Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cook, Robin

Titel: Cook, Robin
Autoren: Schock
Vom Netzwerk:
überraschender Intensität an Joanna weiter. Der Stein war ein Erbstück von Carltons Großmutter, und Joanna hing vor allem wegen seines Erinnerungswertes an ihm. Doch jetzt erschien er ihr wie ein vulgäres, glitzerndes Mahnmal, das ihr ihre eigene Leichtgläubigkeit vor Augen führte.
    Auf einmal hatte sie das Gefühl, es in dem engen Raum nicht länger auszuhalten. Sie riss unvermittelt die Tür auf, sprang aus dem Wagen und blieb auf dem Bürgersteig stehen.
    »Joanna!«, rief Carlton. Er beugte sich über den Schaltknüppel und sah sie an. Sie schien einen unumstößlichen Entschluss gefasst zu haben. Ihre normalerweise weichen Lippen bildeten eine schmale, grimmige Linie.
    Er setzte an, sie zu fragen, was denn bloß mit ihr los sei, obwohl er das im Grunde natürlich genau wusste. Doch bevor er ein Wort herausbrachte, knallte sie die Autotür zu. Er richtete sich auf und drückte den Knopf, mit dem sich das Beifahrerfenster öffnen ließ. Als die Scheibe unten war, beugte Joanna sich in den Wagen. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert.
    »Wage es nicht, mich zu fragen, was mit mir los ist!«, fuhr sie ihn an.
    »Du benimmst dich nicht gerade wie eine erwachsene Frau«, stellte Carlton fest.
    »Vielen Dank für deine objektive Einschätzung«, entgegnete sie. »Danke auch, dass du mir heute Abend die Augen geöffnet hast. Das hat es mir mit Sicherheit leichter gemacht, eine Entscheidung zu treffen.«
    »Eine Entscheidung zu treffen?«, hakte Carlton nach. »Wie meinst du das?« Seine Stimme klang auf einmal nicht mehr so fest wie noch ein paar Minuten zuvor. Wenn man genau hinhörte, zitterte sie sogar. Er ahnte, was jetzt kommen würde, und ihm wurde mit einem Mal ganz anders.
    »Eine Entscheidung im Hinblick auf meine Zukunft«, erwiderte Joanna. »Hier!« Sie streckte ihm ihre zusammengepresste Faust entgegen, um ihm etwas zu geben.
    Carlton streckte zögernd seine Hand aus. Er spürte, wie etwas Kaltes in seine Handfläche fiel. Als er hinsah, erblickte er den Diamantring seiner Großmutter.
    »Was soll das?«, stammelte er.
    »Das dürfte doch wohl klar sein, oder?«, entgegnete Joanna. »Betrachte dich als frei, und freu dich, dass du nun in Ruhe deine Assistenzarztzeit beenden kannst und was immer dein kleines Herz sonst noch begehren mag. Ich will dir auf keinen Fall länger im Weg stehen.«
    »Das meinst du doch nicht im Ernst?«, fragte Carlton. Der plötzliche und jähe Stimmungsumschwung hatte ihn vollkommen durcheinander gebracht.
    »Und wie ernst ich das meine!«, stellte Joanna klar. »Betrachte unsere Verlobung als offiziell aufgelöst. Gute Nacht, Carlton.«
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und schritt entschlossen die Craigie Street zurück in Richtung Concord Avenue, wo sich der Eingang zum Craigie-Arms-Apartmenthaus befand. Ihre Wohnung lag im zweiten Stock.
    Nach einem kurzen Kampf mit dem Türöffner sprang Carlton aus dem Cherokee und rannte hinter Joanna her, die bereits die Straßenecke erreicht hatte. Hinter ihm wirbelten ein paar dunkelrote Ahornblätter durch die Luft, die frisch vom Baum gefallen waren. Kurz vor dem Eingang des Apartmenthauses hatte er seine Ex-Verlobte eingeholt. Er war außer Atem und hielt den Verlobungsring in seiner zusammengeballten Faust.
    »Okay«, brachte er hervor, »du hast mir die Meinung gesagt. Jetzt nimm den Ring zurück.« Er streckte ihr die Hand entgegen.
    Joanna schüttelte den Kopf. Die grimmige Entschlossenheit war aus ihrem Gesicht verschwunden. Stattdessen lächelte sie ihn an. »Ich habe dir den Ring weder zurückgegeben, um ein kleines Drama zu initiieren, noch bin ich richtig wütend auf dich. Aber offenbar ist Heiraten im Augenblick kein Thema für dich, und plötzlich will ich auch nicht mehr. Geben wir uns also eine Auszeit. Wir können ja Freunde bleiben.«
    »Aber ich liebe dich doch!«, platzte Carlton heraus.
    »Das schmeichelt mir«, entgegnete Joanna. »Ich denke, ich liebe dich auch noch. Aber irgendwie hat sich alles zu lange hingeschleppt. Lass uns lieber getrennte Wege gehen, zumindest erst einmal.«
    »Aber…«
    »Gute Nacht, Carlton«, verabschiedete sich Joanna. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihrem Ex ein Küsschen auf die Wange. Ein paar Sekunden später betrat sie den Fahrstuhl. Sie hatte sich nicht mehr umgedreht.
    Als sie den Schlüssel ins Schloss ihrer Wohnungstür steckte, merkte sie, dass sie zitterte. Obwohl sie sich so lässig von Carlton verabschiedet hatte, spürte sie jetzt,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher