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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres
Autoren: Andrea Camilleri
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des Schlauchbootes angeschaltet hat. Ihr habt sehr wenig Zeit. Dann wartet ihr, bis Zarzis und sein Gehilfe ins Haus kommen, und überrumpelt sie. Aber Vorsicht: Die Typen haben Kinder bei sich und sind zu allem fähig. Alles Weitere besprecht ihr beide miteinander. Wiedersehen, ich wünsch euch was.«
    »Und wo gehst du hin?«, fragte Augello.
    »Ich muss noch kurz nach Marinella und fahre dann nach Spigonella. Aber noch mal: Ihr kümmert euch um euren Kram und ich mich um meinen.«
    Auf dem Weg nach draußen fragte er Catarella:
    »Catare, weißt du, ob Torretta eine Drahtschere und so hohe Gummistiefel hat, die halb über die Oberschenkel gehen?«
    Hatte er. Drahtschere und Gummistiefel.
    Zu Hause schlüpfte Montalbano in einen schwarzen Rollkragenpullover und eine schwarze Cordhose, die er in die Stiefel stopfte, und stülpte sich eine ebenfalls schwarze wollene Bommelmütze über den Kopf. Fehlte nur die kleine gekrümmte Pfeife im Mundwinkel, und er hätte ausgesehen wie ein alter Seebär in einem drittklassigen amerikanischen Streifen. Er betrachtete sich im Spiegel. Am besten lachte er einfach über sich.
    »Volle Kraft voraus, alter Seeräuber!«
    Um zehn kam er an dem weißroten Haus in Spigonella an, doch anstatt die Straße zum Bungalow einzuschlagen, nahm er den Weg, den er beim ersten Mal mit Fazio gefahren war. Das letzte Stück fuhr er ohne Licht. Der Himmel war bedeckt, und es war so finster, dass man die Hand nicht vor den Augen sah. Er stellte das Auto ab und blickte sich um. Rechter Hand, gut hundert Meter weiter, die dunkle Masse der Villa. Von seinen Leuten war kein Mucks zu hören. Entweder waren sie noch nicht da, oder sie hatten sich hervorragend getarnt. Mit der Drahtschere in der Hand und der Pistole in der Tasche ging er am Rand des Steilhangs entlang, bis er den Anfang der Treppe erkennen konnte, die er schon beim letzten Mal gesehen hatte. Der Abstieg war nicht so schwierig wie bei der anderen Treppe, vielleicht war die hier nicht so steil in den Fels gehauen, vielleicht tröstete ihn auch der Gedanke, dass seine Leute in der Nähe waren.
    Montalbano war die Treppe halb hinuntergestiegen, als er einen Motor aufdröhnen hörte. Das musste das startende Schlauchboot sein, der Lärm wurde noch verstärkt durch die Stille und die Höhle, die wie ein Resonanzkörper wirkte. Er blieb stehen. Vor der Hafeneinfahrt färbte sich das Wasser plötzlich rot. Der eingeschaltete Leuchtturm war hinter dem anderen Felsen verborgen, sodass Montalbano ihn von seinem Platz aus nicht sah, aber der rote Widerschein konnte nichts anderes bedeuten. Und in dem Widerschein erkannte er deutlich die Umrisse des Schlauchboots, auch wenn er nicht festzustellen vermochte, wie viele Leute an Bord waren. Gleich darauf verschwand der Widerschein, das Motorgeräusch entfernte sich, hielt, in das Brummen einer Schmeißfliege verwandelt, noch lange an und verlor sich dann. Alles, wie er vorausgesehen hatte. Als er weiter abstieg, musste er sich beherrschen, aus voller Kehle zu singen, bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nichts falsch gemacht.
    Doch die Freude war von kurzer Dauer, denn auf dem trockenen Sand konnte er in den Stiefeln kaum laufen.
    Spätestens nach zehn Metern wäre er kreuzlahm gewesen, andererseits war es ziemlich riskant, Richtung Wasser zu gehen, bis er auf feuchten, festen Sand stieß, denn da hatte er keine Deckung. Er setzte sich auf den Boden und versuchte, den ersten Stiefel auszuziehen. Der Schaft rutschte ein Stück den Schenkel hinunter, wollte aber partout nicht übers Knie. Montalbano versuchte es im Stehen. Das ging erst recht nicht. Er schwitzte und fluchte. Schließlich steckte er die Absätze zwischen zwei Steine, die aus der Wand herausstanden, und befreite sich von den Stiefeln. Er ging barfuß weiter, in einer Hand die Drahtschere, in der anderen die Gummistiefel. Im Dunkeln übersah er ein Büschel Wildgräser, das ein einziger stacheliger Haufen war, und stieg drauf. Bestimmt hundert Stacheln bohrten sich fröhlich in seine Fußsohlen. Der Mut verließ ihn. Nein, er musste einfach zur Kenntnis nehmen, dass solche Unternehmungen nichts mehr für ihn waren. Am Rand des Grabens setzte er sich hin und zog die Stiefel wieder an; dabei brach ihm der kalte Schweiß aus vor Schmerzen, weil der Gummi über Dutzende von Stacheln schabte.
    Er ließ sich langsam in den Graben hinunter und war froh, dass er richtig geschätzt hatte: Das Wasser reichte ihm halb über die Oberschenkel, bis einen
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