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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster
Autoren: Mira Becker
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mehr zu belügen», erklärt er ernst. «Ich wollte dir schon an unserem ersten Abend im Restaurant gestehen, dass wir   … na ja, dass wir in derselben Branche tätig sind. Aber ich hatte Angst.»
    «Wovor?»
    «Dass du sauer wärst. Ich hatte Angst, du könntest glauben, ich hätte deine Mitglieder bewusst abgeworben. Das Gegenteil zu beweisen ist fast unmöglich. Und dann wäre unsere erste Verabredung gleichzeitig die letzte gewesen.»
    «Ja, wahrscheinlich wäre ich ausgerastet», stimme ich ihm zu und blicke nachdenklich zu Boden. «Erst hätte ich dir meinen Drink ins Gesicht geschüttet und dann mein Essen über deinen Schoß gekippt!»
    Schuldbewusst senkt Ben den Kopf. «So was Ähnliches hab ich mir schon gedacht. Bei deinem Temperament   …»
    «Ich bin nur froh, dass dir nichts Schlimmes zugestoßen ist», erkläre ich versöhnlich. «Ich hatte schon Sorge, du wärst verunglückt. Oder die durchgeknallte Vera Paulsen hätte dir aufgelauert und dich gekidnappt.»
    Ben zuckt zusammen. Ich kann sehen, wie sich die Narbe auf seiner Stirn dunkel färbt. «Wir wollen diese Wahnsinnige nie wieder erwähnen, ja?»
    «Einverstanden. Wir lassen sie den grausamen Tod des Vergessens sterben.»
    Doch kaum habe ich zugestimmt, bedaure ich, dass diese Eishexe dann ungestraft davonkommen würde. Herausfordernd blicke ich Ben an.
    «Eigentlich hätte sie für ihre Gemeinheiten ja eine Strafe verdient.»
    «Mir würden sicher ein paar schmerzhafte Schikanen einfallen», grummelt Ben mürrisch vor sich hin. «Aber lassen wir das, ich bin ja kein Krimineller.»
    «Man müsste ihre weiße Couch komplett mit Kaffee versauen», schlage ich vor, als eine schrille Stimme durchs Treppenhaus ertönt.
    «Antonella, alles in Ordnung?»
    Mama!
    Wir schrecken beide zusammen. Ben holt eilig die Blumen aus dem Lift, und ich streiche mein Kleid glatt. Wenigstens erfüllen wir heute beide Mamas strenge Kleiderordnung.
    «Tja, gehen wir den Blumenstrauß abliefern», schnaufe ich kampfbereit und ziehe Ben hinter mir her.
    Wird schon schiefgehen, rede ich mir ein, während wir die dreiundsechzig Stufen nach oben steigen.
    Mein Bauch ist allerdings anderer Meinung.

27
    «Herzlich willkommen!» Tapfer lächelnd übergebe ich Mama den Strauß.
    Mürrisch nimmt sie ihn entgegen und reicht ihn gleich an Phillip weiter, der zusammen mit Carina und Tessa ein Empfangskomitee im Flur bildet. Alle starren gebannt auf Ben und mich, als erwarteten sie eine Ansprache.
    Keine Ahnung, wie man sich in so einer seltsamen Situation benimmt. Plaudert man übers Wetter, über Politik oder über die Tücken der Technik?
    Nach einer gefühlten Ewigkeit durchbricht Phillip die angespannte Stille.
    «Also, ich finde, das schreit nach einem Gläschen Sekt», schlägt er vor und sieht freudestrahlend in die Runde. «Ist auch gut für den Kreislauf», fügt er noch schnell an, als Mama ihn entgeistert mustert.
    Dankbar greift Ben den Vorschlag auf. «Uns allen würde eine kleine Aufmunterung nach der ganzen Aufregung bestimmt guttun.»
    Auch Carinas Augen leuchten erfreut auf.
    Mama dagegen zieht die Brauen hoch und betätschelt wieder ihr Haar. «Feiern können wir später», erklärt sie streng. «Erst habe ich noch etwas mit Antonella zu klären.» Sie fixiert mich ungnädig. «Kommst du bitte einen Moment ins Sprechzimmer?»
    Vor meinen Augen tanzen plötzlich kleine, schwarzePunkte, und mir wird schwindelig. Am liebsten würde ich die Treppen wieder runterlaufen oder mich zumindest unter einem Tisch verkriechen und so lange dort bleiben, bis Mama vergessen hat, was sie
klären
will. Denn dass sie heute mal ausnahmsweise nicht über mein Yogastudio herziehen wird, ist so sicher wie die Tatsache, dass ich ihre Tochter bin.
    «Können wir diese   … ähm, diese Angelegenheit nicht später besprechen?», versuche ich stotternd meinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. «Wir haben doch Besuch.»
    Doch ohne meinen Einwand zu beachten, schreitet Mama voran. Ich sende Ben einen hilfesuchenden Blick zu. Ganz ruhig ergreift er meine Hand und nickt mir aufmunternd zu. Auch wenn er vermutlich keine Ahnung hat, was hier gerade los ist.
    Mama dreht sich noch einmal um, mustert Ben kurz und erklärt dann: «Ich würde es vorziehen, allein mit dir zu sprechen. Und zwar jetzt gleich.» Ihre schneidende Stimme duldet keinen Widerspruch.
    Als ich das Zimmer betrete, sitzt meine Mutter bereits hinter ihrem Schreibtisch und ist wieder ganz Frau Dr.   Nitsche. Zufrieden schiebt
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