Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
COLLECTION BACCARA Band 0285

COLLECTION BACCARA Band 0285

Titel: COLLECTION BACCARA Band 0285
Autoren: Leanne Banks , Sandra Marton , Anne Oliver
Vom Netzwerk:
undiszipliniert ist“, antwortete Miss Crispin trocken.
    „Undiszipliniert? Sie muss wohl …“ Lincoln zögerte. Undiszipliniert? Er runzelte die Stirn. Auch wenn er nicht viel über Babys wusste, so war es doch sehr verwunderlich, dass ein vier Monate altes Baby undiszipliniert sein konnte. „Sind Sie sich da sicher?“
    „Ich bin nun schon seit vierzig Jahren Kindermädchen, Mr. Aldridge. Deshalb merke ich sofort, wenn ein Kind undiszipliniert ist.“
    Lincoln musterte die Kleine. Ihr Gesicht war hochrot. Die Gelenke waren geschwollen. Er wurde immer besorgter. „Vielleicht ist sie hungrig.“
    „Ich habe ihr einen Viertelliter Säuglingsmilch gegeben. Genauso viel, wie empfohlen wird.“ „Und was ist mit ihrer Windel? Vielleicht muss sie ja gewechselt werden.“
    „Nein.“
    „Oder ihr ist zu warm oder zu kalt. Könnte sie Schmerzen haben?“
    Miss Crispin sah ihn verständnislos an. „Ihr fehlt bloß etwas Disziplin. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.“
    „Und was bedeutet das?“
    „Es bedeutet, dass wir einfach abwarten, bis sich ihr Wutanfall gelegt hat. Gute Nacht, Sir.“
    Lincoln nickte. „Wie Sie meinen. Gute Nacht.“
    Er drehte sich um und verließ den Raum. Als er auf halbem Weg zu seinem Zimmer war, blieb er stehen. Das Baby weinte immer noch. Aber aus dem Brüllen war nun ein Wimmern geworden, was ihn noch mehr beunruhigte.
    Hätte Kathryn ihre Tochter so im Stich gelassen? Und hätte sie alles bloß als einen Wutanfall abgetan?
    Lincoln drehte sich wieder um und ging zum Kinderzimmer zurück, wo Miss Crispin ihn missmutig empfing.
    „Warum nehmen Sie Jennifer nicht auf den Arm?“, fragte er, worauf sie ihn ansah, als ob er Urdu spräche. „Sie wissen schon. Holen Sie sie aus dem Bett, und halten Sie sie auf dem Arm, damit sie sich beruhigt.“
    „Man sollte schlechtes Benehmen nicht auch noch belohnen.“
    „Nein, natürlich nicht. Ich meine nur …“
    Was zur Hölle hatte das jetzt wieder zu bedeuten? Plötzlich erinnerte Lincoln sich an längst vergangene Zeiten. Er sah Kathryn vor sich, wie sie weinend in einer Ecke kauerte. Damals war er etwa siebzehn und sie somit sieben Jahre alt gewesen. Sie hatte geweint, weil ein Kind sich über ihren übergroßen Wintermantel lustig machte, den Lincoln ihr von der Heilsarmee mitgebracht hatte. Und sie hatte erst mit dem Weinen aufgehört, als er sie in den Arm genommen und beruhigend auf sie eingeredet hatte.
    Lincoln ging zum Bett. Er zögerte, hob das Baby hoch und nahm es auf den Arm. Es war das erste Mal, dass er seine Nichte hielt, seit die Sozialarbeiterin sie ihm in die Arme gelegt hatte.
    Das ist die Tochter Ihrer Schwester, hatte sie gesagt.
    In diesem Moment hatte er sich endgültig mit Kathryns Tod abgefunden. Er wusste, dass er sie nie wieder umarmen und trösten konnte. Aber für ihre Tochter konnte er das noch tun.
    Nun musterte er seine unglückliche Nichte und wiegte sie in den Armen. Er streichelte ihre Wange und redete beruhigend auf sie ein.
    Jennifer war so süß. Das war ihm vorher nie richtig aufgefallen. Aber in diesem Moment, während er seiner Nichte so nah war, beschloss er, dass er eine engere Beziehung zu ihr aufbauen wollte.
    „Das kann ich nicht zulassen, Mr. Aldridge“, protestierte Miss Crispin. „Sie untergraben meine Autorität in Anwesenheit des Kindes.“ Ihre Miene sagte ihm, dass er ein unentschuldbares Verbrechen begangen hatte.
    „Das Baby hat einen Namen“, sagte er entschlossen.
    „Das ändert die Angelegenheit auch nicht.“
    „Sie heißt Jennifer, falls Sie das vergessen haben sollten.“
    „Ihr Name ist irrelevant.“
    Das war er eben nicht. Aber auch Lincoln musste sich eingestehen, dass er seine Nichte noch nie mit ihrem Namen angesprochen hatte. Das würde er ab sofort ändern.
    „Mr. Aldridge, das Baby muss seine Lektion lernen. Wenn Sie das Kind nicht zurück ins Bett legen, dann werde ich meine Kündigung einreichen müssen.“
    Lincoln betrachtete Jennifer liebevoll. Sie weinte nicht mehr und sah ihn ruhig an.
    „Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?“, vergewisserte Miss Crispin sich.
    „Ja, das habe ich. Und ich nehme Ihre Kündigung an.“
    Sie seufzte. Lincoln fühlte sich erleichtert. Er wollte sich nicht von Miss Crispin einreden lassen, dass er etwas Falsches getan hatte. Immerhin schien es Jennifer nun besser zu gehen.
    „Warten Sie einen Moment“, sagte er, als sein Handy zu klingeln begann. Vorsichtig legte er Jennifer auf einen Arm und holte mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher