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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: T. M. Goeglein
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erkennen, dass Gina die Wahrheit gesagt hatte; sie tratschte so viel, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, worauf genau sich Miss Raupe bezog. Und dann wurde mir klar, dass das sowieso gar keine Rolle spielte; wahrscheinlich hatte Gina überhaupt nichts gesagt. Die drei Musketerrors wollten nur ein paar kleinere Mädchen fertigmachen, und wer eignete sich besser dazu als eine zierliche, herausgeputzte Klatschbase und ihr dürrer Schatten. Gina flüchtete sich in das, was sie am besten konnte – sie fing an zu reden und begann freundliche Nettigkeiten von sich zu geben, die einfach nur die Lage entspannen sollten. Leider vermittelte das den Eindruck, als wollte sie wieder nur Klatsch verbreiten, und bevor sie ihren Satz vollenden konnte – »und außerdem wollten wir ja auch gar nicht, dass das die Runde macht« –, schlug ihr Miss Raupe mit voller Wucht auf den Mund. Gina stöhnte und verlor das Gleichgewicht, stolperte gegen eine der Rothaarigen, die sie packte und ihr einen Stoß gab, damit sie zu der anderen hinübertaumelte, die sie dann wieder zu Miss Raupe schubste. Die nahm Gina in den Schwitzkasten, und ich sah, dass sich die Tränen meiner Freundin mit einer dünnen Blutspur vermischten, die von ihrer Lippe rann.
    Ich wusste, dass ich rein vom Anblick her keine Bedrohung darstellte.
    Damals war ich in jener Wachstumsphase, in der alles an meinem Körper nicht so recht zusammenzupassen schien – lange, dünne Arme, dickes, buschiges Haar, und meine Nase zeigte die ersten Anzeichen dafür, dass sie schon bald ziemlich wachsen würde. Außerdem hatte ich die Kunst perfektioniert, wie ein Chamäleon Teil der Kulisse um mich herum zu werden. Aber jetzt wandte sich Miss Raupe an mich, grinste mich mit wachsartigen Zähnen an, schleuderte Gina ein wenig herum und schnauzte: »Was ist mit dir, Bohnenstange? Dafür, dass du so ’ne großmäulige Freundin hast, sagst du ja nicht gerade viel.« Sie war mir so nahe, dass ich die kleinen Pünktchen in ihren Augen sah, dunkel und wild, die schon in Vorfreude auf eine kleine Schlägerei funkelten.
    »Uh-Oh«, murmelte ich und musste an ein Sparring denken, das gründlich in die Hosen gegangen war. Unwillkürlich kam mir Willys Grundsatz in den Sinn, dass man fliehen sollte, wenn einem eine sichere Abreibung bevorsteht, und genau das hätte ich am liebsten getan. Doch dann erkannte ich erschauernd, wie groß, gemein und kaputt diese Mädchen waren. Sie wollten Gina und mir richtig wehtun. Natürlich wollte ich meine Freundin nicht im Stich lassen, aber ich wurde immer nervöser, so stark war der Impuls, einfach abzuhauen.
    »Na guck mal, die ist ja gar nicht stumm«, sagte Miss Raupe und drückte Ginas Kehle noch mehr zusammen, während sie eine Zigarette hervorzog und sie sich zwischen die dicken Lippen schob. »Uh-oh trifft es auf den Punkt, Prinzessin«, zischte sie und schlug Gina hart ins Gesicht: »Uh-oh« – wamm! »Uh-oh« – wamm! Bis Ginas Gesicht heiß und rosa war und die Tränen still aus ihren Augen quollen. Ihr Blick fand mich, als sie hilflos an Miss Raupes Armen zerrte, die sie immer noch umklammerten, und es waren ihre Augen, voll lähmender Angst und dem Gefühl, in der Falle zu sitzen, die in mir die kalte, blaue Flamme wieder aufflackern ließen.
    Sie war stärker, als sie es noch zwei Jahre zuvor gewesen war, und fühlte sich eher so an, als ob sie meinen Körper und mein Gehirn umfing, als ob sie in dieser Zeit ebenso gewachsen war wie ich. Sie flackerte nicht so hoch auf, dass sie meine Augen erreicht hätte, wurde aber doch ziemlich groß, und so sehr sie mich einerseits auch beruhigte, brachte sie mich andererseits auch ziemlich in Wut.
    Bevor ich mir selbst Einhalt gebieten konnte, räusperte ich mich und erklärte: »Lass sie los, oder ich trete dir so richtig in den Hintern. Das meine ich ernst.«
    Miss Raupe grinste mich auf eine Art und Weise an, wie es jemand tut, der gerade eine freudige Überraschung erlebt. Sie schubste Gina zu Boden, zog sich die Jeans hoch und zündete sich ihre Zigarette an. Dann beugte sie sich zu mir, blies mir übelriechenden Rauch ins Gesicht und kam mir dann mit der Glut gefährlich nahe. Ich spürte die Wärme an meiner Wange, als sie zischte: »Was willst du machen, du Saftarsch? Spuck’s aus, bevor ich dir meine Anfangsbuchstaben in deine …« Und jetzt war sie es, die ihren Satz nicht zu Ende sprechen konnte, denn erst krachte meine linke Faust zweimal auf ihre Nase, dann noch einmal meine
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