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Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika

Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika

Titel: Cora - MyLady 334 - Clay, Merilyn - Miss Tessa aus Amerika
Autoren: Merilyn Clay
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uns zusammen reisen zu lassen. Sobald ich Margate erreiche, werde ich ihm schreiben, was für ein liebes Mädchen Sie sind!«
    Tessa blinzelte die Tränen fort, die ihr unwillkürlich in die Augen stiegen, und erwiderte die herzliche Umarmung. Es war schön gewesen, von Mrs. Benton-Caldwell umsorgt zu werden.
    »Bald sehen wir uns wieder!« erklärte die ältere Frau fest.
    Mit einem behandschuhten Finger tupfte sie sich eine Träne aus den Augen. »Mr. Benton-Caldwell will mich nicht länger als drei Monate hier lassen«, fügte sie lachend hinzu.
    Tessa lächelte tapfer, doch ihre Unterlippe zitterte.

    »Wirklich?« Sie wusste, dass sie ihre Freundin nicht wieder sehen würde. Trotz der strengen Ermahnungen ihres Stiefvaters hatte sie nicht die Absicht, je nach Amerika zurückzukehren.
    Nachdem ihr Koffer am Heck des schäbigen zweirädrigen Hansoms festgezurrt worden war, kletterte Tessa in das Gefährt und ließ sich in die abgewetzten Lederpolster sinken. Sie hörte zwar noch den ohrenbetäubenden Lärm von Hafen und Werft ringsum, doch das schwarze Verdeck des Wagens versperrte ihr jeglichen Blick auf den wimmelnden Kai und das Schiff dahinter.
    Als sich die Kutsche mit einem plötzlichen Rucken in Bewegung setzte, empfand sie neuerlich Furcht – und Aufregung. Nun begann ihr herrliches neues Leben!
    Von dieser Reise nach England hatte sie geträumt, seit sie zehn Jahre alt gewesen war – in ihren Träumen hatte ihre Mutter sie allerdings begleitet. Doch ihre Pläne waren zunichte gemacht worden, als ihre Mutter vor weniger als einem Jahr einer jähen Krankheit zum Opfer fiel. Tessa hatte so sehr um sie getrauert, dass sie vor Kummer beinahe selbst gestorben wäre, aber aus ihrem Schmerz war ein neuer Traum erstanden. Sie wollte die Reise allein machen.
    Ihre Mutter hätte sich darüber gefreut.
    Ihr Stiefvater freute sich jedoch weniger.
    »Wohin willst du denn in England? Du hast dort doch niemanden«, hatte er ihr herzlos in Erinnerung gerufen.
    »Obwohl du dich hartnäckig als Engländerin bezeichnest, junge Dame, bist du eine Amerikanerin. Du trägst meinen Namen. Du bist meine Tochter. Im übrigen heiratest du Senator Hancocks Sohn, und damit Schluss.«
    »Ich werde George Hancock nicht heiraten!« hatte Tessa mit zornig funkelnden Augen ausgerufen. »Ich sehe an ihm nichts Bewundernswertes. Seine politischen Ansichten sind ganz anders als meine, und außerdem… liebe ich ihn nicht!«

    Senator Darby schnaubte verächtlich. »Was weißt denn du von Politik? Oder von Liebe, wenn wir schon mal dabei sind. Du tust, was ich dir sage, Mädchen!«
    Nachdem ihr Stiefvater aus dem Raum gestürmt war, hatte ihr jüngerer Bruder ihr einen mitfühlenden Blick zugeworfen. So sehr Tessa David liebte – der sanfte junge Mann war seinem übermächtigen Vater einfach nicht gewachsen. Obwohl er erst siebzehn Jahre alt war, hatte John Darby für ihn schon eine viel versprechende Laufbahn als Staatsmann geplant. David hatte seinem Vater in seinem ganzen Leben noch kein einziges Mal getrotzt.
    Im Gegensatz zu Tessa.
    In ihrer Kindheit hatte sie hart um die Anerkennung ihres Stiefvaters gerungen. Zu dem Zeitpunkt, als sie erkannte, dass alle ihre Anstrengungen umsonst waren, hatte sie auch die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren. Ab sofort bockte sie bei allem, was er ihr auftrug – er war nicht ihr Vater, und außerdem wusste sie, dass er sie nicht liebte.
    Dieser Eigensinn blieb nicht ohne Strafe. Sobald Tessa sich ungezogen zeigte, verbannte der Senator sie auf ihr Zimmer, oft wochenlang. Man schleppte große Bücherstapel zu ihr hinauf mit der Anweisung, sie zu lesen und ellenlange Aufsätze darüber zu schreiben.
    »Ich werde dem Mädchen Respekt beibringen!« pflegte der Stiefvater zu drohen. »Ich werde ihr schon zeigen, wo ihr Platz ist, und wenn es das Letzte wäre, was ich tue!«
    Hartnäckig verweigerte Tessa dem Mann den Gehorsam, bis sie eines Tages entdeckte, dass sie gern las. Blitzartig erkannte sie, dass ein gebildeter Verstand das beste Werkzeug wäre, um dem verhassten Tyrannen zu entfliehen.
    Obwohl sie sich nicht als Amerikanerin sah, entdeckte sie in den gerechten Prinzipien, die die Kolonisten 1776 zur Unabhängigkeit geführt hatten, den Schlüssel zur eigenen Freiheit. Männer – und Frauen – hatten ein Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück. Es war falsch, einen anderen Menschen zu unterwerfen. Frauen waren ganz genauso intelligent wie Männer, und sie hatten das Recht,
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