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Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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Durchgängen zuvor und verstecke mich weiter hinter Rocky Hagens Rücken. Ich verstehe das nicht: Obwohl er sich ständig drehen muss, wird ihm einfach nicht schwindlig, und Nackenstarre kriegt er auch nicht. Das ist kein Mensch, sondern eine Kampfmaschine, die in irgendwelchen unterirdischen Labors gezüchtet wurde. Mit dem einzigen Zweck, mich zu vernichten.
    Anders ist das nicht zu erklären.
    Zwei Minuten halte ich die drei W’s (Weglaufen, Wegtauchen, Wegducken) durch.
    Dann kann ich nicht mehr.
    Dabei ist die Runde erst in sechzig Sekunden zu Ende.
    Gibt es beim Boxen eigentlich Verlängerung? Und danach so eine Art Elfmeterschießen, wo man sich direkt gegenübersteht und dann abwechselnd ohne Deckung auf die Nase haut?
    Keine Ahnung. Es ist mir auch egal. Völlig egal. Ich pfeife auf dem letzten Loch, und so, wie ich mich fühle, wäre ein finaler Schlag von Rocky Hagen die reinste Erlösung.
    Schwer atmend stehe ich vor ihm.
    Wenn in der Ringecke ein fürsorglicher Betreuer stehen würde, müsste er jetzt ein Handtuch werfen, um so meine bedingungslose Kapitulation zu signalisieren.
    Aber in meiner Ecke steht Kauffmann, und das bedeutet, ich muss diesen schmerzhaften Weg bis zu Ende gehen.
    »Jetzt bist du fällig!« Rocky Hagen geht in Stellung, um den Kampf mit einem einzigen Haken zu beenden.
    Er holt weit aus, und ich schließe die Augen, weil ich nicht auch noch zusehen will, wie seine Faust auf mich zurast. Die spüre ich schon früh genug.
    Oder auch nicht.
    Als ich nach fünf Sekunden immer noch aufrecht stehe, blinzele ich misstrauisch zwischen den Augenlidern hindurch.
    Irgendetwas ist in den Ring geflogen.
    Diesmal ist es kein Wasserbecher, den jemand nach mir geschmissen hat.
    Es ist der heilige Toast.
    Er ist genau zwischen Rocky Hagen und mir auf dem Boden gelandet.
    Rocky Hagen starrt die Madonna auf der gerösteten Brotscheibe an, als hätte er gerade eine Heiligenerscheinung.
    Vielleicht glaubt er ja an Gott und dessen ganze Familie? Vielleicht ist ihm das wichtig, und am Sonntag geht er beichten und erzählt dem Pfarrer, wen er die Woche über alles vermöbelt hat?
    Vielleicht betet er anschließend drei Rosenkränze und prügelt in der nächsten Woche – von seinen Sünden erlöst – einfach weiter? Vielleicht ist Rocky Hagen aus tiefstem Herzen gläubig?
    Wer weiß das schon? Ich nicht, ich kenne ihn ja kaum.
    Auf das, was jetzt passiert, bin ich nicht stolz.
    Wirklich nicht, das könnt ihr mir glauben.
    Aber auch ich besitze so etwas wie einen Selbsterhaltungstrieb.
    Während Rocky Hagen noch immer ehrfürchtig den heiligen Toast anstarrt, besinne ich mich auf die drei großen A’s: Abwarten, Anpeilen, Angreifen!
    Die ersten beiden A’s überspringe ich. Ich nutze die heilige Ablenkung und haue direkt zu. Genau auf den Abdruck von Antis Lippenstift.
    Rocky Hagen kippt um wie ein Sack Kartoffeln.

    Der Bürgermeister starrt mich wütend an, dann kniet er sich neben meinen Gegner und fängt an zu zählen.
    »1 ... 2 ... 3 ... 4 ...« Dabei macht er extralange Pausen, um meinem Gegner Zeit zu geben, wieder auf die Beine zu kommen. »5 ... 6 ... 7 ... 8 ... 9 ... 10 ... 11 ... 12 ... 13 ...«
    Soweit ich weiß, ist bei zehn Schluss. Lenas Vater zählt noch bis zwanzig weiter, ehe er zerknirscht alle Hoffnungen aufgibt und verkündet: »Sieg für Killer-Kai durch K. o. in der dritten Runde.«
    Die Halle rastet total aus. Plötzlich sind alle auf meiner Seite. Nicht nur die Schüler der Bergschule, auch die aus der Talschule. Sogar Kauffmann hat kapiert, dass ich gewonnen habe, und nimmt mich auf seine Schultern, während Anti und ihre Hupfdohlen »Kai, Kai, Kai hat ’ne Faust wie Blei!« rufen und sich der Arzt um Rocky Hagen kümmert, der langsam wieder zu sich kommt. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass er schnell den Toast in Sicherheit bringt, bevor der von meinen vielen Fans, die sich mittlerweile im Ring drängeln, zertrampelt wird. Die Situation droht zu eskalieren, und wenn Major Horsts Kompanie nicht mit äußerster Härte für Ordnung sorgen würde, gäbe es außer Rocky Hagen bestimmt noch mehr Verletzte.
    »Danke! Ihr zwei seid echt das Phänomen«, rufe ich meinen beiden Rettern zu. Alex und Justin sind die Einzigen, die noch sitzen. Adolf Schmitz und der Alligator stehen neben ihnen und sehen erleichtert aus.
    Kathrin hält den kleinen Kai hoch, damit er mich besser sehen kann. Leider bekommt ihm das nicht, und er spuckt seine letzte Milchmahlzeit auf die frisch gewaschenen
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