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Creepers - Der Fluch der Hexe

Creepers - Der Fluch der Hexe

Titel: Creepers - Der Fluch der Hexe
Autoren: Joanne Dahme
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Friedhof oder vom Wald entfernten – also vom Efeu selbst. Der Efeu hatte ihnen und mir zu verstehen gegeben, dass die Spur zu Christian und Prudence kalt geworden war. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war ich das lebende Bindeglied, das sie alle sehen konnte.
    Ich betrachtete Christians Tagebuch. Meine Hand zitterte, als ich danach griff. Ich erwartete fast, dass es mir zwischen den Fingern zerfallen würde, als ich es umdrehte, um die letzte Seite aufzuschlagen. Ich wollte es vollständig lesen, aber im Moment suchte ich nach einer Antwort. Ich klappte denBuchdeckel auf, und mit einem Mal roch es nach staubiger Dachbodenluft. Meine Augen brannten, als ich den letzten Eintrag las.
    »Ich will nicht länger leben«, sagte ich zu ihr.
    Sie nickte und berührte meine Wange.
    Ihre Finger waren so kalt.
    »Wenn du bereit bist, werde ich diesen Ort niederbrennen«, sagte sie.
    Sie betrachtete den Efeu, den ich in die Wände, den Boden, die Möbel geritzt hatte.
    In meinem Wahn hatte ich sie beim Wort genommen.
    »Wir sollten keine Hinweise auf eure Seelen hinterlassen«, sagte sie, während sie meine Hand ergriff.
    »Doch als Erstes musst du Prudence in den Wald bringen.
    Ich muss euch beide Seite an Seite begraben.
    Ihr werdet für immer vereint sein.«
    Ich nickte.
    Ich hatte keine Kraft zum Sprechen.
    Ich sagte nicht, dass Prudence in Sicherheit war.
    Ich würde sie nicht im Wald vergraben wie ein wildes Tier.
    Ich würde diesen Ort selbst in Brand stecken.
    Ich würde mein endgültiges Schicksal nicht in die Hände einer Hexe legen.
    Ich würde sterben, wie meine Prudence.
    Mein Herz pochte. Die arme Hexe. Sie liebte Prudence und Christian wirklich und hatte all die Jahrhunderte versucht, sie zu vereinen. Irgendwie war es ihr gelungen, Christian nach dem Feuer zu beerdigen, wie Margaret es in ihrem Brief angedeutet hatte. Die Hexe war es gewesen, die mich zu Christians Grab führte. Ich dachte an die Bilder von brennenden Gebäuden, die ich in den Nachrichten gesehen hatte – wie sie völlig in sich zusammenstürzten und alles unter sich begruben, was sich in ihnen befand. Die Hexe konnte nicht zu Prudence vordringen, daher hatte sie all die Jahre versucht, die beiden auf andere Weise zusammenzuführen. Margaret hatte die ganze Zeit gewusst, tief in ihrem Herzen geahnt, dass die Hexe gut war. Ich fühlte mich geehrt, dass sie mir die Aufgabe anvertraut hatte, Christian und Prudence zu helfen. Aber womit hatte ich ihr Vertrauen verdient?
    Mir blieb fast das Herz stehen, als ich das Wiehern eines Pferdes hörte, das von dem Pfad herkam, der noch tiefer inden Wald hineinführte. Demselben Pfad, den die Hexe genommen hatte, als ich sie das letzte Mal beim Haus der Geyers erspähte.
    Wie erstarrt blieb ich auf der Türschwelle stehen, als ich sie plötzlich erblickte. Sie saß im Damensitz auf ihrem riesigen schwarzen Pferd, während ihr langer schwarzer Rock wie dessen Mantel aussah. Sie ritt das edle Tier langsam aufs Haus zu. Die Bäume umrahmten den Pfad von beiden Seiten, und ihre Zweige verwoben sich zu einem dichten Dach. Es sah so aus, als würde die Hexe durch ein Waldportal reiten.
    Dort, wo der Pfad auf die Lichtung traf, blieb sie stehen und ließ zu, dass ihr Pferd sich gierig über das Gras hermachte. Sie starrte mich an, während ich ihr Gesicht musterte. Ihre grünen Augen waren fest auf meine gerichtet. Ich flüsterte leise vor mich hin, als würde ich eine Liste durchgehen – Margarets schwarze Haare, ihre grünen Augen, ihre zierliche Nase, ihr eigensinniges Kinn.
    »Wo ist Margaret?«, flüsterte ich. Ich wollte, dass die Hexe sie mir zurückbrachte.
    Aber die Hexe schüttelte langsam den Kopf und legte ihre Hand aufs Herz.
    Sie nickte mir zu, bevor sie ihren Hengst wendete, um ihn in den Wald zurückzureiten. Sie beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin er den Pfad hinunterjagte, als hätte jemand einen Schuss abgegeben. Bald waren sie verschwunden,doch ich lauschte weiterhin seinem Hufschlag, bis auch dieser vom Wald verschluckt wurde.
    Warte , wollte ich schreien, doch es kam kein Laut heraus. »Bitte warte«, brachte ich schließlich zustande und spürte sogleich eine Brise, die mir wie die Hand meiner Mutter sanft über die Wange strich. Mein Herz klopfte wieder in diesem flachen rasanten Rhythmus, schnell und scharf, wie das Meißeln des Efeus. Die Hexe wollte, dass ich irgendetwas unternahm, aber ich war mir nicht sicher, was.
    Ich schloss die Haustür der Geyers und
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