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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin
Autoren: Der Uebergang
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States Army Medical Research
Institute (USAMRIID)
    Abt. Paläovirologie, Fort Detrick, MD
     
    Von: [email protected] Datum: Montag,
6. Februar, 13:18
    An: [email protected] Betreff: Satellitenverbindung
steht
     
    Paul,
     
    Grüße aus dem bolivianischen Dschungel vom
landumschlossenen Arsch der Anden. Da, wo du im kalten Cambridge sitzt und dem
Schnee zuschaust, klingt ein Monat in den Tropen bestimmt nicht wie ein
schlechtes Angebot. Aber glaub mir: Das hier ist nicht die Karibik. Gestern
habe ich eine Schlange gesehen, so groß wie ein U-Boot.
     
    Die Reise hierher war ereignislos - sechzehn
Stunden Flug nach La Paz, dann mit einer kleineren Regierungsmaschine nach
Concepción im östlichen Dschungelbecken des Landes. Von hier aus gibt es im
Grunde keine anständigen Straßen mehr; es ist der reine Busch, und uns wird
nichts anderes übrigbleiben, als zu Fuß weiterzugehen. Alle im Team sind
ziemlich aufgeregt, und die Teilnehmerliste wächst immer noch. Zusätzlich zu
der Gruppe von der UCLA ist Tim Fanning von der Columbia University in La Paz
zu uns gestoßen, und dann auch Claudia Swenson vom MIT. (Ich glaube, du hast
mir mal erzählt, du kanntest sie aus Yale.) Neben seiner eigenen, nicht
unbeträchtlichen Starpower hat Tim, wie du mit Freuden hören wirst, ein halbes
Dutzend Nachwuchskolleginnen mitgebracht, und so ist das Durchschnittsalter im
Team mit einem Schlag um ungefähr zehn Jahre gesunken, und das
Geschlechterverhältnis hat jetzt ein klares Übergewicht auf der weiblichen
Seite. »Erstklassige Wissenschaftlerinnen, jede einzelne«, behauptet Tim.
Dreimal geschieden, und jede Frau jünger als die vorige - der Kerl lernt's nie.
     
    Ich muss sagen, meinen (und natürlich auch
deinen und Rochelles) Bedenken zum Trotz hat die Einbeziehung des Militärs
doch alles gewaltig verändert. Letztlich hat nur USAMRIID genug Einfluss und
Geld, um ein solches Team zusammenzustellen, zumal innerhalb eines Monats.
Nachdem ich jahrelang versucht habe, die Leute zum Zuhören zu bringen, ist es,
als wäre plötzlich eine Tür aufgegangen, und wir brauchten nur noch
durchzumarschieren. Du kennst mich, ich bin Wissenschaftler durch und durch
und habe keinen Funken Aberglauben im Leib. Aber trotzdem kommt es mir so vor,
als sei es Schicksal. Nach Liz' Krankheit und ihrem langen Kampf ist es doch
eine ironische Fügung des Schicksals, dass ich endlich Gelegenheit bekomme,
das größte Geheimnis von allen zu lösen: das Geheimnis des Todes selbst. Ich
glaube übrigens, ihr hätte es hier gefallen. Ich sehe sie fast vor mir mit
ihrem großen Strohhut, wie sie auf einem Baumstamm am Fluss in der Sonne sitzt
und ihren geliebten Shakespeare liest.
     
    Übrigens: Glückwunsch zur Festanstellung. Kurz
vor meiner Abreise habe ich gehört, dass du im Fakultätsausschuss allgemeine
Zustimmung gefunden hast, was mich nach der internen Abstimmung nicht
überrascht hat - ich darf dir zwar nichts darüber erzählen, aber unter uns
gesagt:
    Das Ergebnis war einstimmig. Ich kann dir nicht
sagen, wie erleichtert ich bin. Mal ganz davon abgesehen, dass du der beste
Biochemiker bist, den wir haben, ein Mann, der imstande ist, ein
zykloskeletales Mikrotubuli-Protein aufstehen und den Halleluja-Chor singen zu
lassen - was hätte ich in meiner Mittagspause getan, wenn mein Squash-Partner
keine Dauerstelle bekommen hätte?
     
    Liebe Grüße an Rochelle, und sag Alex, sein
Onkel Jonas wird ihm aus Bolivien was ganz Besonderes mitbringen. Wir wär's mit
einem Anaconda-Baby? Wie ich höre, sind das gute Haustiere, solange man sie füttert.
Und unsere Verabredung für das Eröffnungsspiel der Red Sox steht hoffentlich
noch. Keine Ahnung, wie du an die Karten gekommen bist.
    Jonas
     
    Von: [email protected]
    Datum: Mittwoch,
8. Februar, 08:00
    An: [email protected]
    Betreff: Re:
Viel Glück bei den Frauen!
     
    Paul,
    danke für deine Mail und natürlich für deine
überaus weisen Ratschläge bzgl. des hübschen weiblichen Wissenschaftsnachwuches
mit Eliteuni-Schliff. Ich kann dir nicht widersprechen, und in mehr als einer
einsamen Nacht in meinem Zelt sind mir die gleichen Gedanken gekommen. Aber
keine Angst! Rochelle ist die einzige Frau für mich, das kannst du ihr ruhig
von mir ausrichten.
     
    Die Neuigkeiten von hier - und ich höre schon
ein lautes »Hab ich's nicht gleich gesagt?« von Rochelle: Wie es aussieht, sind
wir militarisiert worden. Vermutlich war das unausweichlich, zumindest nachdem
ich das Geld von USAMRIID
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