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Cocktail fuer einen Vampir

Cocktail fuer einen Vampir

Titel: Cocktail fuer einen Vampir
Autoren: Charlaine Harris
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Ich hatte vorher schon Enthauptungen gesehen, und sie sind so ziemlich das Entsetzlichste vom Entsetzlichen. Aber an Jannalynns erinnerte ich mich erst viel später wieder, weil ich zu dem am Boden liegenden Sam rannte, dessen Blut im Rasen bei der Terrasse versickerte. Ich hörte jemanden schreien und merkte, dassich es war. Alcide hockte sich neben mich und wollte nach Sam greifen, doch ich stieß ihn weg. Sam hatte die Augen weit aufgerissen, und Verzweiflung stand in seinem Blick. Er wusste, wie schwer er verletzt war.
    Ich begann nach Eric zu rufen, damit er Sam sein Blut gab, doch als ich die Hand an Sams Halsschlagader legte, hatte er schon keinen Puls mehr. Seine Augen schlossen sich.
    Und alles andere auf der Welt auch.
    In meinem Universum breitete sich Schweigen aus. Ich hörte das Chaos um mich herum nicht. Ich reagierte nicht auf die Stimme, die meinen Namen rief. Ich stieß Alcide ein zweites Mal weg. Mein Weg lag glasklar vor mir. Ich griff in meine Seitentasche, holte das Cluviel Dor hervor und legte es Sam auf die Brust. Das sanfte Grün schimmerte. Und die goldene Einfassung strahlte leuchtend.
    Amelia hatte mir immer gesagt, dass es bei der Magie vor allem auf den Willen und die Absicht ankomme, und an beidem herrschte bei mir kein Mangel.
    »Sam. Lebe.« Ich erkannte meine eigene Stimme kaum wieder. Zaubersprüche kannte ich zwar keine, aber ich hatte den Willen. Daran musste ich glauben. Ich drückte das Cluviel Dor auf Sams Herz und legte meine linke Hand auf die schreckliche Wunde an seinem Hals. »Lebe«, wiederholte ich eindringlich und vernahm nur meine eigene Stimme und die Stille in Sams Körper.
    Und dann öffnete das Cluviel Dor sich an seiner goldenen Einfassung und gab einen inneren Hohlraum preis, aus dem konzentrierte Magie herausströmte und sich in Sam hinein ergoss. Sie war durchsichtig und glänzend und nicht von dieser Welt. Und strömte mir durch die Finger, hinein in Sams Hals, und verschwand in derschrecklichen Wunde. Sie füllte Sams ganzen Körper an, dass er zu leuchten begann. Das Cluviel Dor glitt mir aus der rechten Hand, die immer noch auf Sams Brust lag. Da spürte ich eine Bewegung unter meiner linken Hand, und so nahm ich sie von Sams Hals und sah staunend zu.
    Es war, als würde ein Film rückwärts abgespielt werden. Die verletzten Adern und Sehnen in Sams Hals begannen, sich wieder zu einem Gewebe zu schließen. Ich hielt den Atem an und hatte sogar Angst, auch nur zu blinzeln oder mich sonst wie zu bewegen. Nach einem langen Augenblick, oder vielen langen Augenblicken, konnte ich spüren, dass Sams Herz unter meinen Fingern wieder zu schlagen begann.
    »Danke, Fintan«, flüsterte ich. »Danke, Gran.«

    Nach einer kleinen Ewigkeit öffnete Sam die Augen. »Ich war tot«, sagte er.
    Ich nickte nur. Denn ich brachte kein Wort heraus, und wenn es um mein Leben gegangen wäre.
    »Was … wie hast du das gemacht?«
    »Erzähl ich dir später.«
    »Du … du kannst so etwas tun?« Er war ganz benommen.
    »Nicht noch einmal«, warnte ich ihn. »Das war ’s. Von jetzt an musst du am Leben bleiben.«
    »Okay«, sagte er schwach. »Versprochen.«

    Eric ging, während ich bei Sam war. Und er ging, ohne mit mir gesprochen zu haben.
    Als Sam schließlich wieder auf den Beinen war, mussten wir an Jannalynn vorbeigehen. Sam sah auf die Leiche der Frau hinab, mit der er monatelang zusammen gewesenwar, und sein Gesicht war leer. Er würde eine Menge aufzuarbeiten haben.
    Der Rest des Werwolfabends war mir so was von egal. Es würde vermutlich sowieso keiner Alcide an Ort und Stelle herausfordern, dachte ich, und wenn doch, so würde ich garantiert nicht hierbleiben und noch einen weiteren Kampf mitansehen. Und es würde vermutlich auch keiner dagegen stimmen, falls Mustapha dem Rudel beitreten wollte. Nicht nach diesem Abend. Ich machte mir nicht einmal Gedanken darüber, welche Auswirkungen das Spektakel des heutigen Abends auf die jüngeren Rudelmitglieder, die Werwolfteenager haben würde. Sie lebten in ihrer eigenen Welt, und deren Vorschriften und Regeln sollten sie besser so schnell wie möglich lernen.
    Auf dem Weg nach Hause fuhr ich, denn ein Mann, der eben noch gestorben und von den Toten zurückgekehrt war, sollte vielleicht erst einmal Zeit haben, ein bisschen über seine Erfahrung nachzudenken. Sams Pick-up war nicht schwer zu handhaben, aber trotzdem war ich mit dem Fahren eines mir fremden Autos, während ich gleichzeitig den Weg zurück auf die Hauptstraße
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