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Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Voll auf die zwölf (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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Frühstück gibt es einen halben Apfel und ein Glas Orangensaft. Mehr nicht.
    »Und was steht heute an?«, frage ich. »Aufwärtshaken? Beinarbeit?«
    Adolf zeigt schweigend auf das Küchenfenster. Das Glas ist so dreckig, dass ich kaum rausschauen kann.
    »Da draußen im Vorgarten? Haben Sie da einen Boxring aufgebaut? Man kann gar nichts sehen, das Fenster ist so verschmiert.«
    »Und deswegen fängst du mit dem auch an. Danach sind die anderen Scheiben dran, und wenn du damit fertig bist, warten die Nachbarn schon auf dich«, erwidert Adolf Schmitz und drückt mir einen Lappen in die Hand. »Ich hau mich noch etwas aufs Ohr. Bis später, Jungchen.«
    Am Abend habe ich einhundertfünfundzwanzig Fensterscheiben blitzblank geputzt und bin noch erschöpfter als nach dem Rasenmähen.
    Am Tag drei vor dem Kampf muss ich Zäune streichen. Ich schaffe ungefähr 3,5 Kilometer Jägerzaun in zehn Stunden. Als ich ins Bett falle, kann ich meinen rechten Arm nicht mehr bewegen.
    Am Tag zwei vor dem Kampf sind die Teppiche der gesamten Nachbarschaft dran. Es sind bestimmt über fünfhundert, auf die ich mit dem Teppichklopfer eindreschen muss, bis kein einziges Staubkorn mehr zwischen den Fäden zu finden ist.
    Am Abend bin ich tot.

    Adolf Schmitz weckt mich am nächsten Morgen. Es ist der Tag vor dem Kampf, und das mit dem Wecken ist völlig sinnlos. Es gibt keinen Muskel in meinem Körper, der sich nicht anfühlt, als hätte ich den Kampf gegen Rocky Hagen schon hinter mir. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich es aus dem Bett schaffe, um Kaminholz zu spalten oder Wasserkisten zu schleppen.
    »Ich kann nicht. Mir tut alles weh«, jammere ich, als er den Vorhang zur Seite zieht. Durch die geputzten Scheiben scheint die Sonne herein und blendet mich.
    »Schade, dabei wollte ich heute anfangen, mit dir zu boxen, Jungchen.« Adolf Schmitz greift nach dem rot-blauen Bademantel, der über dem Stuhl hängt, und wirft ihn mir zu.
    Sofort springe ich aus dem Bett.
    Endlich geht es los.
    Als wir nach dem Frühstück das Haus verlassen, gibt Adolf Schmitz dem Alligator zum Abschied einen langen Kuss.
    Mein Trainer trägt lässig ein paar Boxhandschuhe über der Schulter, und ich habe meinen rot-blauen Bademantel an. Schweigend laufen wir nebeneinander Richtung Sporthalle, und dass ich Mühe habe, mit Adolf Schmitz Schritt zu halten, liegt nicht nur an meinem Muskelkater. Seine Beziehung zum Alligator ist der reinste Jungbrunnen. Das macht ihn mindestens zehn Jahre jünger.
    »Was läuft da eigentlich zwischen Ihnen und Frau Schmitz-Degenscharf?«, frage ich, während ich völlig Unbekannten zuwinke, die mir aufmunternd grinsend ihre gereckten Daumen entgegenstrecken.
    »Liebe! Echte, wahre, ewige Liebe!«, erwidert Adolf Schmitz und wird rot wie ein Neunjähriger, der für seine Lehrerin schwärmt.
    »Geht das nicht alles ein bisschen schnell?«, sage ich und komme mir dabei ein bisschen spießig vor.
    »In meinem Alter hat man keine Zeit mehr zu verlieren, Jungchen. Da kann ewige Liebe ziemlich kurz sein. So lange habe ich ja auch nicht mehr.«
    So habe ich das bisher noch gar nicht gesehen. Ich frage nicht weiter nach und gönne ihm einfach sein Glück. Möge es lange halten!
    Ich wüsste nur gern, was SUPERWILHELM, sein unsichtbarer Begleiter, dazu sagt.

    Plötzlich biegt Adolf Schmitz in eine Seitenstraße ab.
    »Wo wollen Sie hin? Wir müssen da lang!« Ich bleibe stehen und zeige auf die Straße, die den Hügel hoch zu unserer Schule führt.
    »Lass dich überraschen, Jungchen!«, antwortet er und geht einfach weiter, ohne auf mich zu warten.
    Als ich ihn wieder eingeholt habe, steht er vor einer Lagerhalle und kramt nach einem Schlüssel.
    Dann schließt er auf und öffnet das Tor.
    Kalte Luft strömt uns entgegen. Wie an einem eisigen Wintermorgen steigt weißer Nebel in die Luft, und deswegen dauert es eine Weile, bis ich erkennen kann, was in der Kühlhalle gelagert wird: Schweinehälften.
    Es sind unglaublich viele, die nebeneinander an Eisenhaken von der Decke hängen.
    »Was soll ich hier?«, frage ich, weil ich wirklich keinen blassen Schimmer habe, was ich hier soll.
    »Ich hab den Schlüssel von einem alten Kumpel. Und die da ...«, Adolf Schmitz zeigt auf die Schweinehälften, »... sind die perfekten Sparringspartner für dich, Jungchen.«
    »Aber die schlagen doch gar nicht zurück.«
    »Eben!«, erwidert Adolf Schmitz und wirft mir die Boxhandschuhe zu.

10. Kapitel
    Countdown zum Sieg
    »Ich soll gegen tote
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