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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11
Autoren: Guillou
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Kriegsgericht gestellt. Ein Jahr vor dem Beginn des nächsten Präsidentschaftswahlkampfs wäre das eine politische Katastrophe gewesen. Die amerikanischen Medien betrachteten Rumsfeld inzwischen als vollkommen geistesgestört. Nicht nur, weil er wider besseres Wissen den Verlust eines amerikanischen Flugzeugträgers riskiert und das Leben von sechstausend Amerikanern aufs Spiel gesetzt hatte.
    Als der UN-Sicherheitsrat über die Resolution abstimmte, die Gaza ein souveränes Territorium zu Land, zu Wasser und im Luftraum, die Sicherung desselben durch UNO-Schutztruppen aus neutralen Ländern sowie einen eigenen Freihafen und einen internationalen Flughafen garantieren sollte, gab es vierzehn Ja- und keine Nein-Stimme. Die USA hatten keinen Gebrauch von ihrem Vetorecht gemacht.
    George W. Bush erklärte geheimnisvoll, er danke Gott für diesen weisen Beschluss. Seine Popularität stieg daraufhin um einen Prozentpunkt. Trotzdem hatte außer Richard M. Nixon kein amerikanischer Präsident je so niedrige Zustimmungswerte vorzuweisen gehabt.
    Was mit der U-1 Jerusalem passierte, blieb unklar. Amerikanische Satelliten hatten sie angeblich nördlich von Murmansk am Kai von Seweromorsk anlegen sehen. Obwohl man behauptete, in dem ansonsten recht armseligen Gebiet sei zu diesem Anlass ein Konvoi schwarzer Luxuslimousinen erschienen, wurde von russischer Seite nie offiziell bestätigt, dass Präsident Wladimir Putin das U-Boot persönlich in Empfang genommen hatte.
    Zwei Monate nachdem sie gesunken war, wurde die USS Jimmy Carter vor der südafrikanischen Küste aus zweihundertsechzig Metern Tiefe geborgen. Der Atomreaktor hatte sich bei der Havarie automatisch abgeschaltet und wundersamerweise keine ernsthaften Schäden davongetragen. Vierzehn der verunglückten Seeleute wurden nie wieder gefunden, die anderen erhielten ein Ehrenbegräbnis auf dem Arlington-Friedhof in der Nähe des Pentagons.
    Die Suche nach dem israelischen U-Boot Leviathan blieb lange erfolglos. Schließlich fand man das Wrack im Golf von Akaba, nachdem der palästinensische Präsident Mahmud Abbas ohne weiteren Kommentar seine exakte Position angegeben hatte.
     
    Die »terroristische Weltumsegelung unter Wasser« hatte noch ein politisches Resultat, das besonders überraschte, obwohl es sich um eine Nebensächlichkeit handelte.
    Konteradmiral Mouna al-Husseini erhielt eine höchst formelle Einladung vom Kongress der Vereinigten Staaten. Sie sollte gemeinsam mit Kapitän zur See Martin L. Stevenson das Navy Cross erhalten, das sie nach Meinung der neuen Mehrheit im Kongress schon lange verdient gehabt hätte.
    Natürlich handelte es sich hierbei um innenpolitische Ränkespiele. Indem man Madame Terror eine solche Auszeichnung verlieh, wusch man sie von der Schuld am Tod von amerikanischen Seemännern rein. Folglich lastete die gesamte Bürde der Schuld nun auf den Schultern von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Und somit auf Präsident George W. Bush.
    Konteradmiral Mouna al-Husseini hielt eine sehr gemäßigte, strenge und lakonische Dankesrede vor dem Kongress. Zu Beginn lobte sie Kapitän zur See Martin L. Stevenson für seinen Heldenmut. Dass er den Befehl verweigert habe, um vielen Menschen das Leben zu retten, zeige, dass die Vernunft immer eine Chance habe. Er sei ein Vorbild für junge Leute auf der ganzen Welt, die davon träumten, sich bei den Streitkräften zu bewerben, um Freiheit und Demokratie zu schützen.
    Zum Abschluss sagte sie einige einfache Sätze, die fast zu Klassikern werden sollten: »Ich habe mich nie um Ihre Feindschaft bemüht, ich wurde Ihre Feindin. Aber Feinde begegnen und Feinde trennen sich. Und kommen vielleicht als Freunde wieder zusammen. Es ist nie zu spät. Die Hoffnung darf niemals sterben. Ich bin eine Palästinenserin. Und im Moment Ihre hoch geehrte Freundin. Ich hoffe, dass es so bleibt. Gott segne die Vereinigten Staaten von Amerika – und Palästina.«
    Der Kongress applaudierte anderthalb Minuten im Stehen. Anschließend besuchten sie und Kapitän zur See Stevenson den Arlington-Friedhof und legten Seite an Seite je einen Kranz vor das noch nicht ganz fertige Ehrenmal für die gefallenen Seeleute von der USS Jimmy Carter und einen Kranz auf das Grab des unbekannten Soldaten.
    Nach dieser Zeremonie zog sich Mouna al-Husseini aus allen Talkshows zurück und verschwand von der Bildfläche beziehungsweise »im Radarschatten«, wie sie ein Jahr später in einem Interview mit Robert Fisk, das im Independent
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