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Cosmic Trigger (Band 3)

Cosmic Trigger (Band 3)

Titel: Cosmic Trigger (Band 3)
Autoren: Robert A. Wilson
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diesem Fall.
    Der
Ärger mit Reichenbach als Experten begann damit, dass er zugegeben hatte, einige von ‚Elmyrs’ gefälschten
Bildern
gekauft und verkauft zu haben. Ein anderes Problem war, dass er an
einem Film mitgearbeitet
hatte (mit keinem Geringeren als Orson Welles), der F FOR FAKE hieß und
der ‚Elmyr’ entweder total bloßstellte oder eine ganze Anzahl von neuen
Mythen
über ‚Elmyr’ erzeugte, je nachdem, welchem Experten man glauben möchte.
    (Welles
selbst hatte in der
BBC-Dokumentation „Orson Welles: A Life in Film“ gesagt: „Everything in
that
movie was a fake.“ Doch in der Postmoderne erzeugt jede Kunst solche
Fakes oder
Masken, im aristotelischen Sinne einer Imitation oder Fälschung von
etwas
anderem. Die neue, nicht-aristotelische Bedeutung werden wir erfahren,
je
weiter wir in diese trüben Wasser vordringen. Wir sollten ganz ruhig
darüber
nachdenken, bevor wir entscheiden, ob Welles es wörtlich oder
metaphorisch
meinte, als er F For Fake selbst als Fake
bezeichnete.)
    Wie
auch immer diese Tatsachen
beschaffen sind – sofern wir immer noch den Mut haben, in dieser Zeit
des
Situationismus und Dekonstruktivismus von ‚Tatsachen’ zu reden – so
werden wir
aus typografischer Zweckmäßigkeit den Gefangenen von Ibiza Elmyr
nennen, und
zwar ohne Anführungszeichen oder der Frage, was denn sein Nachname ist
– sofern
er einen Nachnamen wie gewöhnliche Menschen hat und nicht mit einem
Raumschiff
hier ankam … „Elmyr“ nannte er sich in den letzten Jahren, und Elmyr
werden wir
ihn nennen. Und für diejenigen, die es nicht mögen, wiederholt Wörter
zu sehen,
von denen sie sich nicht vorstellen können, wie sie klingen, sei
gesagt, dass
sich das Ungarische ‚Myr’ mit dem englischen ‚beer’ reimt und ‚Elmyr’
annähernd
den selben Beat hat wie ‚cold beer’ oder ‚my ear’. Sage einfach: „Cold
beer, my
ear, shake speare, Elmyr“, und du wirst keine weiteren Klangprobleme
haben,
wenn du weiter liest.
    Elmyr
saß nur zwei Monate im
Gefängnis, als die Spanier weiteren Unmut ob seiner gewählten
Profession
ausdrückten und ihn für ein Jahr ihres Landes verwiesen. Er war auch
bekannt
dafür, ein extravaganter Homosexueller – oder im Pop Jargon eine
alternde fairy
godmother – zu sein. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte er seine
Geschichte
schon einem jungen amerikanischem Schriftsteller erzählt, einem
gewissen Cliff,
der sein offizieller Biograf wurde. Folgt man Fake! ,
der absichtlich
haarsträubenden Biografie, die Cliff und Elmyr zusammen geschrieben
hatten, hat
der Mann mit den vielen Namen, der uneindeutigen
Geschlechterorientierung und
den vielen Stilen wohl weit mehr Meisterwerke erschaffen als nur
diejenigen,
für die er ins Gefängnis kam.
    Tatsächlich
besagt Fake! , dass
Elmyr weit über tausend Klassiker der Modernen
Kunst gemalt hat.
Jedesmal, wenn ihr also durch ein Museum geht und einen Picasso oder
einen
Matisse seht, der euch gefällt, solltet ihr euch fragen: „Also, hat
Picasso
oder Matisse das Bild hier gemalt, oder war es Elmyr?“
    Das
verändert eure ganze Ansicht über
das, was Kritiker den ‚Kanon’ nennen, nicht wahr?
    Der
Kanon – ein Begriff, der von den
Theologen entliehen wurde (was uns an sich schon hellhörig machen
sollte:
Können wir uns irgendetwas von Wert von einem Unternehmen wie diesem
ausleihen,
das nun seit knapp 200 Jahren für intellektuellen Bankrott steht?) –
bezeichnet
die Arbeiten aus Kunst und Literatur, die den Rang eines Meisterwerkes
innehaben. Doch wann erlangt ein Werk seine Kanonisierung? Wenn die Experten es sagen, natürlich! Doch der Fall Elmyr zeigt – und dies vielmehr als
die
dekonstruktivistische Philosophie – dass die Experten nicht immer
Scheiße von Schuhcreme unterscheiden können.
    Natürlich
glaubt nicht jeder daran,
dass Elmyr so viele Bilder erschaffen hat, wie er vergnügt in seiner
Biografie
berichtet. Viele Experten behaupten, dass Fake! (ein Titel, über
den man immer und immer wieder sinnieren sollte) aus schamlosen
Prahlereien und
Übertreibungen besteht, um Elmyr cleverer erscheinen zu lassen, als es
die
Fakten rechtfertigen.
    Unglücklicherweise
hatten viele dieser Experten einige dieser Fälschungen, die
unzweifelhaft Elmyr gemalt
hatte, für authentisch erklärt. Wie Elmyrs Co-Autor Cliff sagte,
wollten diese
Experten nicht ihren Ruf zerstören – sie wollen nicht, dass wir wissen,
wie
häufig und wie einfach sie von Elmyr und anderen geschickten
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