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Corum 04 - Das kalte Reich

Corum 04 - Das kalte Reich

Titel: Corum 04 - Das kalte Reich
Autoren: Michael Moorcock
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nichts sagen, Herr, außer daß er Euer Freund oder Euer Feind sei daß würdet Ihr am besten wissen.«
    »Freund oder Feind? Ein Rätselerzähler? Ein Gaukler? Er wird es hier schwer haben.«
    Doch Corum fühlte Neugier, ja beinahe Dankbarkeit für dieses Rätsel. Bevor er zu dem Musikzimmer ging, wusch er sich, zog frische Kleider an und trank etwas Wein, bis er sich gestärkt genug fühlte, dem Fremden gegenüberzutreten.
    Die Harfen, die Orgeln und die Kristalle des Musikzimmers hatten mit ihrer Symphonie begonnen. Er hörte das ferne Spiel einer vertrauten Melodie bis zu seinen Gemächern hinauf. Sofort überwältigte ihn die Erinnerung und die Trauer, und er entschloß sich, dem Fremden nicht die Ehre zu erweisen, ihn zu empfangen. Aber etwas in Corum wollte dieser Musik lauschen. Er hatte sie einst selbst komponiert, zu einem von Rhalinas Geburtstagen. Die Melodie drückte die Liebe aus, die er für sie empfunden hatte und noch immer empfand. Sie war damals sechzig Jahre alt gewesen, ihr Geist und ihr Körper so frisch wie sie immer gewesen waren. »Du hältst mich jung, Corum«, hatte sie gesagt.
    Tränen stiegen in Corums einzigem Auge auf. Er wischte sie ab und verfluchte den Gast, der es wagte, solche Erinnerungen in Corum wachzurufen. Der Mann war ein ausgemachter Flegel, uneingeladen auf Burg Erorn zu erscheinen und in ein sorgfältig verschlossenes Zimmer einzudringen. Wie konnte er dieses Verhalten jemals entschuldigen?
    Dann kam Corum der Gedanke, der Fremde könnte ein Nhadragh sein, denn von den Nhadragh hatte Corum gehört, daß sie ihn noch immer haßten. Die Angehörigen dieser Rasse, die König Lyr-a-Brodes Feldzug überlebt hatten, waren zu halbintelligenten Wesen degeneriert. Sollte sich einer von ihnen noch genug Erinnerung an den alten Haß bewahrt haben, daß er ausgezogen war, Corum zu erschlagen? Corum empfand fast Begeisterung bei diesem Gedanken. Er würde einen Kampf genießen.
    Und so legte er seine silberne Hand an und gürtete sich mit seinem schmalen Schwert, bevor er die Rampe zum Musikzimmer hinunterschritt.
    Als er sich dem Zimmer näherte, wurde die Musik lauter und lauter, die Melodie immer komplexer und faszinierender. Corum muß-te gegen sie ankämpfen wie gegen einen starken Wind.
    Er betrat den Raum. Seine Farben wirbelten und tanzten zu der Melodie. Es war so hell, daß Corum im ersten Augenblick geblendet wurde. Blinzelnd tastete er sich durch den weiten Raum und suchte seinen Gast.
    Schließlich entdeckte Corum den Mann. Er saß im Schatten und schien ganz in die Musik versunken zu sein. Corum trat zwischen die riesigen Harfen, die Orgeln und die Kristalle, berührte sie und brachte sie damit zum Verstummen. Schließlich herrschte völlige Stille. Der Mann erhob sich aus seiner Ecke und kam auf Corum zu. Er wirkte klein und in seinem Gang lag ein eigenartiges Tänzeln. Er trug einen breitkrempigen Hut auf dem Kopf und eine Deformation auf der rechten Schulter, vielleicht einen Buckel. Das Gesicht war im Schatten der Krempe verborgen, aber Corum ahnte, daß er den Mann kannte.
    Corum erkannte zuerst die Katze. Sie saß auf der Schulter des Mannes, und Corum hatte sie zunächst für den Buckel gehalten. Ihre runden Augen starrten ihm neugierig entgegen. Sie schnurrte. Der Mann hob seinen Kopf, und das lachende Gesicht von Jhary-a-Conel erschien.
    So überrascht war Corum, so an das Leben mit den Gespenstern der Erinnerung gewöhnt, daß er zuerst gar nichts antworten konnte.
    »Jhary?«
    »Seid gegrüßt, Prinz Corum. Ich hoffe, Ihr nehmt mir nicht übel, daß ich mir diese Musik angehört habe. Ich glaube, ich habe dieses Stück früher nie gehört.«
    »Nein. Ich schrieb es, lange nachdem Ihr uns verlassen habt!« Selbst in seinen Ohren klang Corums Stimme fern und fremd.
    »Ich habe Euch aufgebracht, indem ich dieses Stück gespielt habe.« Jhary war betroffen.
    »Ja. Aber es ist nicht Euere Schuld. Ich schrieb es für Rhalina und nun.«
    »Rhalina ist tot. Ich hörte, sie lebte ein gutes Leben, ein glückliches Leben.«
    »Aye. Und ein kurzes Leben.« Corums Worte hatten einen bitteren Unterton.
    »Es war länger als das der meisten Sterblichen, Corum.« Jhary wechselte das Thema. »Ihr seht nicht gut aus. Wart Ihr krank?«
    »Vielleicht bin ich krank im Kopf. Ich trauere noch immer um Rhalina, Jhary-a-Conel. Sie fehlt mir mehr denn je. Ich wünschte.« Corum lächelte Jhary unglücklich an. »Ich sollte mir keine Gedanken um das Unmögliche machen.«
    »Gibt es das
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