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Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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redet.
    »Das ist doch kein Schwimmwettkampf!« Kauffmann lacht. Das macht er nur ganz selten. »Das ist ein Boxkampf! Stand doch alles auf dem Zettel!«
    Spätestens jetzt rächt es sich endgültig, dass ich mir die Ausschreibung nicht selbst angesehen, sondern mich ganz auf Alex und Justin verlassen habe.
    Schlagartig wird mir klar, warum ich der Einzige hier im Schulschwimmbad bin. Niemand ist so blöd, sich freiwillig zu einem Boxkampf mit den Talschülern anzumelden. Nicht einmal Alex und Justin, und das will was heißen.

    Na ja, fast niemand.
    »Aber warum hier oben auf dem Sprungturm?«, frage ich Kauffmann.
    »Von hier oben kann man nicht so schnell abhauen«, erwidert er. »Wenn du mich besiegst, bist du im Team. Dann kämpfst du gegen Rocky Hagen.«
    Mit einem Schlag kriege ich am ganzen Körper eine Gänsehaut. Nicht, weil es hier oben so kalt ist – gut, das auch –, aber vor allem wegen des Namens: Rocky Hagen. Der Kerl ist Legende. Er ist so alt wie ich, sieht aber aus wie siebzehn. Rocky Hagen geht auf die Talschule, und da wird er wohl auch bleiben, denn er ist in seinem Leben noch nie versetzt worden. Braucht er auch nicht. Rocky Hagen ist Deutscher Juniormeister im Kickboxen und strebt eine Profikarriere an. Dabei ist er nicht mal in einem Verein. Rocky Hagen trainiert ausschließlich auf der Straße, und das bekommt jeder zu spüren, der ihm zufällig über den Weg läuft. Ich möchte lieber nicht wissen, was er mit einem anstellt, wenn er bei einem richtigen Boxkampf quasi die offizielle Erlaubnis erhält, jemanden zu verprügeln.
    »Ich glaube, dafür bin ich der Falsche. Fragen Sie doch Alex und Justin! Oder meine Schwester!«
    Mit einer Gelenkigkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, zwängt sich Kauffmann auf der engen Plattform schnell an mir vorbei, sodass er jetzt zwischen mir und der rettenden Treppe steht. Er hat mir gar nicht zugehört und geht sofort in Kampfhaltung.
    »Hören Sie, das war ein Missverständnis. Ich dachte, das ist ein Schwimmwettkampf. Ich kann gar nicht boxen.«
    »Jeder kann boxen. Los, schlag mich.«
    Kauffmann reckt mir auffordernd sein Kinn entgegen.
    »Los! Zieh die Handschuhe an und schlag mich!«
    »Das kann ich nicht machen!«, erwidere ich.
    »Ich lass dich hier erst wieder runter, wenn du zuschlägst! Richtig hart zuschlägst!«

    Ich habe nicht die Absicht, Kauffmann k. o. zu schlagen. Das könnte ich auch gar nicht, schließlich war er mal Profi. Ich werde ihm einfach zeigen, dass ich als Boxer völlig unbegabt bin.
    Um ihm das zu beweisen, schlüpfe ich in die beiden Boxhandschuhe und versetze ihm einen rechten Haken.
    Genau auf sein Kinn.
    Aber nur einen ganz, ganz leichten.
    Ehrenwort!
    Ein Ahornblatt, das im Herbst von einem Baum auf den Boden fällt, hat mehr Schlagkraft als mein lascher rechter Haken.
    Kauffmann knickt sofort ein. Er dreht sich einmal um sich selbst und murmelt dabei: »Was für ein Hammerschlag!«
    Dann kippt er zur Seite weg und fällt zehn Meter tief in das Schwimmbecken unter uns.
    Als er wieder auftaucht, brüllt er zu mir hoch: »Kai! Du bist ein Naturtalent! Willkommen im Team!«
    Das ist natürlich gleich doppelt gelogen. Das weiß er, das weiß ich. Das mit dem Naturtalent sagt er nur, weil ich der Einzige bin, der sich gemeldet hat, und er mir schmeicheln will. Deswegen hat er sich auch fallen lassen. Und das mit dem Team ist auch gelogen. Es gibt kein Team. Ich bin das Team, und ein Einzelner kann ja wohl kaum ein Team sein, oder?
    »Kai! Hilf mir! Schnell!«, reißt mich ein verzweifelter Schrei aus meinen Gedanken.
    Im Schwimmbecken geht Kauffmann gerade unter. Genau wie ich befürchtet habe, saugen sich seine Boxhandschuhe voll Wasser und ziehen ihn in die Tiefe.
    Ich habe keine Wahl. Wenn ich die Leiter nehme, komme ich zu spät, um ihn zu retten. Ich streife die Handschuhe ab, schließe die Augen und springe. Es dauert eine Ewigkeit, bis mein Bauch und das harte Wasser aufeinandertreffen.
    Ich hasse es, recht zu haben: Aber das Aufschlagen auf einer Betonpiste könnte nicht schlimmer sein.
    Ich tauche unter und sehe Kauffmann gar nicht weit von mir panisch mit den Beinen strampeln, während er immer tiefer und tiefer sinkt. Obwohl mir alle Knochen wehtun, schaffe ich es mit ein paar Schwimmzügen zu ihm. Schnell löse ich die Knoten an seinen Handschuhen, fasse ihn unter den Armen und ziehe ihn an die Wasseroberfläche. Meinen Sportlehrer im Schlepptau, erreiche ich mit letzter Kraft den Beckenrand.
    Kauffmann
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