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Cryer's Cross

Cryer's Cross

Titel: Cryer's Cross
Autoren: Baumhaus
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wieder nach hinten. Schnell schlüpft sie in ihren Morgenmantel und hört einen Augenblick später ein leises Klopfen.
    Sie holt tief Luft und öffnet die Tür.
    Er kommt herein.
    Einen Augenblick lang bleibt er zögernd stehen. Er trägt immer noch seinen Anzug von der Beerdigung, das Hemd herausgezogen und die schwarzen Haare vom Wind zerzaust. Er sieht sie von Kopf bis Fuß an und heftet seinen Blick schließlich auf ihre Augen. Dann sagt er sanft: »Du siehst gar nicht schrecklich aus.«
    Ihr Magen macht einen beängstigenden Salto.
    Er geht zu ihr, breitet die Arme aus, und sie schlingt ihre um seinen Hals und spürt die abendliche Kälte in seinem Jackett.
    Sie halten sich gegenseitig sanft fest. Die Gedanken überschlagen sich in ihren Köpfen, Erinnerungen daran, wie er sie gefunden hat. Sie vergräbt ihr Gesicht an seinem Hals.
    »Danke, dass du mir das Leben gerettet hast«, flüstert sie. »Das alles war wirklich schrecklich.«
    Sie kann die Schluchzer nicht mehr unterdrücken.
    Er streicht ihr übers Haar und schluckt schwer.
    »Das hast du selbst getan«, sagt er. »Ich weiß nicht, wie du es getan hast. Wie du das geschafft hast, was Tiffany und Nico nicht konnten. Aber du hast dich selbst gerettet«, murmelt er. »Du hast es geschafft, du ganz allein.«
    »Ohne dich wäre ich da draußen erfroren.«
    Er hält sie fester.
    »Es tut mir so leid«, flüstert er und presst die Lippen in ihr Haar.
    Alles in ihr beginnt zu schmelzen.
    Sie ist wie Schokoladeneis in seiner Hand.

Wir
    Wir schreien, aber das Geräusch verliert sich. Keiner hört mehr zu. Ein Teil von Uns ist fort, gefangen, schlafend im Leben. Alte Wärme streift den Rand Unserer Oberfläche, stößt uns herum, schubst uns fort, fort. Vielleicht finden Wir jetzt neue Wärme, neues Leben. Wir beruhigen Uns. Und wieder warten wir.

29
    Sie ist nervös, als sie das erste Mal wieder in die Schule geht. Sie wartet am kalten Fenster, das von ihrem Atem beschlägt, bis sie den Pick-up sieht. Dann küsst sie ihre Mutter und ihren Vater zum Abschied. Sie winken und widmen sich dann wieder ihrer Zeitung und dem Kaffee – eine kleine Belohnung, ein Luxus nach einer weiteren eingebrachten Ernte.
    Jacián stößt die Beifahrertür von innen auf, und sie steigt ein. Dann wendet er und fährt die Einfahrt entlang.
    »Wo ist Marlena?«
    »Sie ist in den letzten Tagen immer mit Eli gefahren. Nach der Gedenkfeier haben sie zusammengehockt. Ich glaube, da läuft was.« Er wirft ihr einen Seitenblick zu.
    Sie grinst. »Wie schön! Eli ist ein süßer Junge. Das ist perfekt.«
    Er zuckt die Achseln. »Ich weiß nicht recht. So kleine Sachen werden überbewertet, wenn du mich fragst.«
    »Ach ja?«
    »Klar. Für mich heißt es alles oder gar nichts. Jawohl.«
    Kendall kneift die Augen zusammen. »Ich hätte schon wieder Lust, dich zu schlagen.«
    »Oh!« Er fährt langsamer.
    »Nein! Wir müssen zur Schule! Dafür haben wir jetzt keine Zeit!«
    »Stimmt. Mein Fehler.«
    »Bitte sag mir, dass jemand die Tische gerade gerückt hat, während ich nicht da war.«
    »Sicher. Ich.«
    »Das hast du für mich getan?«
    Er sieht sie an, als sei sie verrückt. »Äh … nein. So nett bin ich nun auch wieder nicht.«
    »Oh. Haha.« Kendall atmet tief durch. »Mann, bin ich aufgeregt, dort hineinzugehen.«
    Jacián fährt auf den Parkplatz, nimmt ihre Hand, küsst sie und sieht sie unter seinen dichten schwarzen Wimpern hervor an.
    »Du schaffst das schon.«
    Es ist seltsam, wieder hier zu sein. Sie geht hinein und schaut sich um. Dreht den Papierkorb um, sortiert die Kreide, zieht die Vorhänge auf und prüft die Riegel.
    »Alles geprüft und in Ordnung«, flüstert sie.
    Dann sieht sie die Pulte an.
    Es sind alle da. Vierundzwanzig. Sie durchbricht ihr übliches Muster und geht zuerst in den Bereich der Zwölftklässler. An Nicos Platz bleibt sie stehen. Jacián beobachtet sie schweigend.
    »Das ist ein anderer Tisch«, sagt sie.
    »Ja.«
    »Den habe ich hier noch nie gesehen.« Sie fährt sorgfältig mit dem Finger über die Kritzeleien, bereit, sie beim leisesten Flüstern zurückzuziehen. Doch nichts geschieht. Es ist nur ein Tisch.
    »Ich bin froh, dass sie ihn ausgetauscht haben. Es würde falsch aussehen, wenn hier eine Lücke wäre.«
    »Das habe ich auch gesagt«, erklärt Jacián und geht zu ihr hinüber. »Er kommt aus dem Lager. Ich habe gesagt, es würde für die anderen Schüler nicht so verdächtig aussehen, wenn einfach ein anderes Pult hier stünde, und dass
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