Cut
Ach, und er lobte die Disziplin und die Moral unserer Truppe. Eine große Sache für einen blutjungen Offizier wie mich, Sie verstehen.« Noch heute röteten sich seine Wangen bei der Erinnerung an die Begegnung und er sah gleich gesünder aus.
Mehmet nutzte die gute Stimmung und setzte seinen Hebel an. »Und warum wurde dann schon 1944 der Rückzug nach Deutschland befohlen? Es gibt Quellen, die behaupten, Hitler hielt die Legion, ich zitiere, ›für einen Witz‹ und wollte die Waffen lieber für die SS haben?«
Doktor Weidenkamp sah ihn erstaunt an. Hauser schien ein wenig von seiner neu gewonnenen Spannkraft zu verlieren.
»Dieses Gerücht wurde nie bestätigt!«, entfuhr es ihm trotzig. Einen Moment später hatte er sich wieder im Griff. »Junger Freund, Sie dürfen nicht alles glauben, was irgendwer schreibt. Die Legion wurde in Deutschland gebraucht. Und unsere indischen Kameraden kämpften Seite an Seite mit uns bis zum Ende.«
Mehmet beugte sich vor. »Aber es ist wahr, dass dreißig Inder auf dem Rückzug in Frankreich zur Résistance überliefen?«
»Es gibt immer schwarze Schafe.« Hauser zuckte die Achseln.
Mehmet zog einen Packen Fotokopien aus seiner Ledertasche. »Und alle dreißig Inder wurden auf dem Marktplatz von Poitiers öffentlich erschossen. Sie waren zum Feind desertiert und wurden von diesem dafür umgebracht. Warum, Herr Hauser? Das Schicksal dieser Männer liegt der indischen Nation am Herzen, Sie verstehen?«
Hauser schien nicht zu verstehen.
»Wir Inder lieben Verschwörungstheorien«, sagte Mehmet, »und ich bin in den Memoiren eines alten Résistance-Kämpfers auf etwas gestoßen. Am Vorabend der Erschießung traf im Hauptquartier ein Brief ein, der für große Aufregung sorgte.« Er blätterte in seinen Kopien und merkte kaum, dass ihn jemand am Arm berührte. »Halten Sie es für möglich, dass der britische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte?«
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Doktor Weidenkamp und deutete auf Hauser, dessen Kopf auf die Brust gesunken war. »Er kann manchmal nachts nicht schlafen. Und dann – ich glaube, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen.«
Mehmet sah erstaunt, dass Hauser tatsächlich die Augen geschlossen hatte. Er atmete ruhig. Am liebsten hätte er den alten Mann wieder wachgerüttelt, aber ein Blick auf dessen besorgte Lebensgefährtin sagte ihm, dass das keine gute Idee war. Leise stand er auf, packte seine Tasche und verließ auf Zehenspitzen das Haus.
11 Fischbrötchen
»Ich hab ein bisschen im Internet recherchiert und da steht, dass es noch ziemlich lange dauern kann, wenn die Fruchtblase geplatzt ist. Aber es steht nicht da, wie lange!«
Nick verschluckte sich fast an seinem Fischbrötchen. Er hatte Markus im Plattenladen aufgegabelt, wo er hypernervös durch die Plastikhüllen switchte. Jetzt standen sie an den Landungsbrücken und redeten über ihre Post-Kino-Leben, »Es ist doch noch mindestens acht Wochen hin, bis ihr so weit seid«, brachte er mühsam hervor, »nun mach dir mal nicht ins Hemd, Alter!« Markus sah wirklich besorgt aus. Nick wollte seine Tour durch die Fettnäpfchen seiner Freunde nicht noch weiter fortsetzen und wechselte schnell das Thema. »Madita und ich bearbeiten gerade unseren ersten Fall.«
»Was? Was für einen Fall?« Markus konnte seine Gedanken offenbar nur schwer von der problematischen Fruchtblase lösen.
Nick machte auf geheimnisvoll. »Kann ich doch nicht drüber reden. Berufsethos. Musst du verstehen.«
Jetzt hatte Markus Probleme mit seinem Heringsbrötchen. »Dass Madita irgendwie –«, er suchte nach dem richtigen Wort, »unrealistisch veranlagt ist, weiß ich ja. Aber du? Ich dachte, du willst dich endlich um den Plattenvertrag kümmern?«
»Als ob das realistisch wäre«, seufzte Nick. »Nein, ehrlich, das mit der Detektiv-Nummer ist ernst. Ich hab mir schon überlegt, ich könnte mit Jura weitermachen, so auf Schwerpunkt Kriminalistik.«
Markus schien keine Angst vor Fettnäpfchen zu haben. Er brüllte vor Lachen. »Komm, Nikolaus!«, stöhnte er. »Erzähl mir jetzt nicht, du willst Bulle werden!«
12 Zeitschleifen
Dein Zeigefinger schwebt über dem messingfarbenen Klingel knopf, als sich die Tür von innen öffnet und ein dunkelhäutiger Mann vor dir steht. Irritiert trittst du zurück, um das Namensschild unter der Klingel zu lesen. Im nächsten Augenblick kommt hinter dem Mann, ihn sanft schiebend, Charlotte ins Bild, etwas älter, aber unverkennbar Charlotte. Der Mann
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