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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: Elizabeth Corley
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passten nicht dazu. Smith hatte dagegen schon begriffen. Es war ein Hubschrauber, und ein panischer Ausdruck glitt über sein Gesicht. Seine Augen huschten über den Hof und zum Wald hinüber, als habe er das Gefühl, in der Falle zu sitzen.
    Als sich gerade ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete, sprang er sie an. Die Wucht seines Sprungs und sein Gewicht reichten aus, um sie zu Boden zu reißen. Aber er griff sie nicht weiter an. Er war verschwunden, rannte auf die Bäume zu. Nightingale sah ihm erleichtert hinterher, doch die Erleichterung schlug sogleich in Angst um. Unter dem dichten Blätterdach des Waldes war er für den Hubschrauber unsichtbar, und er könnte meilenweit fliehen. Er würde entkommen, und sie würde in ständiger Angst leben, solange er auf freiem Fuß war. Sie weinte vor Zorn. Es war nicht fair.
    »Nein!«, schrie sie und spürte, wie die Last der Entscheidung sie niederdrückte. Sie hob das Messer auf, das ihr am nächsten lag. Die Augen auf die Stelle gerichtet, wo er in den Wald gelaufen war, rannte sie los. Ihre langen Beine verringerten rasch die Distanz zum Waldrand, ihre nackten Füße glucksten in den blutgetränkten Schuhen.
    Sobald sie zwischen den Bäumen war, blieb sie stehen und lauschte. Sie hörte ihn durchs Unterholz stürmen und folgte dem Geräusch. Farne und Dornengestrüpp griffen nach ihren Beinen, frisches Blut sickerte aus dem Schnitt in ihrer Seite, aber sie spürte keinen Schmerz. Sie hielt das Skalpell in der Hand umklammert wie einen Talisman. Immer wieder stoppte sie und lauschte. Der Abstand zu ihm verringerte sich, das konnte sie hören. Er rannte, versuchte nicht, sich zu verstecken, und sie war schneller als er.
    Sie fand die Schlinge auf dem Boden. Als sie sie aufhob, bemerkte sie, dass das Seil an der Stelle, wo er es in der Hand gehabt hatte, voller Blut war. Sie schlang es sich wie einen Patronengurt quer über die Brust und hetzte weiter.
    Er bahnte sich einen Weg durchs Unterholz, und die Geräusche klangen laut durch die Nacht. Dahinter hörte sie schwach das Rauschen des Meeres. Er arbeitete sich durch den dichtesten Teil des Waldes auf die Klippe zu. Sie musste einen Pfad finden, um sicherer und schneller vorwärts zu kommen und ihm den Weg abzuschneiden. Sie wurde langsamer und scherte aus. Nachdem sie ein paar Minuten im Zickzack gelaufen war, fand sie tatsächlich einen Wanderpfad und rannte so schnell sie konnte Richtung Klippe.
     
    »Nein! Wohin läuft sie da?«
    »In den Wald, Sir. Die holen wir niemals ein.«
    Fenwick war mit seinem kleinen Rettungstrupp gerade rechtzeitig eingetroffen, um noch eben eine Gestalt, die er für Nightingale hielt, unter den Bäumen verschwinden zu sehen.
    »Wir müssen ihnen nach. Ihr geht rechts und links von der Stelle rein, wo sie verschwunden ist. Haltet Funkkontakt.«
    Er blickte zu dem Hubschrauber hoch, der für die nächtliche Fahndung in einem Waldgebiet praktisch nutzlos war, und verfluchte MacIntyre dafür, dass er ihm so wenig Leute mitgegeben hatte. Er rief ihn über Funk und erfuhr, dass jetzt noch mehr Verstärkung von Clovelly aus zu ihm unterwegs war.
    Sie verteilten sich und marschierten los, jeder mit einer Taschenlampe. Alle paar Minuten befahl Fenwick über Funk, dass sie einen Moment mucksmäuschenstill sein sollten, damit sie sich nicht am Ende noch gegenseitig durch die Bäume verfolgten. In einiger Entfernung waren rechts von ihm Geräusche zu hören, aber sonst nichts. Er dirigierte die Polizisten im Laufschritt dorthin und wiederholte dann die Prozedur – stehen bleiben, lauschen, laufen – verzweifelt bemüht, Nightingale einzuholen.
    Kurz nachdem er zum sechsten Mal den Befehl zum Anhalten gegeben hatte, entdeckte er vor sich eine deutliche Schneise aus niedergetretenem Farn und Blutspuren in Hüfthöhe. Er rief die anderen näher zu sich und folgte der Spur jetzt schneller, während die Geräusche vor ihm erstarben.
     
    Das Knacken eines brechenden Astes klang durch die Nacht, und Nightingale erstarrte. Er war ganz nah. Sie duckte sich, versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen und durch das Rauschen in ihren Ohren hindurch zu lauschen. Nicht weit entfernt hörte sie die Wellen sechzig Meter tiefer gegen die Felsen tosen. Sie mussten in der Nähe der Landzunge sein, von der ein uralter Schmugglerpfad nach unten in eine Bucht führte, die durch die überhängende Klippe nicht zu sehen war. Ein anderer schwacher Laut ertönte, unmöglich zu sagen von wo, dann Stille.
    Sie
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