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Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe

Titel: Commissario Brunettis zwanzigster Fall - Reiches Erbe
Autoren: Donna Leon
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Brunettis Richtung, »könnt doch keinen vernünftigen Wein herstellen, und von allem anderen habt ihr auch keine Ahnung.« Er trank seinen Grappa aus, zog einen angewiderten Flunsch - so sorgfältig einstudiert, dass Brunetti mühelos einen Unterschied zwischen angewidert und regelrecht angeekelt machen konnte - und stellte das Glas auf den Tisch. Er sah Brunetti unverfroren ins Gesicht, als fordere er ihn auf, seinerseits einen weinkundigen Kommentar abzugeben, doch Brunetti ging nicht darauf ein und gab sich damit zufrieden, sein Glas zu leeren. Sosehr ihn dieses Essen mit Patta und Scarpa nach der Wiederkehr des Kellners verlangen ließ - oder nach der Wiederkunft [16]  Christi -, bewog ihn die Erkenntnis, dass der Abend dann noch länger würde, den zweiten Grappa auszuschlagen, so wie sein gesunder Menschenverstand ihn bewog, den von Scarpa ausgeworfenen Köder zu ignorieren.
    Brunettis stoische Reaktion - oder aber der Grappa, sein zweiter - stachelte den Tenente an, noch einmal nachzuhaken: »Ich begreife nicht, warum die friaulischen Weine so ...«, aber Brunettis Interesse an dem, was der Tenente zu offenbaren haben mochte, wurde vom Läuten seines telefonino abgelenkt. Wann immer er eine Einladung unmöglich ausschlagen konnte - wie die von Patta zu diesem Essen, bei dem sie über Kandidaten für eine Beförderung gesprochen hatten trug Brunetti vorsorglich sein telefonino bei sich, und oft kam die Erlösung durch einen Anruf Paolas, die ihn mit irgendeinem erfundenen häuslichen Drama zum sofortigen Aufbruch zwang.
    »Si«, antwortete er enttäuscht, als er sah, dass der Anruf aus der Zentrale der Questura kam.
    »Guten Abend, Commissario«, sagte eine Stimme, die er Ruffolo zuordnete. »Eben kam ein Anruf von einer Frau in Santa Croce. Sie hat eine Tote in ihrer Wohnung gefunden. Es gab Blutspuren, deshalb hat sie uns angerufen.«
    »In wessen Wohnung?«, fragte Brunetti, auch wenn das im Augenblick keine Rolle spielte; aber er konnte solche Unklarheiten nicht leiden.
    »Sie sagte, es war in ihrer eigenen Wohnung. Das heißt, in der Wohnung der Toten. Die Wohnung unter ihr.«
    »Wo in Santa Croce?«
    »Giacomo dell’Orio, Signore. Genau gegenüber der Kirche. Eins sieben zwei sechs.«
    [17]  »Wer ist vor Ort?«
    »Niemand, Commissario. Ich habe als Erstes Sie angerufen.«
    Brunetti sah auf die Uhr. Es war kurz vor elf, weit über die Zeit hinaus, die er mit diesem Essen hatte vergeuden wollen. »Versuchen Sie, Rizzardi aufzutreiben, und schicken Sie ihn hin. Und rufen Sie Vianello an - der müsste zu Hause sein. Lassen Sie ihn mit einem Boot abholen. Und trommeln Sie die Spurensicherung zusammen.«
    »Und Sie, Signore?«
    Brunetti hatte bereits den in seine Gene eingeprägten Stadtplan von Venedig konsultiert. »Zu Fuß bin ich schneller. Ich treffe mich mit den Leuten dort.« Dann fiel ihm noch ein: »Falls in der Nähe eine Streife unterwegs ist, schicken Sie die auch dorthin. Und rufen Sie die Frau an und sagen ihr, sie soll in der Wohnung nichts anfassen.«
    »Sie ist in ihre eigene Wohnung gegangen, um uns anzurufen. Ich habe ihr gesagt, sie soll dortbleiben.«
    »Gut. Wie heißt sie?«
    »Giusti, Signore.«
    »Wenn Sie mit der Streife sprechen, sagen Sie, ich bin in zehn Minuten da.«
    »Jawohl, Signore«, bestätigte der Polizist und legte auf.
    Vice-Questore Patta sah Brunetti neugierig an. »Etwas Unangenehmes, Commissario?«, fragte er in einem Ton, der Brunetti bewusst werden ließ, wie sehr sich Neugier von Interesse unterschied.
    »Ja, Signore. In Santa Croce wurde eine Tote aufgefunden.«
    »Und deshalb hat man Sie angerufen?«, unterbrach Scarpa, [18]  wobei er es gerade noch schaffte, das »Sie« nicht allzu unhöflich klingen zu lassen.
    »Griffoni ist noch nicht aus dem Urlaub zurück, und ich wohne am nächsten dran«, antwortete Brunetti ungerührt.
    »Natürlich«, meinte Scarpa und drehte sich nach dem Kellner um.
    Brunetti wandte sich an Patta: »Ich werde mir das mal ansehen, Vice-Questore.« Er setzte die Miene eines geplagten Beamten auf, den eine lästige Pflicht von seinem Vergnügen abhält, schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er gab Patta noch Gelegenheit zu einem Kommentar, aber der blieb stumm.
    Draußen überließ es Brunetti seinen Beinen, den Weg zu finden, nahm sein telefonino und rief zu Hause an.
    »Brauchst du moralische Unterstützung?«, fragte Paola statt einer Begrüßung.
    »Scarpa hat mir gerade erzählt, wir Norditaliener hätten keine Ahnung vom
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