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Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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mich lange an.
    »Du bist wirklich der letzte Idiot, Kai! Meinst du etwa, ich steh auf so Schönlinge?! Dann wäre ich doch wohl kaum jetzt hier bei dir.«
    Bei Lena weiß ich nie so genau, ob sie mir gerade was Nettes sagt oder nicht.
    »Und warum bist du dann hier?«, frage ich, um Zeit zu gewinnen.
    »Dieser Boxkampf ist total sinnlos. Wenn du das nur machst, um mir oder Carl-Philipp zu imponieren, dann lass es sein. Es gibt nur einen Grund, warum du da rausgehen solltest, und der ist: Du willst es selbst.« Sie macht eine Pause, weil Rocky Hagen gerade die Kabine nebenan auseinandernimmt. Das kann man hören das und ist anscheinend Bestandteil seines Aufwärmprogramms. Als es drüben wieder etwas leiser ist, setzt Lena ihre Ansprache fort: »Aber denk dran: Niemand kann dich zu diesem Boxkampf zwingen. Du musst da nicht raus, wenn du nicht willst. Ich werde dich dann trotzdem noch mögen, auch wenn du der letzte Vollidiot bist.«
    Das mit dem »letzten Vollidiot« sagt sie oft zu mir, das bin ich schon gewöhnt. Aber sie meint das nicht so.
    Hoffe ich.
    Zum Abschied gibt sie mir einen Kuss auf den linken Mundwinkel. Ich würde sie jetzt gern umarmen, aber das sähe mit den Boxhandschuhen doof aus.
    Als sie weg ist, gehe ich noch einmal sorgfältig meine zehn guten Gründe für den Kampf durch, die ich mir gestern Abend im Bett überlegt habe. Der einzige wirklich gute Grund auf der Liste war Nummer 10, und den kann ich nach Lenas Rede getrost streichen.
    Ich schleiche zur Tür und spinkse nach draußen. Der Flur ist leer. Auch von Kauffmann weit und breit keine Spur. Der sucht wahrscheinlich immer noch irgendwo nach einer Kaffeeplantage. Aus der Halle tönen schon laute Schlachtgesänge. Die Mädchen der Talschule können lauter schreien als unsere, anders ist nicht zu erklären, dass ich von dort nur Anfeuerungsrufe für Rocky Hagen höre.
    In meinem Bademantel laufe ich schnell den Flur entlang, bis ich eine offene Tür finde. Sie führt in den Geräteraum. Hinter mir höre ich plötzlich Stimmen. Ich schlüpfe hinein, und da entdecke ich auch schon das ideale Versteck, meine ganz persönliche Arche Noah, in der mich bestimmt niemand suchen wird: der Schrank des Grauens.

11. Kapitel
    Schlag auf Schlag
    Jetzt wisst ihr endlich, warum ich hier im Schrank des Grauens hocke, in dem mir vor lauter stinkenden Socken langsam der Sauerstoff ausgeht. Aber das ist immer noch besser, als sich da draußen von Rocky Hagen verdreschen zu lassen. Erstinken soll so ähnlich sein wie Erfrieren, habe ich mal gelesen. Das spürt man gar nicht, weil man ganz langsam wegdämmert, bis man dann ...

    Das ist kein besonders überzeugendes Argument, finde ich.
    Andererseits hat COOLMAN vielleicht trotzdem recht. Ich kann mein Leben lang nicht immer nur davonlaufen und mich verstecken. Das heißt, klar könnte ich das. Die Frage ist nur, ob ich mir dann noch jeden Morgen im Spiegel ins Gesicht gucken könnte.
    Wahrscheinlich würde ich das sogar hinkriegen. Ich muss ja nicht so genau hinschauen, und eigentlich bin ich morgens auch immer nur sehr kurz im Badezimmer.
    Ich versuche, mich an die zehn guten Gründe zu erinnern, die ich gestern Abend im Bett aufgelistet habe. Einige von denen – na ja, um ehrlich zu sein, sogar die meisten – sind ziemlich blöde. Eigentlich alle, bis auf einen.
    Punkt 8: Weil ich gesagt habe, dass ich es tue.
    Also werde ich es auch tun. Nicht für Lena, nicht für Anti, nicht für die Bergschule, nicht für Rocky Hagen, nicht für das Känguru oder den kleinen Kai, nicht für Kauffmann, nicht für Major Horst, nicht für Adolf Schmitz, nicht für Carl-Philipp und auch nicht für COOLMAN.
    Sondern nur für mich.

    Ehe ich es mir anders überlegen kann, öffne ich die Tür und krabbele aus dem Schrank heraus. Gierig atme ich die frische Luft ein, die durch ein offenes Oberlicht hereinströmt. Wenn ich auf den Barren vor mir klettere, könnte ich das Fenster dort oben erreichen und über das Dach der Turnhalle fliehen.
    Könnte ich.
    Tue ich aber nicht.
    Stattdessen gehe ich zu dem Kipptor, das vom Geräteraum direkt in die Sporthalle führt. Dahinter herrscht ein Höllenlärm. Die Menge zählt irgendetwas laut mit und ist schon bei 125 angekommen.
    Als ich das Tor aufstoße, sehe ich, wen die Zuschauer so begeistert anfeuern. In dem Boxring, den Kauffmann in der Mitte der Sporthalle aufgebaut hat, macht Rocky Hagen Liegestütze, um sich die Zeit zu vertreiben.
    Ich schaffe höchstens fünf, und auch nur,
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