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Columbus

Titel: Columbus
Autoren: Waldtraut Lewin
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einsetzt, dass er, Colón, seine Titel zurückerhält - das müsste doch wirksam sein! -
    Â 
    Sie treffen sich in den Amtsräumen des Ministers, das gibt der Unterredung einen offiziellen Anstrich. Freilich wird der sonst bei allen Gesprächen anwesende Protokollant hinausgeschickt.
    Schweigend mustern sie einander. Nein, an ihnen beiden ist die Zeit nicht spurlos vorübergegangen. In Santangels pechschwarzen Bart mischen sich jetzt weiße Strähnen und die bitteren Falten von der Nase zu den Mundwinkeln sind tiefer eingekerbt als vorher. Und der andere - ein von Krankheit gezeichneter Mann mit erloschenen Augen.
    Â»Nun, Don Cristobal«, beginnt der Minister das Gespräch, »was verschafft mir die Ehre Eures Besuchs?«
    Â»Baruch Haschem!«, beginnt der Admiral, aber Santangel bremst ihn mit erhobener Hand. »Nicht in diesen Räumen!«, sagt er scharf und leise. Und fügt laut hinzu: »Gelobt sei Jesus Christus!«
    Â»In Ewigkeit, Amen!« Columbus bekreuzigt sich erschrocken. Santangel steht auf, schleicht mit leisen Schritten zur Tür und öffnet sie mit einem Ruck. Der Schreiber ist gerade damit beschäftigt, eine lose Schuhschnalle festzuziehen… Er sieht mit unschuldiger Miene auf, verbeugt sich und geht.
    Santangels Gesicht ist steinern. »Hier haben die Wände Ohren, wie Ihr seht! - Also noch einmal: Was verschafft mir die Ehre?«
    Â»Don Luis, ich erbitte Eure Gunst. Ihr allein habt die Macht, mir wieder zu dem zu verhelfen, was mir zusteht. In Gedenken an alte… Verbundenheiten: Nehmt Euch meiner an!« Er schüttelt das Haar aus dem Gesicht, hat den Kopf hoch erhoben.
    (Er hat verlernt zu bitten, denkt der andere. Hat zu lange nur befohlen.) Columbus betrachtet den Minister, der, die Hände auf dem Rücken verschränkt, gesenkten Kopfs im Raum auf und ab geht. Warum lässt er sich so viel Zeit mit seiner Antwort?
    Â»Herr Admiral«, sagt er schließlich, »als ich Euch damals auf Eure erste Reise schickte, hatten wir gewisse Punkte besprochen. Zugegeben, es waren teilweise Spekulationen. Es ist Euch jedoch nicht gelungen, die Erwartungen zu erfüllen, das wissen wir beide.«
    Columbus fährt auf. »Wie könnt Ihr so etwas...«
    Wieder stoppt der Minister seine Worte mit energisch erhobener Hand. »Ich gestehe Euch zu, dass Ihr gewisse Personen, wie wir es abgemacht hatten, vertragsgetreu nach den Kanarischen Inseln befördert habt. Aber es gab noch zwei andere Punkte: Ihr verspracht zu Beginn und am Ende der Reise reichen Profit für die Krone und mich. Nun, es hat sich bisher gerade so rentiert, mehr nicht. Aber von den anderen Entdeckungen, die zu machen Ihr angedeutet habt, ist nichts mehr zu hören noch zu sehen.«
    Columbus ist die Röte ins Gesicht gestiegen. »Don Santangel, meine Entdeckungsfahrten sind noch nicht am Ende! Ich habe den Großkhan noch nicht getroffen, ich war noch nicht bis Kathay vorgedrungen! Also konnte ich weder die Reichtümer finden noch das, wovon Ihr sprecht! Auf meiner nächsten Fahrt...«
    Â»Colón, glaubt Ihr im Ernst, man wird Euch noch einmal hinausschicken? Längst sind andere unterwegs. Männer, die auf Eurer ersten Reise Schiffsführer und Steuermänner waren, fahren jetzt die gleiche Route auf eigene Rechnung - und mit mehr Erfolg als Ihr, verzeiht schon!«
    Â»Aber ich weiß, dass ich sie finden werde!« Er dämpft die Stimme zu einem Flüstern. »Sie sind dort drüben - die jüdischen Königreiche!«
    Â»Es müsste wirklich bald geschehen«, sagt Santangel bitter. »Denn was hier geschieht…« Plötzlich vergisst er alle Vorsicht. Er ist dicht vor dem anderen, packt ihn an den Aufschlägen des Mantels. »Ihr sitzt da drüben und lasst Wilde schikanieren oder Ihr hockt hier in den Mauern eines Klosters und fresst Euren Groll in Euch hinein. Und dabei verschließt Ihr Augen und Ohren für das, was unseren Brüdern hier in Spanien geschieht! Torquemada ist nach wie vor der mächtigste Mann nach den Majestäten - und täglich lodern die Scheiterhaufen. Täglich überführt man Conversos der Ketzerei! Ganz Spanien ist eine Hölle für alle, die einmal den Alten Bund bekannt haben. Glücklich die, denen es gelungen ist, dies Land zu verlassen! Auch nach dem 2. August 1492 wird weiter nach Ketzern gesucht - und jeder, der keine ›limpieza de sangre‹ vorweisen kann,
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