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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo
Autoren: Elizabeth Corley
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prüfend.
    Dann griff er unvermittelt wieder an. Sie sprang zur Seite, aber ihr Verstand arbeitete schneller als ihr verwundeter Körper, und sein Messer schnitt in das Fleisch unter ihrem Arm. Der Schmerz durchzuckte sie, war aber sofort wieder vergessen, weil sie erneut ausweichen musste, als er blitzschnell zum nächsten Angriff ansetzte. Er kam immer näher, siegessicher und im Umgang mit dem Messer geübt. Ihre Füße waren schwer, und sie zwang sich, durch den Nebel ihrer Blutlust hindurch zu denken. Siegesgewissheit war nicht gleich Sieg. Ihr Gegner war fitter, stärker und fast unverletzt. Falls sie nicht cleverer war als er, würde sie sterben.
    Als er wieder angriff, blieb sie ruhig stehen. Erst im letzten Moment trat sie mit voller Wucht gegen sein Knie und stieß das Taschenmesser im Bogen nach unten. Er stolperte, verfehlte sein Ziel und Blut erschien auf seinem Wangenknochen, wo ihr Messer eine alte Wunde geöffnet hatte. Zwei Zentimeter höher, und er wäre blind gewesen.
    Er schrie auf und drang auf sie ein. Sein Messer zischte durch die Luft, dicht an ihrem Hals vorbei, und ein paar schwarze Haarlocken fielen zu Boden. Sie versuchte, einen weiteren Tritt zu landen, diesmal in die Kniekehle, aber er reagierte schnell und sprang außer Reichweite ihrer langen Beine.
    Jetzt umkreisten sie sich geduckt, beide mit gefletschten Zähnen, ohne jedes Schmerzempfinden und mit dem gleich starken Bedürfnis, den Gegner zu vernichten und zu verstümmeln. Sie sah, dass er einen Angriff auf ihre rechte Seite antäuschte, aber seine Augen verrieten ihn, und sie wich nicht aus. Als er auf sie zustürmte, ließ sie sich im letzten Moment zu Boden fallen, rollte sich zusammen und brachte ihn zu Fall. Es war eine unorthodoxe Art der Verteidigung, aber sie war wirkungsvoll.
    Sie warf sich auf ihn, versuchte, ihn mit dem Messer am Hals zu erwischen, während sie seine rechte Hand mit ihrer linken abwehrte. Er war stärker, aber sie hatte ihn überrumpelt, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass sie zum Angriff übergehen würde. Es gelang ihr, seine Messerhand zu verletzen, eine tiefe Wunde, die vom Gelenk über den Handteller verlief. Als sie erneut zustoßen wollte, hielt er ihren Arm fest und rollte sie auf den Rücken, sodass sie aufeinander lagen, beide ein Messer in der rechten Hand. Seine Linke quetschte ihr Handgelenk, bis ihr Tränen in die Augen schossen. Ihre Linke tastete nach der Verletzung seiner Messerhand und riss an der klaffenden Haut, bis er vor Schmerz aufstöhnte, zurückwich und das Messer fallen ließ.
    Es klirrte auf die Steine. Bevor er es mit seiner unverletzten Hand aufheben konnte, war Nightingale schon wieder auf den Beinen und kickte es weg, in den Schatten des Hauses, wo es gegen einen Eimer schepperte. Er zog ein Skalpell aus dem Schuh und fluchte frustriert.
    Dann trat Stille sein. Er hielt den verletzten Arm quer vor die Brust und starrte sie an. Sie spürte keinerlei Schmerz. Blut hatte ihr T-Shirt getränkt und sickerte an ihren nackten Beinen hinab in die Joggingschuhe, aber das war unwichtig. Er sah besiegt aus, trotz des kleinen Messers in seiner Hand. Sie griff an.
    Plötzlich zog er mit der unverletzten Hand eine Schlinge aus der Tasche und richtete sich gerade auf. Seine Schwäche war nur vorgetäuscht gewesen. Er war noch immer stärker als sie. Sie sprang trotzdem vor, doch er bekam ihr Handgelenk zu fassen und verdrehte es so heftig, dass ihre Finger das Taschenmesser fallen ließen.
    »Nein«, kreischte sie und stieß mit dem Kopf nach ihm. »Lass mich los, du Dreckschwein.« Sie wollte ihm in den Magen treten, aber er hielt ihren Fuß fest und zog, sodass sie das Gleichgewicht verlor. Sie schlug schwer auf der Seite auf, aber der Schwung ihres Sturzes riss ihn mit. Jetzt war er nur noch darauf konzentriert, ihr die Schlinge über den Kopf zu streifen. Die Vorstellung, wie ein Schlachttier gefesselt zu werden, verlieh ihr noch mehr Kraft für ihren verzweifelten Kampf.
    »Oh nein, so nicht.«
    Mit einem Ruck ließ sie den Kopf zurückschnellen und traf genau seine Kinnspitze. Bei dem Geräusch, wie seine Zähne aufeinander schlugen, grinste sie wie eine Wilde. Sie sprang auf und trat mit voller Wucht auf seine verletzte Hand, die prompt das Skalpell fallen ließ. Mit einer reflexartigen Bewegung hob sie es auf.
    Er war auf allen vieren, noch ganz benommen von dem Schlag, schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen. Der Wunsch, ihn zu töten, war übermächtig: einen
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