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Cryptonomicon

Cryptonomicon

Titel: Cryptonomicon
Autoren: Neal Stephenson
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Ergebnisse präsentierte Lawrence stolz seinem Maschinenbauprofessor, der sie aus praktischen Gründen mit abfälligen Bemerkungen verwarf und ihm für seine Mühe eine schlechte Note gab.
    Nach mehreren Begegnungen fiel Lawrence schließlich wieder ein, dass der freundliche Brite Al Sowieso hieß. Weil Al ein leidenschaftlicher Radfahrer war, unternahmen die beiden ziemlich viele Radtouren durch die Landschaft des Garden State.Während sie in New Jersey herumfuhren, unterhielten sie sich über Mathematik und besonders über Maschinen, die ihnen das, was an der Mathematik langweilig war, vom Hals schaffen würden.
    Aber Al dachte schon länger über dieses Thema nach als Lawrence und war darauf gekommen, dass Rechenmaschinen viel mehr als bloß Arbeit sparende Geräte waren. Er arbeitete an einer radikal anderen Art von Rechenmechanismus, mit dem sich absolut jedes arithmetische Problem würde lösen lassen, vorausgesetzt, man wusste, wie das Problem zu formulieren war. Von einem rein logischen Standpunkt aus hatte er bereits alles auseinander klamüsert, was es über diese (bislang noch hypothetische) Maschine zu wissen gab, musste allerdings erst noch eine bauen. Lawrence entnahm seinen Worten, dass konkretes Maschinenbauen in Cambridge (und zwar Cambridge, England, wo dieser Al herkam) und eigentlich auch in der Fine Hall als würdelos galt. Al freute sich riesig, dass er in Lawrence jemanden gefunden hatte, der diese Ansicht nicht teilte.
    Eines Tages fragte Al ihn taktvoll, ob es ihm furchtbar viel ausmachen würde, ihn bei seinem richtigen, vollen Namen zu nennen, der Alan und nicht Al lautete. Lawrence entschuldigte sich und sagte, er werde sich bemühen, daran zu denken.
    Ein paar Wochen später, während die beiden gerade an einem rauschenden Bach in den Wäldern oberhalb der Delaware Water Gap saßen, machte Alan Lawrence einen absonderlichen Vorschlag, der mit Penissen zu tun hatte. Der Vorschlag erforderte eine ausführliche methodische Erklärung, die Al unter starkem Erröten und großem Gestotter gab. Er war dabei ungemein höflich und betonte mehrfach, ihm sei durchaus bewusst, dass nicht jeder auf der Welt an dergleichen interessiert sei.
    Lawrence kam zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich zu diesen Leuten gehörte.
    Alan war offenbar tief beeindruckt davon, dass Lawrence überhaupt darüber nachgedacht hatte, und entschuldigte sich dafür, ihm Ungelegenheiten gemacht zu haben. Sie kamen unmittelbar wieder auf ein Gespräch über Rechenmaschinen zurück und ihre Freundschaft blieb unbeeinträchtigt. Aber auf ihrer nächsten Fahrradtour – einem zweitägigen Camping-Ausflug in die Pine Barrens – schloss sich ihnen ein Neuer an, ein Deutscher namens Rudi von Soundso.
    Die Beziehung zwischen Alan und Rudi schien enger oder zumindest vielschichtiger zu sein als die zwischen Alan und Lawrence. Lawrence kam zu dem Schluss, dass Alan schließlich wohl doch einen Interessenten für seinen Penis-Plan gefunden hatte.
    Das gab Lawrence zu denken. Was hatte es vom evolutionären Standpunkt aus für einen Sinn, dass es Menschen gab, die nicht geneigt waren, Nachwuchs zu zeugen? Dafür musste es irgendeinen plausiblen und ziemlich subtilen Grund geben.
    Er konnte sich lediglich denken, dass es mittlerweile eher Menschengruppen – Gesellschaften – als Individuen waren, die sich gegenseitig in punkto Vermehrung zu übertreffen und/oder zu töten suchten, und dass es in einer Gesellschaft für jemanden, der keine Kinder hatte, viel Raum gab, sofern er sich nur irgendwie nützlich machte.
    Alan, Rudi und Lawrence jedenfalls radelten Richtung Süden und hielten nach den Pine Barrens Ausschau. Nach einer Weile wurden die Entfernungen zwischen den Ortschaften sehr groß und die Pferdefarmen machten einem niedrigen Gestoppel schwächlicher, dürrer Bäume Platz, das sich bis nach Florida zu erstrecken schien – und ihnen die Aussicht versperrte, nicht aber den Gegenwind abhielt. »Wo sind denn nun die Pine Barrens?«, fragte Lawrence ein paar Mal. Er hielt sogar an einer Tankstelle an, um jemandem diese Frage zu stellen. Seine Begleiter begannen sich über ihn lustig zu machen.
    »Wo sind die Pine Barrens?«, erkundigte sich Rudi und sah sich mit fragendem Gesicht um.
    »Ich würde nach etwas ziemlich karg Aussehendem mit vielen Kiefern Ausschau halten«, sinnierte Alan.
    Es herrschte kein Verkehr, deshalb hatten sie sich quer über die Straße verteilt und strampelten mit Alan in der Mitte zu dritt nebeneinander
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