. Um 21 Uhr 15 verabschiedeten sich Herr und Frau Hofmann, ohne zu merken — es hatte aufgehört zu regnen — , daß sie ihre Schirme vergaßen. Herr Mondius, ein fröhlicher Mittvierziger, der in ihrer Nachbarschaft wohnte, versprach unserer Gastgeberin, sie später mitzunehmen. Er und das Ehepaar von Haudegen (welch ein Name, ei der Daus!) verließen das Fest fünfundvierzig Minuten nach den Hofmanns.

    Frau Schöngruber, eine Züchterin von Zwergpudeln, ging um 21 Uhr 30. Begleitet wurde sie von ihrer Tochter Michaela, die sich herausgeputzt hatte, als handele es sich nicht um eine Geburtstagsparty, sondern um den Wiener Opernball.
    Trotz der ständigen Unruhe des Ankleidens, des Verabschiedens und des Gehens, bot Frau Leinebrinck, die sozusagen das kalte Büfett übernommen hatte, Wein, Häppchen und Obst in allen Variationen an.
    Frau, Herr und Sohn Beiermeister brachen kurz nach 22 Uhr auf. Ihnen folgten Dr. Klages und Moritz Eisenstein, ein Student, der die Zitzewitz'sche Bulldogge des öfteren ausführte.
    Nun waren wir nur noch dreizehn.
    Eine Stunde später, ich vertilgte gerade das elfte Krebsschwänzchen, spürte ich die Hand der Baronin auf meinem Arm. Sie sah mich an, und in ihren Augen standen Gram, Entsetzen, Fassungslosigkeit, Zorn und Enttäuschung in einem. Ich fürchtete schon, sie könne die Krebsschwänze mitgezählt haben und wollte mich nun einen „alten Freßsack” schimpfen. Doch ihre Sorgen waren ganz anderer Art.
    „Wären Sie sehr böse, Herr Pfiff, wenn ich mich jetzt daran erinnerte, daß sie ein Detektiv sind?
    „Ein Meisterdetektiv!” versuchte ich zu scherzen.
    Doch sie blieb traurig-ernst. Ich kniff mir also ebenfalls ernste Falten ins Gesicht und sagte: „Verfügen Sie über den Detektiv, Baronin!”
    Sie tat es, indem sie mich zur Küche dirigierte, wo bereits die „Kaltmamsell” Frau Leinebrinck mit dem gleichen Gesichtsausdruck auf uns wartete.
    Die Baronin zog die Küchentür hinter sich zu.
    Und jetzt erfuhr ich, was die beiden Damen so aufregte: „Stellen Sie sich vor”, begann Frau von Zitzewitz, „Frau Leinebrinck ist von einem unserer Freunde bestohlen worden.”
    Die „Kaltmamsell” nickte und schleuderte mir ihre linke, unberingte Hand entgegen, als sei ich der Übeltäter gewesen. „Er ist weg!” schluchzte sie. „Ein Hochzeitsgeschenk meines Mannes. Zweieinhalb Karat hatte der Stein. Er ist ein Vermögen wert.”

    Die Baronin deutete auf ein Regal mit Gewürzgläsern. „Dort hatte ihn Frau Leinebrinck hingelegt, während sie Obst schälte und die Sandwiches zubereitete.”
    Frau Leinebrinck stieß wieder einen herzerweichenden Schluchzer aus.
    Ich wollte ihr gerade Trost spenden und ein wenig Hoffnung wecken, als die Baronin die Bombe platzen ließ, na ja, sagen wir mal, das
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