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Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge

Titel: Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
Autoren: Andrea Camilleri
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ersten anonymen Brief bekommen. Im ganzen waren es zwischen Juni und September drei anonyme Briefe gewesen.
    »Kann ich sie sehen?« fragte Montalbano.
    »Ich habe sie verbrannt. Ich hebe keine Schweinereien auf.«
    In den drei anonymen Briefen - in bester Tradition aus Buchstaben zusammengesetzt, die aus Zeitungen herausgeschnitten waren - stand immer dasselbe: Ihr Mann Arelio empfange dreimal die Woche, montags, mittwochs und freitags, eine liederliche Tunesierin namens Karima, die als Nutte bekannt war. Diese Frau komme entweder vormittags oder nachmittags an den ungeraden Wochentagen. Manchmal kaufe sie, was sie zum Putzen brauche, in einem Geschäft in der gleichen Straße, aber jeder wisse, daß sie Signor Arelio besuche, um unanständige Sachen zu machen.
    »Hatten Sie Gelegenheit zu… zu einer Überprüfung?« fragte der Commissario diplomatisch. »Ob ich mich auf die Lauer gelegt habe, um zuzuschauen, wie diese Schlampe im Büro meines Mannes ein- und ausgeht?«
    »Auch.«
    »Ich gebe mich für so etwas nicht her«, sagte die Signora stolz. »Aber Anhaltspunkte hatte ich schon. Ein schmutziges Taschentuch.«
    »Lippenstift?«
    »Nein«, überwand sich die Witwe zu sagen und errötete leicht.
    »Und eine Unterhose«, fügte sie nach einer Pause hinzu und errötete noch mehr.
    Als Montalbano und Galluzzo in der Salita Granet ankamen, waren die Geschäfte in der kurzen Straße schon geschlossen. Die Nummer 28 gehörte zu einem kleinen Häuschen: Erdgeschoß, drei Stufen über dem Straßenniveau, erster und zweiter Stock. Neben der Haustür waren drei Schilder angebracht, auf einem stand: LAPECORA, A URELIO IMPORT- EXPORT ERDGESCHOSS, auf dem zweiten: NOTARIAT CANNATELLO, O RAZIO, und auf dem dritten: ANGELO BELLINO STEUERBERATER 2. ETAGE.
    Mit dem Schlüssel, den der Commissario aus Lapecoras Wohnung mitgenommen hatte, gelangten sie in das Büro. Der erste Raum war das eigentliche Büro: ein großer Schreibtisch, schwarzes Mahagoni, aus dem neunzehnten Jahrhundert, ein Tischchen mit einer Olivetti aus den vierziger Jahren, vier hohe metallene Regale, die mit alten Aktenordnern vollgestopft waren. Auf dem Schreibtisch stand ein funktionierendes Telefon. Fünf Stühle waren im Büro, aber einer war kaputt und lag umgedreht in einer Ecke. Im Zimmer nebenan… Das Zimmer nebenan - das mit der dunkelgrünen Tapete - schien nicht zur selben Wohnung zu gehören: blitzsauber, großes Bettsofa, Fernseher, Zweittelefon, Stereoanlage, Rolltischchen mit verschiedenen Spirituosen, Minikühlschrank, über dem Sofa ein schauerlicher weiblicher Akt, Hauptsache Hintern. Neben dem Sofa stand ein niedriges Möbel mit einer Lampe in nachgemachtem Jugendstil, die Schublade vollgestopft mit Präservativen aller Art.
    »Wie alt war der Tote?« fragte Galluzzo. »Dreiundsechzig.«
    »Alle Achtung!« Galluzzo pfiff anerkennend. Das Bad war wie das dunkelgrüne Zimmer: blitzblank. Anatomisch geformtes Bidet, Wandfön, Badewanne mit Dusche, ein großer Spiegel.
    Sie gingen in den ersten Raum zurück. Sie durchwühlten die Schubladen des Schreibtisches, blätterten in ein paar Aktenordnern. Die letzte Korrespondenz lag mindestens drei Jahre zurück.
    Über ihnen, in der Kanzlei des Notars Cannatello, hörten sie Schritte. Der Notar sei nicht da, teilte ihnen der Sekretär mit, ein Mann um die Dreißig, spindeldürr und traurig. Er sagte, der selige Signor Lapecora sei nur zum Zeitvertreib ins Büro gegangen. An den Tagen, an denen er dagewesen sei, sei eine hübsche Tunesierin zum Putzen gekommen.
    Ach, das habe er ganz vergessen: In den letzten Monaten sei ziemlich häufig ein Neffe zu Besuch gewesen, zumindest habe der selige Signor Lapecora, als er ihnen einmal an der Haustür begegnet sei, ihn als solchen vorgestellt. Es handle sich um einen jungen Mann an die Dreißig, dunkelhaarig, groß, gut gekleidet, er fahre einen metallicgrauen BMW. Der Neffe müsse lange im Ausland gewesen sein, denn er spreche Italienisch mit einem eigenartigen Akzent. Nein, über das Nummernschild des BMW könne er nichts sagen, er habe nicht darauf geachtet. Plötzlich machte er ein Gesicht, als stehe er vor seinem von einem Erdbeben zerstörten Haus. Er sagte, er habe eine klare Meinung zu dem Verbrechen. »Nämlich?« fragte Montalbano.
    Es sei doch immer dasselbe: ein übler Bursche auf der Suche nach Geld für Drogen.
    Sie gingen wieder hinunter, und der Commissario rief vom Büro aus Signora Antonietta an.
    »Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß Sie
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