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Commissaire-Llob 1 - Morituri

Commissaire-Llob 1 - Morituri

Titel: Commissaire-Llob 1 - Morituri
Autoren: Yasmina Khadra
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Verspätung habe, verliert sie die Nerven. Mina macht sich kaputt. Ihre Rundungen, die wie keine anderen meinen Pulsschlag mit ihrem Hüftschwung in Einklang gebracht haben, sind erschlafft. Ihr Herz klopft nur mehr vor Schreck und aus Wut.
    »Mach dir keine Sorgen, Liebling. Renkt sich alles wieder ein.«
    Gegen drei Uhr nachts schreckt mich das Telefon aus meiner Schlaflosigkeit. Ich hebe ab. »Hallo, Habibo!« bellt eine verstellte Stimme, »gute Arbeit geleistet. [* arab. Habib = Liebling, Schätzchen] Ich danke dir. Du hast mir einen Dorn aus dem Fuß gezogen … Geht’s gut, nicht zu müde? Wetten, du hattest gerade einen Alptraum?«
    »Gut, daß du angerufen hast. Ich wäre vor Angst fast gestorben.«
    »Ach ja …?« Er legt auf.
    Mina rührt sich unter der Bettdecke.
    »Wer war das?«
    »Ein klaustrophober Nachtschwärmer.« Sie richtet sich auf. Ihre Augen leuchten im Dunkeln.
    »Irgend jemand hat seit heute morgen dauernd angerufen.«
    »Schlaf weiter.«
    Ich taste auf dem Nachttisch herum, finde eine Zigarette, zünde sie an. Im Nebenzimmer phantasiert mein Jüngster zehn Sekunden lang vor sich hin und ist dann still. Die Nacht leuchtet bläulich durch die Fenstergitter. An einem gespenstischen Himmel sehnt sich ein Stück vom Mond nach seiner ganzen Fülle.
    Noch einmal das Telefon.
    »Da bin ich wieder, Habibo.«
    »Du hast die falschen Tabletten geschluckt, hab ich recht?«
    »Das ist eben meine Art. Es gefällt mir, mit der Beute zu reden, bevor ich sie kaltmache. Das bringt einen einander näher, man lernt sich kennen. Ich hasse es, jemanden umzubringen, den ich nicht kenne. Das hinterläßt den Nachgeschmack des Unfertigen … He, was willst du? Die Leute sind nicht alle gleich.«
    »Wer spricht denn da?«
    »Ganz sicher ist es kein Störgeräusch, Habibo.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Meine Freunde finden, daß ich keinen sehr ausgeprägten Sinn für Humor habe. Dem Kerl, den ich neulich darauf vorbereitet habe, erstochen zu werden, ist nichts Besseres eingefallen, um mein Mitleid zu erwecken, als zu erzählen, er hätte eine chronische Rachenentzündung.« Lachen aus dem Hörer. »Bist du noch da, Habibo? Warum hustest du nicht ein bißchen heftiger …« Lachen. »Ciao!«
    Meine Zigarette ist zwischen meinen Finger verglüht. Ich habe nichts gespürt. Ich setze mich auf und starre bis zum Morgengrauen das Telefon an. Habibo ruft nicht mehr an.
     
    »Du bist blaß«, teilt mir Mina am frühen Morgen mit.
    »Fang nicht wieder damit an, ich bitte dich.«
    Ich esse nur mit halbem Appetit. Mein Butterbrot bleibt mir im Hals stecken. Ich weiß nicht warum, aber mit einem Mal verursacht mir der Buttergeruch Brechreiz.
    In der Garage macht der Parkwächter dieselbe Bemerkung: »Sie sind blaß, Herr Kommissar.«
    »Ich habe zuviel Milch in meinen Kaffee getan.«
    Ich untersuche den Parkplatz, schaue unter die Autos, nähere mich meinem Zastava, kontrolliere die Griffe, ohne sie zu berühren, aus Vorsicht vor eventuellen Drähten, spähe unter die Motorhaube. Nicht die Spur einer Bombe.
    »Sind Sie sicher, daß alles in Ordnung ist?« fragt der Parkwächter interessiert.
    »Sind Sie Arzt?«
    »N-nnnein.«
    »Also was geht Sie das dann an?« Der Parkwächter zieht den Kopf ein und verschwindet.
    Ich setze mich hinters Steuer, nehme meinen ganzen Mut zusammen und drehe den Zündschlüssel. Der Motor heult sofort auf. Seltsamerweise. Für gewöhnlich ist er störrisch.
    Erst als ich den Schalthebel berühre, entdecke ich den Zettel am Rückspiegel:
    »Du bis tot, Habibo.«
    Wenn Bliss meinen schlimmsten Feinden erzählte, daß Llob ein Angsthase ist, der sich schon bei einer Kleinigkeit in die Hose macht, würde ihn niemand ernst nehmen. Trotzdem habe ich einen Stich lang das Gefühl, als würde der Himmel über mir zusammenbrechen.
     
    Habibo stößt im Büro wieder zu mir. »Hast du meine Nachricht gefunden?«
    » Du bist, das schreibt man mit t.«
    »Es ist ja nicht meine Sprache …«
    »Was willst du?«
    »Mich mit dir amüsieren. Ich war in der Garage. Ich hab mich halb totgelacht. Deiner armen Karre sind die Sicherheitsventile durchgebrannt. Du wirst dich fragen, wo ich mich versteckt habe, Habibo, hm? Du hast ja überall nachgeschaut. Das beweist, wie schlau ich bin. Ich hätte dich gut umbringen können. Ich hab’s nicht eilig. Ich werde dich leiden lassen. Du wirst mich noch anflehen, dich fertigzumachen. Ich liebe es, wenn man mich anfleht. Ich fahr da voll drauf ab. Manchmal lasse ich der
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