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Coffee, Love & Sugar - Roman

Coffee, Love & Sugar - Roman

Titel: Coffee, Love & Sugar - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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in solchen Momenten.
    Ich habe mich in meinem Leben vielleicht nur ein einziges Mal noch einsamer gefühlt, und das war der Tag, an dem ich ein Taxi gerufen und mich vom Krankenhaus allein nach Hause fahren ließ. Justin konnte sich nicht von seinem Lacrosse-Spiel mit dem Hauptgegner der Schule losreißen. Er konnte sich ja noch nicht mal dazu aufraffen, das Geld zu besorgen oder zumindest etwas beizusteuern, deswegen verstehe ich gar nicht, warum ich überhaupt überrascht oder enttäuscht war.
    Es war fast schon ein Jahr her, seit die Scheiße passiert war. Es hatte im letzten September begonnen, als wir nach einem Sommer getrennt voneinander wieder ins Internat zurückkamen und die Hände nicht voneinander lassen konnten. Beim ersten Mal nach dem Wiedersehen ließen wir uns noch nicht mal Zeit für Verhütung – es war uns egal. Und am nächsten Morgen wusste ich: Ärger. Ich spürte es einfach. Anfang Oktober konnte ich die Veränderungen an meinem Körper nicht mehr leugnen: meine Brust wurde größer, dazu morgendliche Übelkeit, ein zunehmendes Gefühl von Panik und Hysterie, das ich mit niemandem teilen konnte.
    Ich war gerne Justins Freundin gewesen. Ich wollte diesen Ärger nicht. Ich machte mir sicher nicht vor, wir wären verliebt – selbst damals begriff ich den Unterschied zwischen Liebe und Lust, obwohl ich die Sache mit der Liebe noch vor mir hatte –, aber es gefiel mir, wenn ich mit Justin zusammen war. Ich war jemand. Ich war nicht das seltsame Mädchen mit dem ernsten Gesicht und dem merkwürdigen Benehmen. Ich war ein hübsches Mädchen, das andere in die Mannschaft wählten und zu dem man sich beim Mittag an den Tisch setzte, das Mädchen, das an der Mannschaftsjacke des so ziemlich beliebtesten Jungen der Schule hing. Ich wurde bewundert. Die Drogen und den Alkohol hätte ich nicht gebraucht, aber die gehörten zum Justin-Paket dazu, und ich war bereit, diesen Preis zu bezahlen. Glaubt mir, ich war das Mädchen, bei dem ich jetzt »igitt« rufen würde, wenn ich es auf der Straße sehen würde.
    Als ich es ihm sagte, kam als Erstes: »Aber du weißt doch, dass ich nach Princeton oder so gehen will. Mein Dad bringt mich um.« Nicht: »Wie geht es dir ?« Nicht: »Wie wollen wir mit der Sache umgehen?« Es ging nur um ihn.
    Eines nur machte er tatsächlich für mich: Er sorgte dafür, dass dieses achtzehnjährige Mädchen mir ihre Geburtsurkunde lieh. Ich gab ihm ein Foto von mir und er schaffte einen gefälschten Ausweis mit ihrem Namen herbei. Genau genommen steht also in den Akten, dass eine gewisse Allison Fromme zwei Monate nach ihrem achtzehnten Geburtstag mit ihrer Geburtsurkunde und einem Ausweis mit Foto als Beweis alleine im Krankenhaus auftauchte und keine weitere Einwilligungserklärung ihrer Eltern brauchte, um ein ungewolltes Baby aus ihrem Körper entfernt zu bekommen.
    Danach fragte die Frau im Krankenhaus: »Ist jemand hier, der dich nach Hause bringt?«, und ich zeigte auf ein Auto, das draußen an der Bordsteinkante parkte und – wie ich wusste – auf ein Mädchen wartete, das gleichzeitig mit mir hineingegangen war. Ich sagte: »Da ist meine Mitfahrgelegenheit«, und ich wäre gerne hinausgerannt, aber mit den Krämpfen in meinem Bauch fiel mir das Gehen schwer. Also hinkte ich halbwegs zum 7-Eleven auf der anderen Straßenseite und rief ein Taxi, das mich zurück ins Internat brachte. Und wenn ich hinzufügen darf: Das war nicht das erste Mal, dass dieser Taxifahrer ein Mädchen bei diesem 7-Eleven aufgelesen und zurück zu dem schicken Internat gefahren hat. Es war einfach offensichtlich, so wie er immer wieder im Rückspiegel mein blasses Gesicht musterte und fragte: »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Das war das einzige Mal, dass ich weinte. Auf dem Rücksitz dieses Taxis, als mir bewusst wurde, dass sich der Taxifahrer mehr Sorgen um mich machte als Justin.
    Es ist komisch, wenn man bedenkt, dass Nancy mich in der Hoffung aufs Internat schickte, dort würde ich auf die rechte Bahn kommen, die richtigen Leute kennen und schätzen lernen, was mir alles gegeben wurde. Und was mich dann letztlich auf die rechte Bahn gebracht und mir wieder Hoffnung und Leben eingeflößt hat, war das Nachhausekommen.

Kapitel 36
    Ich glaube, ich lag stundenlang im Bett wie im Koma. Bei dem Versuch, den Schmerz der Erinnerungen wegzudrängen und an gar nichts zu denken, verlor ich jegliches Zeitgefühl. Gegen acht Uhr abends schlief ich schließlich ein, und als ich am nächsten Morgen um
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