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Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers

Titel: Commissario Montalbano 01 - Die Form des Wassers
Autoren: Andrea Camilleri
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Justizpalasts verloren, den der Vater des Ingenieurs entworfen und gebaut hatte.
    Um die Mittagszeit rief Montalbano bei der Mordkommission von Montelusa an und fragte nach der Inspektorin Ferrara. Sie war die Tochter eines ehemaligen Schulkameraden, der sich sehr jung verheiratet hatte. Ein sympathisches und intelligentes Mädchen, das es, weiß der Himmel, warum, hin und wieder bei ihm probierte. »Anna? Ich brauche dich.«
    »Was du nicht sagst!«
    »Kannst du dich am Nachmittag für ein paar Stunden freimachen?«
    »Ich werde es möglich machen, Commissario. Immer zu deinen Diensten, Tag und Nacht. Zu Befehl, oder wenn du möchtest, zu Willen.«
    »Dann hole ich dich also gegen drei bei dir zu Hause in Montelusa ab.«
    »Du läßt mein Herz höher schlagen.«
    »Ach, noch was, Anna: Zieh dich weiblich an.«
    »Hohe Absätze, Schlitz bis über die Schenkel?«
    »Ich meinte lediglich, daß du nicht in Uniform kommen sollst.«
    Beim zweiten Hupen trat Anna in Rock und Bluse aus der Haustür. Sie stellte keine Fragen, sondern beschränkte sich darauf, Montalbano auf die Wange zu küssen. Erst als das Auto in den ersten der drei Wege eingebogen war, die von der Landstraße zur Mànnara führten, begann sie zu sprechen.
    »Wenn du mich abschleppen willst, bring mich zu dir nach Hause. Hier gefällt es mir nicht.«
    An der Mànnara standen nur zwei oder drei Autos, aber die Insassen gehörten ganz offenbar nicht zum nächtlichen Kreis von Gegè Culotta. Es waren Studenten und Studentinnen, ganz normale Paare, die keinen besseren Platz gefunden hatten. Montalbano fuhr weiter bis ans Ende des Weges und bremste erst, als die Vorderreifen bereits im Sand steckten. Der große Strauch, neben dem Luparellos BMW gefunden worden war, befand sich ihnen gegenüber auf der linken Seite und war über den Weg, den sie gekommen waren, unmöglich zu erreichen. »Ist das die Stelle, an der sie ihn gefunden haben?« fragte Anna.
    »Ja.«
    »Und was suchst du?«
    »Das weiß ich selbst noch nicht. Komm, laß uns aussteigen.«
    Sie gingen in Richtung Strand, Montalbano faßte sie um die Taille, zog sie eng an sich, und sie legte lächelnd den Kopf an seine Schulter. Jetzt verstand sie, warum der Commissario sie abgeholt hatte. Sie spielten nur Theater, zu zweit waren sie nichts weiter als ein Liebespaar, das an die Mànnara gekommen war, um alleine zu sein. Anonym, sie würden keinerlei Aufsehen erregen. So ein Hurensohn, dachte sie im stillen. Es ist ihm scheißegal, was ich für ihn empfinde. Plötzlich blieb Montalbano stehen, den Rücken zum Meer gewandt. Die Macchia lag vor ihnen, war in Luftlinie etwa hundert Meter entfernt. Es gab keinen Zweifel: Der BMW war nicht über die kleinen Feldwege gekommen, sondern seitlich vom Strand her. Nachdem er in Richtung Macchia gedreht hatte, parkte er mit der Schnauze auf die alte Fabrik zu, genau in der entgegengesetzten Richtung also, in der alle anderen Autos, die von der Landstraße herkamen, notgedrungen stehen mußten, da es keinen Platz zum Wenden gab. Wer wieder auf die Landstraße wollte, mußte die Strecke wohl oder übel im Rückwärtsgang zurückfahren. Montalbano ging noch ein Stück, den Arm um Anna gelegt, mit gesenktem Kopf: Weit und breit keine Reifenspuren, das Meer hatte alles weggespült. »Und was machen wir jetzt?«
    »Zuerst rufe ich Fazio an, und dann fahre ich dich nach Hause.«
    »Commissario, darf ich dir ganz ehrlich etwas sagen?«
    »Natürlich.«
    »Du bist ein Scheißkerl.«

Vier
    »Commissario? Pasquano am Apparat. Würden Sie mir freundlicherweise mitteilen, wo zum Teufel Sie gesteckt haben? Ich such' Sie seit drei Stunden, im Kommissariat hatten sie keine Ahnung.«
    »Dottore, sind Sie sauer auf mich?«
    »Auf Sie? Auf die ganze Welt.«
    »Was hat man Ihnen angetan?«
    »Man hat mich gezwungen, Luparello den Vorrang zu geben, genau wie früher, als er noch unter den Lebenden weilte. Muß dieser Mensch auch als Toter vor allen anderen drankommen? Wahrscheinlich kriegt er auch noch auf dem Friedhof einen Platz in der ersten Reihe.«
    »Wollten Sie mir etwas sagen?«
    »Ich sage Ihnen schon mal im voraus, was Sie dann schriftlich von mir bekommen. Absolut nichts, der Selige ist eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Und das heißt?«
    »Ihm ist, um es mal volkstümlich auszudrücken, im wahrsten Sinne des Wortes das Herz geplatzt. Ansonsten war er gut beieinander. Nur die Pumpe funktionierte nicht, und eben die hat ihm den Garaus gemacht, wenn man auch auf
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