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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga
Autoren: James A Michener
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hier hat mein Vorfahr Pasquinel Mercy gedient, bevor er mit General Custer zum Little Bighorn zog.«Als wir die Grenze nach Colorado passierten, holte Garrett tief Atem. »Es ist doch schön, wieder daheim zu sein«, sagte er. Über Sandstraßen gelangten wir zu der zugrunde gegangenen Stadt Line Camp, von der nur noch der Getreidesilo und die zwei von Jim Lloyd vor mehr als hundert Jahren errichteten Steinhäuser übrig waren. Wo war die Tafel mit der prahlerischen Aufforderung: »Seht uns beim Wachsen zu!« Wo war die Bibliothek und die Bank und Reploges Lebensmittelgeschäft? Wo war die Niederlassung der Traktorenfabrik, die sechzig Traktoren im Jahr zu verkaufen pflegte? Vor allem aber, wo waren die so mühevoll erbauten Häuser, an welchen ihre Bewohner in den Jahren der Dürre unter so vielen Opfern festgehalten hatten?Sie waren fort, abgetragen bis zu den Kellern. Eine Stadt, in der es eine Zeitung und ein ganzes Dutzend gutgehender Geschäfte gegeben hatte, war vollständig verschwunden. Was blieb, das waren die kläglichen Trümmer enttäuschter Hoffnungen, und über diesen Trümmern kreisten die Falken am herbstlichen Himmel.Unser Wagen blieb vor einem der Steinhäuser stehen, und Garrett stieg aus, um an die Tür zu klopfen. Eine Weile sah es so aus, als ob niemand daheim wäre. Dann trat ein Greis mit verblassendem rötlichem Haar und tiefliegenden Augen über die Schwelle. Er war sechsundachtzig Jahre alt, aber er sprach und bewegte sich mit jugendlichem Schwung, fast so, als ob das große Abenteuer erst vor ihm läge.»Paul Garrett, kommen Sie 'rein! Tim Grebe hat mir schon erzählt, daß Sie eine wunderschöne Mexikanerin geheiratet haben, und wie ich sehe, hat er mich nicht angelogen. Kommen Sie 'rein! Kommen Sie 'rein!«Er führte uns in die Amtsstube, in der er einst mitgeholfen hatte, hundertneunzigtausend Morgen Trockenbodenland zu verschenken, und von der aus er zusehen mußte, wie die vom Schicksal Geschlagenen gezwungen worden waren, ihr Land aufzugeben. Mit fester Stimme sprach er von diesen fernen Zeiten, von den reichlichen Regenfällen vor den furchtbaren Jahren der Dürre. Sein Gedächtnis ließ ihn kaum jemals im Stich, und er konnte sich noch gut an die meisten Familien erinnern.»Was war eigentlich von allem, was damals passiert ist, das Schrecklichste?« fragte Garrett. Wie immer die Feiern gestaltet werden mochten, die Colorado zu seinem Geburtstag vorbereitete, Garrett würde darauf bestehen, daß auch der tragischen Ereignisse gedacht wurde, denn auch sie waren ein Teil der Geschichte und durften nicht der Vergessenheit anheimfallen.Bellamy starrte aus dem niederen Fenster des Hauses und überlegte seine Antwort so lange, daß ich schon fürchtete, er hätte die Frage nicht gehört. »War es die Tragödie mit den Grebes?« fragte Garrett.»Nein«, erwiderte Bellamy schroff, so als hätte er diese Möglichkeit schon erwogen und abgetan. »Ich erinnere mich da an eine an sich belanglose Episode, aus der sich auch keine Konsequenzen ergaben. Aber es war ein schrecklicher Augenblick. Die Farmer waren damals am Verhungern. Der Staub lag fingerdick in den Räumen. Wir hatten alle Hoffnung verloren. Und dann kam Dr. Thomas Dole Creevey zu Besuch. Was war das doch für ein großartiger Mann! Er ging zu jedem einzelnen Bauern hin, den er dazu überredet hatte, hierher zu kommen. Er wanderte mit ihnen über die Felder und versicherte ihnen, daß die guten Jahre wiederkommen würden. Er gestand seine Irrtümer ein und nahm sich insbesondere der Frauen an, denen er neuen Mut zusprach.«»Was war denn daran so schrecklich?« fragte Garrett.»Er hielt eine Versammlung ab und kam dann nachher allein hierher. Er fiel in diesen Lehnsessel, in dem Sie jetzt sitzen, und bat mich um ein Glas Wasser. Als ich es vor ihm auf den Tisch stellte, wandte er sich schaudernd ab und stieß, ohne das Glas zu berühren, einen durchdringenden Schrei aus. Er schlug die Hände vors Gesicht, sah aber dann zu mir auf und flüsterte: >Gott verzeihe mir, was ich diesen Menschen angetan habe.< Nach einer Weile faßte er sich wieder, und Miß Charlotte fuhr ihn nach Centennial zurück, aber das Glas Wasser rührte er nicht an.«Auf der kurzen Fahrt nach Venneford ließ Garrett seine Blicke über das wellige Hügelland gleiten, auf dem bereits der Winterweizen gepflanzt war. Er sah, daß alles so gekommen war, wie Dr. Creevey es vor fünfzig Jahren vorhergesagt hatte. Der Weizen blühte in der großen amerikanischen Wüste,
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