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Colorado Kid

Colorado Kid

Titel: Colorado Kid
Autoren: Stephen King
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tut.
    »Was genau glaubst du, dass passiert ist?«, fragte sie.
    »Nein, Steffi«, sagte Vince freundlich, aber entschieden. »Du rechnest immer noch damit, dass gleich Nero Wolfe oder Ellery Queen Arm in Arm mit Miss Marple aus dem Schrank getanzt kommen. Wenn wir wüssten, was passiert ist, wenn wir nur die geringste Ahnung hätten, dann hätten wir nicht lockergelassen. Scheiß auf den Boston Globe , dann hätten wir die Geschichte auf der Titelseite des Islander gebracht. Wir mögen 1981 kleine Journalisten gewesen sein und sind jetzt vielleicht kleine alte Journalisten, aber wir sind keine toten Journalisten. Eine gute Story macht mir immer noch Spaß!«
    »Mir auch«, versicherte Dave. Er war aufgestanden, wahrscheinlich in Gedanken bei den Rechnungen, hockte aber nun auf der Schreibtischkante und schwang das Bein. »Ich habe immer davon geträumt, dass wir eine Story entdecken, die in ganz Amerika gedruckt wird, aber den Traum werde ich wohl mit ins Grab nehmen. Los, Vince, sag ihr, was du glaubst. Sie erzählt es nicht weiter. Sie ist jetzt eine von uns.«
    Stephanie erschauderte vor Freude, ungewollt, aber Vince Teague schien es nicht zu bemerken. Er beugte sich vor und sah ihr in die hellblauen Augen. Seine Pupillen waren dunkler, von der Farbe des Meeres an einem sonnigen Tag.
    »Na gut«, sagte er. »Schon lange vor der Sache mit der Steuermarke fand ich, dass irgendetwas an seinem Tod und an der Art, wie Cogan hergekommen war, merkwürdig sei. Als ich erfuhr, dass er eine Schachtel Zigaretten dabeihatte, in der nur eine fehlte, obwohl er seit spätestens halb sieben auf der Insel war, begann ich, mir Fragen zu stellen. Den Leuten bei Bayside News bin ich richtig auf die Nerven gegangen.«
    Vince grinste bei der Erinnerung.
    »Jedem im Laden habe ich Cogans Bild gezeigt, selbst dem Jungen, der da fegt. Ich war überzeugt, dass Cogan die Packung dort gekauft hatte, sofern er sie nicht an einem Automaten in einem Laden wie dem Red Roof, dem Shuffle Inn oder Sonny’s Sonoco gezogen hatte. Damals nahm ich an, dass seine Packung leer war und er sich eine neue besorgte. Ich ging davon aus, dass er sie um kurz vor elf Uhr bei Bayside News gekauft haben musste, denn um elf machen die zu. Das hätte erklärt, warum er vor seinem Tod nur eine geraucht und nur ein Streichholz entzündet hatte.«
    »Bis du erfahren hast, dass er Nichtraucher war«, sagte Stephanie.
    »Genau. Cathcart bestätigte das. Langsam kam ich zu der Überzeugung, dass die Zigarettenschachtel eine Botschaft war: Ich komme aus Colorado, sucht mich dort.«
    »Das werden wir nie mit Sicherheit wissen, aber wir glauben beide, dass es so war«, erklärte Dave. 
    »Allmächtiger Himmel«, sagte Stephanie fast flüsternd. »Und, was bringt euch das?«
    Wieder schauten sich die Männer an und zuckten gleichzeitig mit den Schultern. »Nichts als Phantasie und Schneegestöber«, sagte Vince. »Kaum geeignet für einen Reporter vom Boston Globe . Aber es gibt ein paar Dinge, von denen ich völlig überzeugt bin. Willst du sie hören?«
    »Ja, sicher!«
    Vince sprach nun langsam und überlegt, wie ein Mann, der sich durch einen dunklen Tunnel tastet, den er schon oft gegangen ist.
    »Cogan wusste, dass er sich in einer so gut wie ausweglosen Situation befand und im Todesfalle nicht identifiziert werden könnte. Das wollte er nicht, wahrscheinlich weil er seine Frau nicht mittellos zurücklassen wollte.«
    »Deshalb kaufte er sich die Zigaretten in der Hoffnung, dass es keinem auffallen würde«, sagte Stephanie.
    Vince nickte. »Ah jo, und es funktionierte.«
    »Aber wer war derjenige, dem es nicht auffallen sollte?«
    Vince dachte nach, dann fuhr er fort, ohne auf Stephanies Einwand einzugehen. »Er fuhr mit dem Aufzug nach unten, verließ das Gebäude. Draußen wartete ein Auto auf ihn, das ihn zum Flughafen Stapleton brachte. Entweder stand es direkt vor dem Bürogebäude oder um die Ecke. Vielleicht saßen nur er und der Fahrer drin, es kann aber auch ein Dritter dabei gewesen sein. Das werden wir nie erfahren. Du hast eben gefragt, ob Cogan seinen Mantel trug, als er das Büro verließ, und ich sagte dir, dass George, der Zeichner, sich nicht erinnern konnte, aber Aria erwähnte, sie hätte den Mantel nie wieder gesehen, also trug er ihn vielleicht. Wenn ja, dann hat er ihn im Wagen oder im Flugzeug ausgezogen. Ich glaube, er hat auch die Anzugjacke abgelegt. Entweder gab ihm jemand stattdessen die grüne Jacke oder sie lag schon für ihn
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