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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11
Autoren: Guillou
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schicken, und einige hinterließen Briefe, die nach sorgfältiger russischer Zensur teilweise veröffentlicht wurden. Doch die in der gesunkenen Kursk eingeschlossene Besatzung wartete vergeblich auf die Rettung, obwohl das U-Boot in nur hundert Meter Tiefe und auf flachem Sandboden leicht zugänglich war. Sie starben aus politischen Gründen.
    Einer der politischen Gründe für die USA, ihre Verärgerung über die russische Übung in der Barentssee deutlich zu zeigen, war der Verkauf der neuen russischen Torpedowaffe an China. Daher waren an Bord des russischen Stabs- und Flaggschiffes, dem Atomkreuzer Peter der Große, auch einige chinesische Admiräle als Beobachter anwesend.
    China drohte immer mal wieder damit, sich Taiwan zurückzuholen, das deshalb permanent von einem amerikanischen Flug­zeugträgergeschwader geschützt wurde. Dieser Umstand galt lange Zeit als sichere Garantie dafür, dass China niemals einen Angriff wagen würde, wie sehr es seine Flotte auch modernisierte und verstärkte. Doch der Torpedo Schkwal an Bord von chinesischen U-Booten hätte auch hier die Machtverhältnisse aus dem Gleichgewicht gebracht.
    Im schlimmsten Fall würde China den USA enorme Verluste bescheren können, falls sich die amerikanische Flotte in einen Wiedereroberungsversuch Taiwans einmischte. Die Chinesen würden behaupten, die Taiwanfrage sei eine innere chinesische Angelegenheit und man habe selbstverständlich nicht die Absicht, auf amerikanische Flottenkräfte zu schießen – solange man nicht zuerst beschossen werde. Woraufhin man zum Gegenangriff übergehen würde.
    Hiervon hatten die einhundertachtzehn Besatzungsmitglieder an Bord der Kursk, dem Stolz der russischen Flotte, vermutlich nicht die geringste Ahnung gehabt. Doch für die Mehrzahl von ihnen war es sicherlich nichts Neues gewesen, während einer Übung von amerikanischen U-Booten bespitzelt zu werden. Amerikanische und sowjetische und später russische U-Boote hatten in den letzten fünfzig Jahren vor allem im Atlantik Katz und Maus gespielt. Mindestens acht russische und zwei amerikanische U-Boot-Wracks waren das Resultat dieser andauernden bitterernsten Spielchen.
    In Anbetracht dessen, was vom Sinken der Kursk bekannt wurde, ehe der neu gewählte russische Präsident Wladimir Putin das Durchsickern von Information verhinderte, musste sich das Geschehen in etwa folgendermaßen ereignet haben:
    An Bord der Kursk wurde bald bemerkt, dass man von einem amerikanischen U-Boot der Los-Angeles-Klasse, der USS Memphis, verfolgt wurde. Aber das war Teil des Spiels. Die USS Memphis sollte die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, um von dem sehr viel aufdringlicheren Spion USS Toledo abzulenken.
    Allerdings schien die russische Besatzung ihre beiden Bewacher entdeckt zu haben, denn plötzlich verschwand die Kursk von allen Bildschirmen an Bord der USS Memphis und der USS Toledo.
    In den Kommandozentralen der beiden amerikanischen Jagd-U-Boote glaubte man wahrscheinlich, es mit schwarzer Magie zu tun zu haben. Denn das Aufspüren und – im Falle eines Krieges – Vernichten dieser russischen Riesen war ihre Spezialität. Zudem war die Kursk hundertfünfzig Meter lang und acht Stockwerke hoch, ein riesiges Teil, das man aus so geringer Distanz eigentlich nicht aus den Augen verlieren konnte.
    Gewiss war die Kursk ein strategisches U-Boot insofern, als es genau wie seine Vorgänger aus der Taifun-Klasse an jedem Ort der Weltmeere ein enormes Kernwaffenarsenal platzieren konn­te. An Bord der Kursk befanden sich vierundzwanzig Interkonti­nentalraketen mit Mehrfachsprengköpfen, eine Kernwaffenla­dung, die dem Neunhundertsechzigfachen von Hiroshima ent­sprach.
    Aber im Gegensatz zu ihren Vorgängern konnte sich die Kursk gegen sich anschleichende amerikanische Jagd-U-Boote zur Wehr setzen. Der Torpedo Schkwal eignete sich nicht nur zur Vernichtung von Flugzeugträgern.
    Man kann sich also die Panik in den Kommandozentralen der beiden amerikanischen U-Boote ausmalen. Obwohl sie sich in nächster Nähe befanden, war die Kursk genau zwischen ihnen verschwunden, was an sich unmöglich war.
    Es mangelte nicht an Erklärungsversuchen. Seichtes Wasser, Magnetismus, Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Wasserschichten und andere natürliche Erklärungen – doch das Schlimmste war, dass diese russischen Giganten trotz lärmender Kernreaktoren offenbar vorsätzlich »verschwinden« konnten. Das Problem mit den lauten Reaktoren galt allerdings für alle drei Boote.
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