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Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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Stück mit dem Aufdruck T wie Trostpreis und ein Stück mit dem Aufdruck H wie Hauptgewinn.
    Eigentlich müsste sie bei den Lospreisen ein Vermögen machen, doch die Kasse ist trotzdem so gut wie leer. Sonst hätte mich die Frau bestimmt auch nicht hier allein gelassen. In der kleinen Schatulle liegen höchstens drei oder vier Euro, großzügig geschätzt, und das Los mit dem H.

    »Arbeitest du hier?«
    Erschrocken lasse ich den Deckel der Kasse zufallen und schaue hoch.
    Vor mir steht Lena und grinst mich an. Hinter ihr warten zwei von ihren Freundinnen und giggeln.
    »Hab gar nicht gewusst, dass eine Berühmtheit wie du einen Nebenjob auf dem Jahrmarkt braucht. Ich dachte, du bist längst auf dem Sprung nach Hollywood.«
    Ich ignoriere ihre Anspielung auf den Film, den wir gemeinsam gedreht haben und für den ich mehr Beifall bekommen habe als sie. Im Gegensatz zu ihr bin ich nämlich nicht nachtragend.
    »Bis dahin jobbe ich hier«, erkläre ich. »Ist gar nicht so schlecht. Da kommt man viel rum und sieht was von der Welt.«
    Das stimmt ja auch. An vielen der Buden hängen Schilder, auf denen steht: »Junger Mann zum Mitreisen gesucht.« Und vielleicht ist die Idee gar nicht so schlecht. Vielleicht ist das tatsächlich eine Möglichkeit für mich, eine Zeit lang unterzutauchen, bis die Weißrussen mich vergessen haben.
    Oder für tot halten.
    Oder beides.

    »Das hört sich echt toll an«, antwortet Lena und grinst ein bisschen spöttisch. Aber nur ein ganz klein bisschen.
    »Ist es auch«, erwidere ich und lächle zurück.
    Dann schweigen wir einen Moment, und nur das Giggeln ihrer Freundinnen ist zu hören.
    »Gib mir mal fünf Lose.« Lena kramt zwei Euro aus ihrer Tasche und drückt sie mir in die Hand. Dabei berühren sich unsere Finger etwas länger, als es eigentlich nötig ist.
    Mama hat mir erzählt, dass zwischen Russen und Amis bis 1989 Kalter Krieg herrschte, also Krieg, nur ohne das ganze Schießen und so. Das hat sich erst geändert, als in Berlin die Mauer gefallen ist.
    Das war ein wichtiges historisches Ereignis.
    Genauso wie das, was hier gerade geschieht.
    Bei Lena und mir ist es wie mit den Russen und den Amis. Da herrscht auch so eine Art Kalter Krieg. Aber ich habe das starke Gefühl, dass hier auf dem Festplatz von Keinklagenstadt ebenfalls gerade eine Mauer fällt.

    Ich halte Lena die Schachtel hin, damit sie sich ihre fünf Lose aussuchen kann. Bei meinem Pech sind das bestimmt alles nur Nieten. Obwohl: Selbst Gustav Gans würde an dieser Bude nur Nieten ziehen. Dabei wäre es taktisch viel besser, wenn Lena jetzt den Hauptgewinn ziehen würde. Quasi als Metapher, wie unsere Lehrerin, die Maier, sagen würde. Als Metapher dafür, dass ich auch so eine Art Hauptgewinn in ihrem Leben bin.
    Lena öffnet die Lose eines nach dem anderen, und bei jedem sieht sie enttäuschter aus.
    »Fünfmal N wie Niete«, sagt sie und gibt mir die Zettel zurück, auf denen wenig überraschend fünf dicke N stehen. Unsere Finger berühren sich diesmal nicht, und wenn mir nicht sofort etwas Gutes einfällt, steht die Mauer wieder und der Kalte Krieg geht weiter.

    Lena dreht sich um, weil ihre giggelnden Freundinnen schon an ihr zerren. Sie wollen weiter.
    »Warte mal! Das ist doch kein N!«, rufe ich Lena zurück.
    »Was soll es denn sonst sein?«, fragt eine ihrer Freundinnen und lässt dabei eine rosa Kaugummiblase zerplatzen. Die andere tippt gelangweilt auf ihrem Handy herum.
    »Das ist ... das ist ...«
    Lena sieht mich erwartungsvoll an.
    »Das ist ein Z!« Ich drehe den Loszettel auf die Seite, genau so, wie COOLMAN es gemacht hat. »Z wie Zitrone. Du hast fünf Zitronen, und das heißt, du hast den absoluten Mega-Super-Hauptgewinn gezogen!«
    Als ich zu Ende gesprochen habe, schließe ich die Augen und warte auf die große Katastrophe, die nun unweigerlich folgen wird. Es passiert immer etwas Schreckliches, wenn ich COOLMANs Ratschlägen folge. Das ist ein Naturgesetz, so wie der Schulbus, der immer pünktlich ist, wenn man selbst mal spät dran ist, und umgekehrt.
    Aber diesmal passiert gar nichts.
    »Alles okay mit dir?«, fragt Lena, und da öffne ich wieder die Augen. Ganz vorsichtig, weil die Katastrophe sich vielleicht nur etwas verspätet hat. Aber die Welt um mich herum sieht noch genauso aus wie vorher. Die Katastrophe scheint diesmal einfach auszufallen, so wie unser Sportunterricht. Der fällt auch aus, weil Kauffmann immer noch in der Klinik ist.
    »Und was ist der
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