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Corum 04 - Das kalte Reich

Corum 04 - Das kalte Reich

Titel: Corum 04 - Das kalte Reich
Autoren: Michael Moorcock
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bewegen, um all denen als Führer, Kampfgefährte und Ratgeber zur Seite zu stehen, die nach Jharys Meinung die verschiedenen Inkarnationen von Corum waren. Jhary-a-Conel war es auch gewesen, der gesagt hatte, daß er und Corum vielleicht nur ›ein Aspekt eines größeren Helden‹ sein könnten, wie sie ja bereits im Turm von Voilodion Ghagnasdiak mit zwei anderen Aspekten dieses Helden, Erekose und Elric, zusammengetroffen waren. Jhary hatte behauptet, daß diese beiden Corum in anderen Inkarnationen waren und daß Erekoses persönlicher Fluch war, sich der meisten seiner verschiedenen Inkarnationen ständig bewußt zu sein. Auf intellektueller Ebene konnte Corum diese Vorstellung durchaus akzeptieren, aber emotional lehnte er sie ab. Er war Corum. Und das war sein Fluch.
    Corum besaß eine Sammlung von Jharys Bildern (die meisten waren Selbstporträts, aber einige zeigten Rhalina und Corum und die kleine schwarzweiße, geflügelte Katze, die so untrennbar zu Jhary gehörte wie sein Hut). In den Tagen seiner tiefsten Trauer betrachtete Corum diese Porträts und rief sich die alten Tage wieder vor Augen, aber mit der Zeit wurden selbst die Porträts zu Gesichtern von Fremden. Er machte Versuche, sich eine neue Zukunft vorzustellen, schmiedete Pläne für sein weiteres Schicksal, aber all das führte zu nichts. Kein Plan, wie wohlüberlegt und durchdacht er auch sein mochte, ließ sich länger als ein oder zwei Tage aufrecht erhalten. Burg Erorn erfüllten unbeendete Gedichte, unfertige Kompositionen, unvollendete Erzählungen und unfertige Gemälde. Die Welt hatte aus einem Mann des Friedens einen Krieger gemacht und ihm dann nichts mehr übriggelassen, gegen das er kämpfen konnte. Das war Corums Schicksal. Es gab auch keinen Anlaß, Beschäftigung bei der Bebauung des Landes zu suchen, denn alles, was die Vadhagh zum Leben brauchten, wurde innerhalb der Mauern von Burg Erorn erzeugt. Es gab nie Mangel an Brot oder Wein. Corum beschäftigte sich viele Jahre lang mit der Konstruktion seiner verschiedenen künstlichen Hände, wie er sie auf Lady Jane Pentallyons Welt im Haus des Arztes gesehen hatte. Als Ergebnis besaß er schließlich eine Sammlung von Händen, alle perfekte Prothesen, die ihm so gut wie jede Hand aus Fleisch und Blut dienten. Sein Lieblingsstück, das er die meiste Zeit trug, war ein Exemplar, das an einen feingearbeiteten silbernen Panzerhandschuh erinnerte, in der Form ein genaues Abbild der Hand, die Graf Glandyth-a-Krae ihm vor fast einem Jahrhundert abgeschlagen hatte. Diese silberne Hand war geeignet, Schwert und Speer zu führen, wenn es jemals einen Ruf geben würde, der ihn wieder zu den Waffen greifen ließ. Die Prothese reagierte auf winzige Muskelbewegungen am Stumpf von Corums Handgelenk. Sie besaß alle Eigenschaften einer gewöhnlichen Hand und vermochte sogar mehr, denn ihr Griff war wesentlich stärker. Durch seine künstlichen Hände wurde Corum ein beidhändiger Kämpfer, da er seine Linke mit der gleichen Geschicklichkeit führte, wie früher seine rechte Hand. Aber all seine Kunstfertigkeit reichte nicht aus, ihm ein neues Auge zu geben, so daß er sich mit einer einfachen Augenklappe begnügen mußte, aus scharlachrotem Samt von Rhalinas feiner Nadel gearbeitet. Es war jetzt zu Corums unbewußter Angewohnheit geworden, mit den Fingern seiner Linken über diese Handarbeit zu fahren, während er gedankenverloren in seinem Stuhl saß.
    Schließlich begann Corum langsam bewußt zu werden, daß sich seine Schweigsamkeit in Wahnsinn verwandelte. Nachts im Bett hörte er Stimmen. Entfernte Stimmen waren es, ein beschwörender Chor, der einen Namen rief, den Corum als den seinen zu erkennen glaubte, auch wenn der Name in einer Sprache gerufen wurde, die dem Vadhagh nur ähnlich war. So sehr er auch versuchte, die Stimmen zu verjagen, kamen sie doch beständig wieder, während es ihm andererseits auch nie gelang, mehr als ein paar Worte davon zu verstehen, was sie sagten. Nach mehreren Nächten mit diesen Stimmen schrie er ihnen zu, ihn in Ruhe zu lassen. Er stöhnte. Er wälzte sich auf seinem Lager und versuchte sich die Ohren zu verstopfen. Und tagsüber versuchte er sich selbst deswegen auszulachen, ging auf lange Ritte, bei denen er sich so zu ermüden hoffte, daß er anschließend in tiefen Schlaf versänke. Aber die Stimmen kamen immer wieder. Und später wurden sie auch von Träumen begleitet. Schattenhafte Gestalten standen in einer Lichtung in einem dichten Wald. Ihre Hände
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