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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt
Autoren: Nancy Kress
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räumte Jake bereitwillig ein.
    Nein, es war meine Schuld, weil ich Lucy ganz bewusst gemieden
habe. Ich finde sie so anziehend, so freundlich und gefühlvoll,
wie sie ist. Aber eine Beziehung zu einer solchen Frau bringt stets
mehr als nur körperliche Nähe mit sich. Solche Frauen
wollen dich kennen lernen, wollen wissen, wer du wirklich
bist. Und das kann ich nicht zulassen. Niemals. Also stieß ich
Lucy von mir fort, und sie hat es gespürt und sich immer
weiter in Einsamkeit und Isolation zurückgezogen.
    »Nun, das Problem ist erledigt«, sagte Gail.
    »Ja«, stimmte Jake zu. »Dr. Shipley, ich muss Ihnen
noch einmal danken. Zugegeben, ich war nicht sonderlich erfreut, dass
Sie während der Reise wach bleiben wollten. Aber wir haben alle
von Ihrer ganz besonderen Sichtweise profitiert.«
    Anwaltsgeschwätz, so nannte Gail dieses aalglatte
Gerede. Jake war gut darin. Nichts, worauf man stolz sein konnte.
    Gail stand auf und streckte sich ausgiebig. Freier Raum war rar
auf dem Schiff, und offenbar wollte sie die unverhoffte Gelegenheit
nutzen. An wen dachte Gail, wenn sie sich sexuellen Fantasien hingab?
Die Lustdämpfer halfen nur in begrenztem Umfang. Soweit Jake
wusste, waren alle übrigen wachen Angehörigen der
Mannschaft hetero. Andererseits - Gail war immer noch nicht wirklich
über Lahiris schrecklichen Tod hinweg. Vielleicht würde sie
das niemals. Genau wie Mrs Daltons Tod ihn für immer
verändert hatte.
    Shipley ging als Erster. Bevor irgendwer anderes hereinkam,
flüsterte Gail Jake zu: »Ich mag ihn immer noch
nicht.«
    »Warum nicht?« Zu seiner Schande freute sich Jake
über ihre Meinung.
    »Er ist manipulativ. Benutzt seine Religion, um die arme Lucy
unschädlich zu machen.«
    Jake rang kurz um eine Antwort. Die Ehrlichkeit siegte:
»Gail, ich glaube, es war keine Manipulation. Er glaubt das
alles wirklich.«
    »Nun, umso schlimmer«, stellte sie wenig folgerichtig
fest. »Das Letzte, was ich hier brauchen kann, ist irgendein
entrückter, frömmelnder Buddha, der uns alle nach unseren
Seelen und unseren Blutenzymen beurteilt.«
    Jake war der Ansicht, dass sie damit Shipley völlig falsch
einschätzte, aber er sagte nichts. Lucy litt nicht als Einzige
unter der langen Reise und der ununterbrochenen Nähe ihr
unsympathischer Personen: Gail war ebenso wenig immun gegen diese
Belastungen.
    Und er, so wusste Jake genau, auch nicht.
    Aber als Gail später an diesem Abend an die Tür seiner
Schlafnische klopfte, war der Grund dafür nicht ihre innere
Anspannung. »Komm rein!«, rief er überrascht.
    Die Schlafnischen, eine jede zwei Meter lang, anderthalb Meter
breit und knapp ebenso hoch, waren heilig. Niemals belästigte
man jemanden, der die Tür herabgezogen hatte und die einzige
wirkliche Privatsphäre genoss, die man an Bord hatte. Man
schaute sogar beiseite, wenn man an einer offenen Nische vorbeikam,
und solange man nicht eigens dazu ermuntert wurde, achtete man
sorgsam darauf, nicht zu bemerken, wie der Bewohner den Raum
ausgeschmückt hatte – für gewöhnlich mit privaten
Fotos und anderen Andenken.
    Gail setzte sich über all das hinweg. Sie drückte sich
in Jakes Nische, setzte sich auf die Kante der Matratze und zog die
Tür hinter sich hinab. Ihre Beine schob sie angewinkelt in den
schmalen Zwischenraum zwischen Bett und Tür.
    »Jake, ich habe gerade mit Hauptmann Scherer gesprochen. Erik
Halberg hat den Computerfehler gefunden.«
    Jake setzte sich auf, sorgsam darauf bedacht, mit dem Kopf nicht
an die Regale zu stoßen, die an der Trennwand angebracht waren.
»Und wo?«
    »In den astronomischen Daten. Das Programm zeigte ein sich
schnell bewegendes Objekt an, wo eigentlich nichts sein sollte. Erik
nahm zunächst an, dass es ein Fehler durch kosmische Strahlung
ist. Aber er hat alles nachgerechnet und überprüft und hat
auf jede nur denkbare Weise versucht, eine Fehlfunktion zu beheben.
Jetzt besteht er darauf, dass kein Fehler vorliegt.«
    »Ein nicht erfasster Komet«, mutmaßte Jake.
»Ein aus der Umlaufbahn gerissener Planetoid, ein Felsbrocken,
der beim Flug durch irgendein Schwerefeld beschleunigt wurde…
Meine Güte, Gail, es könnte alles sein.«
    »Erik sagt, er hat alles überprüft. Und das ist es
nicht.«
    Man kann niemals alles ausschließen, dachte Jake. Es ist unvernünftig, das anzunehmen. Er sprach diesen
Gedanken nicht laut aus. Gail verabscheute Anwaltsgeschwätz.
»Für was hält Erik es also?«
    »Er weiß es nicht. Aber er behauptet, es bewege sich
mit
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