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Coelho,Paul

Coelho,Paul

Titel: Coelho,Paul
Autoren: Schutzengel
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meine Frustration
aushalten. Es würde viel schlimmer werden als die paar Tage, die ich gebraucht
habe, um herauszufinden, wie die Wette aussehen würde.<
    Er durchstöberte ihre Sachen: Der
Schlüssel war in dem Gürtel, in dem sie ihren Pass und ihr Geld verwahrte. Da
fiel ihm das Versprechen ein, das sie ihm abgefordert hatte: sich nicht unnötig
in Gefahr zu begeben. All das könnte eine Warnung sein. Er hatte gelernt, dass
niemand in die Wüste hinausging, ohne wenigstens Bescheid zu sagen, wohin er
ging. Selbst wenn man wusste, dass man schnell wieder zurück sein würde, selbst
wenn man wusste, dass der Ort nicht weit entfernt lag (selbst wenn der Wagen
eine Panne hatte, könnte er zu Fuß zur Straße zurückkommen), beschloss er
doch, kein Risiko einzugehen. Schließlich hatte er einen Schwur getan.
    Er legte die Landkarte aufs
Waschbecken. Und zog mit dem Rasierschaum einen Kreis um eine Stelle: Glorieta Canyon.
    Mit dem Rasierschaum schrieb er
dann auch noch an den Spiegel: ich werde keinen fehler machen . Dann zog
er seine Turnschuhe an und ging hinaus.
    Als er den Wagen starten wollte,
stellte er fest, dass der Schlüssel im Schloss steckte.
    >Sie scheint einen
Zweitschlüssel angefertigt zu haben<, dachte er. >Was hat sie sich wohl
dabei gedacht? Dass ich sie mitten in der Wüste zurücklassen würde?<
    Da fiel ihm Tooks seltsames Verhalten ein, als er die Taschenlampe im Wagen vergessen hatte.
Weil er den Schlüssel gesucht hatte, war ihm eingefallen, die Angabe über den
Ort, den er aufsuchen wollte, zurückzulassen. Sein Engel tat wirklich alles,
damit er alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen traf!
    Die Straßen von Borrego Springs waren verlassen. >Nicht viel anders als
am Tag<, dachte Paulo. Er erinnerte sich an die erste Nacht, die sie da
verbracht hatten, wie sie sich in der Wüste auf den Boden gelegt und sich ihre
Engel vorgestellt hatten. Damals war es ihm nur darum gegangen, mit ihnen zu
sprechen.
    Er bog nach links ab, verließ die
Stadt und fuhr in Richtung Glorieta Canyon. Die
Berge lagen links von ihm - die Berge, die sie beide im Wagen hinuntergefahren
waren, nachdem sie herausgefunden hatten, dass die Wüste unvermittelt, ohne
Vorwarnung anfing. >Damals<, dachte er und machte sich bewusst, dass
seitdem gar nicht so viel Zeit vergangen war. Gerade 38 Tage!
    Aber auch seine Seele war wie die
von Chris viele Male in dieser Wüste gestorben. Er war hinter einem Geheimnis
her, das er bereits kannte. Er hatte gesehen, wie sich die Sonne in die Augen
des Todes verwandelt hatte, war Frauen begegnet, die wie Engel und Dämonen
zugleich wirkten. Er war in die Finsternis zurückgekehrt, die er glaubte,
vergessen zu haben. Er hatte herausgefunden, dass er, obwohl er so viel von
Jesus gesprochen hatte, dessen Vergebung nie akzeptiert hatte.
    Er war auch seiner Frau begegnet -
genau in dem Augenblick, als er glaubte, sie für immer verloren zu haben. Denn
(und das durfte Chris niemals erfahren) er hatte sich in Vahalla verliebt.
    Und dann hatte er den Unterschied
zwischen Verliebtheit und Liebe begriffen. Wie das Reden mit den Engeln war
auch das ganz einfach.
    Vahalla war Teil
der Welt seiner Phantasien, die kriegerische Frau, die Jägerin, die mit den
Engeln sprach und immer bereit war, sich Gefahren zu stellen, um ihre eigenen
Grenzen zu überschreiten. Paulo war für sie der Mann gewesen, der den Ring der
Mondtradition trug, der Magier, der okkulte Mysterien kannte, der Abenteurer,
der imstande war, alles aufzugeben und auf die Suche nach den Engeln zu gehen.
Und sie würden immer voneinander fasziniert sein - solange jeder genau das
blieb, was sich der andere vorstellte.
    Das war Verliebtheit: sich das
Bild eines anderen schaffen, ohne ihm zu sagen, wie dieses Bild aussieht.
    Doch eines Tages, wenn sie durch
ihre Vertrautheit ihre wahre Identität entdecken würden, sähen sie hinter dem
Magier und der Walküre einen Mann und eine Frau. Mit besonderen Kräften,
vielleicht, oder mit besonderem Wissen, aber letztlich - dieser Realität würden
sie nicht entkommen - einen Mann und eine Frau. Mit dem Leiden, der Ekstase,
der Kraft und der Schwäche aller anderen Menschen.
    Und wenn einer von ihnen zeigen
würde, wie er wirklich war, würde der andere sich entfernen, denn es würde die
Zerstörung der Welt bedeuten, die sie sich geschaffen hatten.
    Er hatte die Liebe entdeckt, als
zwei Frauen sich am Rand eines Abgrunds mit Blicken maßen, während hinter ihnen
ein riesiger Mond schien. Liebe
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