Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
Vom Netzwerk:
der letzte Idiot.
    »Nichts. Ich habe gar nichts gesagt«, nuschele ich, ohne sie anzusehen.
    »Du bist wirklich der letzte Idiot, Kai! Nur weil ich eine Zahnspange trage, musst du dich nicht über mich lustig machen.«
    Typisch Mädchen! Also hat sie doch verstanden, was ich gesagt hatte. Warum fragt sie dann?
    Jetzt ist sie sauer.
    Dabei wusste ich das mit der Spange gar nicht, weil ich sie bis jetzt immer nur aus sicherer Entfernung angestarrt habe.
    Etwas Gutes hat die Sache aber doch. Lena hält jetzt Abstand, und wir erreichen den Kartenraum, ohne dass sie mich noch einmal berührt.
    Der Kartenraum ist toll. Da stehen überall Karten, Globen, ausgestopfte Igel und Füchse und anderes altes Zeug rum, was kein Lehrer mehr braucht. Frau Maier ist die Einzige, die die Sachen noch benutzt. Die anderen Lehrer machen das alles längst mit dem Computer.
    Lena zeigt stumm auf die Deutschlandkarte, die aufgerollt in der Ecke steht.
    »Sollten wir nicht die Europakarte holen?«, frage ich, weil ich mich nach der ganzen Aufregung wirklich nicht mehr erinnern kann, was die Maier wollte.
    Lena zuckt nur mit den Schultern. Sie weiß es auch nicht, scheint aber zum Glück immer noch keine Lust zu haben, mit mir zu reden.

    »Lass uns die Weltkarte nehmen«, schlage ich vor. »Da können wir nichts falsch machen.«
    »Wieso?«, fragt Lena einsilbig.
    »Na, weil da einfach alles drauf ist«, erkläre ich nachsichtig. Mädchen haben es ja nicht so mit Naturwissenschaften. Da fehlt ihnen der Durchblick, auch was Logik und so angeht.
    »Du trägst sie vorne, ich hinten«, schlage ich vor.
    »Und wer macht dann die Türen auf?«, fragt Lena.
    Da hat sie recht. Daran hatte ich nicht gedacht. Wenn wir beide die riesige Karte tragen, geht das schlecht.
    »Einverstanden«, sage ich schnell, ehe Lena mir zuvorkommt. »Du trägst die Karte und ich mache dir die Türen auf.«

    Ich habe die Türklinke schon in der Hand, trotzdem drehe ich mich noch einmal zu Lena um.
    »Ich nehme die Karte und du machst mir die Türen auf«, sage ich.
    Aber dass sie sich auch noch obendrauf setzen kann, sage ich nicht. Dann könnte ja auch keiner mehr die Türen aufmachen. Außerdem hoffe ich, dass sie meinen Vorschlag aus Stolz ablehnt. Tut sie aber nicht. Lena nickt nur und öffnet mir die Tür. Mädchen besitzen eben einfach keinen Stolz.
    Die Karte ist furchtbar schwer, und sofort bereue ich, dass ich auf
Coolman
gehört habe. Wir hätten doch lieber die Deutschlandkarte nehmen sollen, die ist bestimmt leichter. Da ist ja auch nicht so viel drauf.
    Lena läuft auf dem Flur vorneweg, um mir die Türen aufzumachen. Das ist gut, das hält sie auf Distanz. Durch fünf Türen sind wir schon durch, da taucht am Ende des Flurs unser Klassenzimmer auf.
    Auf dem Weg ist die Karte immer schwerer geworden. Ich kann sie kaum noch tragen und spüre, wie ich langsam nach vorne überkippe. Um nicht umzufallen, muss ich ganz lange Schritte machen. Dabei werde ich immer schneller, zu schnell für Lena jedenfalls, die die Tür zu unserer Klasse nicht mehr vor mir aufbekommt.
    RAWUMM! Die Spitze der Karte geht durch die dünne Tür wie durch Butter. Australien und Asien sind schon in der 6a, Europa und Amerika bleiben zusammen mit mir draußen auf dem Flur stecken.
    Nur mit Mühe gelingt es mir, die Karte zurück in den Flur zu zerren. Lena steht neben mir, als hätte sie mit alldem gar nichts zu tun. Dabei wäre das nicht passiert, wenn sie schnell genug die Tür aufgerissen hätte.
    Die Maier streckt ihren Kopf durch das Loch in der Tür, um zu sehen, was auf dem Flur los ist.
    »Kai, Kai, Kai!«, murmelt sie kopfschüttelnd und zieht ihre Mundwinkel noch tiefer nach unten. Das sieht lustig aus, weil man nur ihren Kopf sehen kann. So wie bei ausgestopften Jagdtrophäen, die an der Wand hängen.
    »Kai, Kai, Kai!«, wiederholt sie, ohne sich weiter um das Loch in der Tür zu kümmern. »Das ist die falsche Karte!«

    »Mit wem redest du da eigentlich?«, fragt die Maier.
    »Das tut er schon die ganze Zeit«, petzt Lena.
    Und ich hatte geglaubt, sie hätte davon gar nichts mitbekommen. Falsch gedacht. Jetzt bin ich endgültig der letzte Idiot, dessen Eltern nackt auf der Bühne stehen, der mit Landkarten Türen einrennt und Selbstgespräche führt. Ab jetzt wird es richtig hart.

    Ich antworte ihm nicht. Ich werde ihn einfach nicht mehr beachten. Genau das werde ich tun.

5. Kapitel
    Auf Shoppingtour
    Als es zur Pause läutet, habe ich einen Entschluss gefasst. Für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher