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Codename Azteke

Codename Azteke

Titel: Codename Azteke
Autoren: Bill Vidal
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falsch
war – und schien offensichtlich die Verantwortung zu haben. Ihr großer dunkelhaariger Begleiter, gekleidet in Tweedsakko und Cordhose, wurde lediglich als Bandini vorgestellt.
    »Aber natürlich«, erwiderte der Chilene. »Von jetzt an wird in diesem Land wieder alles funktionieren.«
    Die Argentinier nickten zustimmend. Bald wird es in unserem Land genauso sein, vermuteten sie. Dieser Unsinn mit Perón konnte schließlich nur dazu führen, das Land in die Arme der Armee zu treiben. Und wir brauchen dazu nicht einmal Kugeln, dachten sie, wir übernehmen das Land auf Verlangen der Allgemeinheit.
    »Wir sollten Ihrem Beispiel folgen«, sagte Barros. Aber sie hatten nicht die Anden überquert, um über Politik zu sprechen. »Vielleicht können wir die Sache heute zum Abschluss bringen?«
    Der Kellner kam.
    »Etwas zu trinken?«, bot Sánchez an.
    Sie schüttelten beide den Kopf. »Vielleicht später.«
    »Nun gut.« Sánchez stand auf. »Vielleicht sollten wir uns an einen etwas privateren Ort zurückziehen.«
    Sie gingen in den zweiten Stock, in dem die Armee eine Suite reserviert hatte. Die Besucher setzten sich auf das Sofa, und Sánchez legte zwei rote Akten auf den Tisch, bevor er sich ihnen gegenüber in einem schweren Sessel niederließ und seinen Gästen bedeutete, die Akten zu nehmen. Auf beiden standen das Wort Hamelin und eine vierstellige Zahl.
    Sie sahen sich den Inhalt schweigend an, tauschten dann die Ordner und lasen weiter. Es war alles da, Geburtsdaten, medizinische Gutachten, Blutgruppen, Fotos.

    »Waisen?«, fragte die Frau.
    Sánchez nickte. Sie wussten alle, was das bedeutete. Im ersten Monat der Revolution waren bereits dreitausend Chilenen gestorben. Linke, Gewerkschaftler, Künstler. Manchmal kamen die Kinder zu Verwandten, manchmal, wenn niemand Anspruch auf sie erhob, in Waisenhäuser.
    Wie in jedem anderen Land gab es in den chilenischen Sozialämtern überlange Wartelisten für Adoptionen. Die Mittelklasse liebte weiße Babys. Die meisten ausgesetzten Säuglinge waren bestenfalls zur Hälfte Indios. Weiße Babys mit toten Eltern waren hochgeschätzt.
    Keine Bedenken, kein schlechtes Gewissen, keine Meinungsänderungen, die später das Leben einer Familie bedrohen würden.
    Die Babys dieser Nacht standen ganz oben auf der Wunschliste. Ein hellhäutiges, blauäugiges Mädchen mit einem entzückenden Lächeln und ein dunkelhaariger Junge mit jadegrünen Augen. Beide gesund und kräftig.
    »Sind sie verwandt?«, fragte Bandini.
    »Nein«, versicherte ihm Sánchez, und Bandini nickte zustimmend.
    »Können wir sie jetzt sehen?«, wollte Barros wissen.
    Sánchez nickte, griff zum Telefon und wählte eine interne Nummer. Einen Augenblick später stand er auf und ließ Capitán Baila ein. In jedem Arm trug die Schwester ein Baby.
    Barros nahm zuerst das Mädchen und betrachtete es mit ausgestreckten Armen. Das Baby lächelte, und Barros lächelte ebenfalls, dann zog sie es an sich und küsste das Kind liebevoll auf beide Wangen. Diese Übung wiederholte sie mit dem Jungen, der ein wenig verschreckt dreinsah.
Barros umarmte ihn mütterlich. Dann nickte sie anerkennend und reichte die Kinder wieder der Schwester.
    Sobald die Schwester die Suite verlassen hatte, widmeten sie sich dem Geschäft. Bandini öffnete seine Aktentasche, nahm einen dicken Briefumschlag heraus und reichte ihn Sánchez. Während der Chilene das Geld zählte, begann der argentinische Offizier mit der Arbeit.
    Er legte Ana Barros’ Pass auf den Tisch und fügte auf der Seite »Kinder« sorgfältig die beiden Fotografien ein, die er Major Sánchez’ Akten entnommen hatte.
    Als Namen wurden Juan José und María Luisa Bandini Barros eingetragen. Sie wurden als Zwillinge angeführt und waren nach dem Geburtsdatum, das man ihnen gegeben hatte, elf Monate alt.
    Danach nahm Bandini einen Stempel der Policía Federal und setzte ihn vorsichtig auf die Passseite, sodass er die Fotos zum Teil überlagerte. Mit einem weiteren Gummistempel fügte er dann die Unterschrift eines Sektionschefs der Ausweisbehörde hinzu.
    Als er damit fertig war, schob er den Pass Barros zu, um zu sehen, ob sie damit zufrieden war, und steckte ihn anschließend wieder in seine Aktentasche. Gleich darauf gingen die drei ins Hotelrestaurant hinunter. Sie aßen Suppe, gefolgt von überbackenen Cannelloni, und tranken Maipo Valley Cabernet.
    Sánchez redete ruhig, aber überzeugend von dem neuen Chile, das soeben geboren war. Die Argentinier nickten und
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