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CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)

CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich (German Edition)
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Furcht, plötzlich in die warmen, offenen Arme eines Menschen zu laufen, der im Dunkeln auf sie wartete, um sie in die Dorfgemeinschaft aufzunehmen ...
    Minuten vergingen und Franka hielt erschöpft inne. Sie hatte Durst. Schrecklichen, brennenden Durst. Sie schaute nach oben. Kein Baum stand nahe genug an der Mauer. So ging es einfach nicht. Aber die Zeit raste ihr davon, sie konnte nicht ewig so weiterschleichen. Und dann sah sie etwas, das ihr Herz schneller schlagen ließ. Einen recht dünnen Stamm, der sich etwas schräg zur Mauer hinneigte. Ein Unwetter hatte ihn halb entwurzelt, aber er war nicht umgefallen. Franka arbeitete sich vorwärts. Der Baum konnte zu klein sein, aber sie musste es versuchen. Sie erreichte den Stamm und suchte mit den Händen Halt an kleinen Ästen. Dann begann sie zu klettern. Sie erklomm den Baum in seiner Schräglage und das beschädigte Wurzelwerk ächzte ein wenig unter ihrem Gewicht. Franka kroch weiter und spürte, wie der Baum sich weiter der Mauer zuneigte. Je näher sie der Baumkrone kam, umso schwerer kam sie voran. Die vielen Äste behinderten sie und die Wurzeln gaben weiter nach. Der Baum sank der Mauer entgegen und Franka hoffte, dass es reichen würde. Etwas knackte und dann ging ein Ruck durch den Stamm als der junge Baum seinen restlichen Halt verlor und gegen die Mauer krachte. Franka wurde in die Äste gedrückt und etwas bohrte sich in ihren Bauch, dass sie leise aufschrie vor Schmerz. Sofort bereute sie es, denn wenn die Dörfler in der Nähe waren, hatten sie sie jetzt gehört. Sowohl den Lärm, den der umfallende Baum verursacht hatte, als auch sie selbst. Die Panik kam zurück. Ohne Rücksicht auf Geräusche und den pochenden Schmerz kämpfte sie sich vorwärts. Ganz hatte ihre Baumbrücke nicht gereicht, aber Franka sah den rettenden Mauersims vor sich. Sie konnte sich problemlos nach oben ziehen, wenn sie die Kante erreichte. Nur einen Meter, vielleicht zwei ... Franka sprang.
    Ihre Hände krallten sich in die Pflanzen, die an der Mauer wuchsen, in Steine, die ihr Körpergewicht hielten. Sie schwang ein Bein nach oben, hakte den Fuß ein und zog das andere Bein nach. Dann lag sie keuchend auf dem Stein, den fahlen Mond über sich und wartete, dass ihre Muskeln aufhörten zu zittern. Atemlos lauschte sie in den Wald hinein, der sie umgab. Nein, da war nichts. Keine Schritte, keine Stimmen, keine Lichter. Sie konnte es schaffen. Wenn sie jetzt weitermachte, konnte sie es wirklich schaffen. Franka kam kurz der Gedanke an Remo, dann verschwand er wieder. Erstaunlich, wie der menschliche Geist in der Lage war, sich abzuspalten, wenn es darauf ankam. Wenn es ums Überleben ging ...
    Sie rollte sich auf den Bauch und tastete an der Mauer entlang. Ja, auch hier gab es reichlich Gesträuch, teilweise feste, kleine Äste, die aus den Ritzen wuchsen. Runter kam man leichter als rauf. Franka beschloss, nicht zu viel nachzudenken, denn das kostete Zeit. Ihre Hände fanden Halt an Pflanzen und Ranken, die sie nur spürte, aber nicht sah. Langsam ließ sie sich herabgleiten, suchte Platz für ihre Schuhspitzen und drückte sie in das Geflecht. Dann ließ sie den Mauersims endgültig los und sofort gaben die Pflanzen unter ihr nach. Franka hörte das Reißen von Fasern und rutschte unkontrolliert einen Meter nach unten. Sie biss die Zähne zusammen, nahm Kratzer in Kauf, krallte sich weiter fest. Ihr Gewicht zog sie zum Boden und ihr blieb nichts, als den Totalabsturz zu verhindern. Kurze Zeit später landete sie unsanft auf spitzem Geäst. Kleine Blätter rieselten auf sie herab, dann war alles still. Franka brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass sie es geschafft hatte. Sie hatte die Mauer überwunden! Und das fast unverletzt. Jetzt konnte sie zur Straße laufen oder zum nächsten Ort und sich retten. Und die Polizei verständigen. Die würden das Nest ausheben und diesem Wahnsinn ein Ende bereiten.
    Franka kämpfte sich aus dem Berg von Unterholz heraus und lief los, immer im rechten Winkel zum Verlauf der Mauer. Sie musste sich von diesem Ort wegbewegen und das war die einzige Orientierung, die sie hatte.

»Bist du sicher, dass er tot ist?«, flüsterte Remo, nur, um etwas zu sagen. Er hörte ein Geräusch, das nach leisem Schluchzen klang oder wenigstens nach Atmen im Rhythmus des Weinens. Remo fragte kein zweites Mal. Sehr wahrscheinlich war Martin tot. Aber das konnte er nicht ohne Weiteres akzeptieren. Noch nie war jemand in seiner Gegenwart gestorben. Das
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