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Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Titel: Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Autoren: Jo Thun
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mir?“
    Moni seufzte erneut.
    „ Ist ja auch egal, Moni. Du bist jetzt glücklich. Ich bin auch glücklich, das heißt, war glücklich. Ein paar Tage lang war ich der glücklichste Mensch der Welt. Jetzt muss ich mit dem Tod erst mal zurechtkommen, verstehst du?“
    „ Nicht wirklich. Ich habe das nicht so richtig mitbekommen. Du hast jemanden kennengelernt und dich verliebt, und dann ist sie gestorben, war das so? Entschuldige, aber ich finde das alles total konfus. Es fängt schon damit an, dass ich überhaupt nicht begreife, warum du hier hergekommen bist. Wolltest du wirklich sterben? Und wie hast du dich so schnell verlieben können? Und wo bleibe ich bei alledem?“
    In dem Moment kamen die Jungs zurück, ihre Teller bis oben voll beladen. Sie stöhnten vor Vorfreude. „Mann, das ist ja echt das Paradies hier! Das ist so cool!“ sagte Tommy. Und John fügte mit vollem Mund hinzu: „Nachher gehen wir schnorcheln. Kommst du mit, Mattes?“
    „ Schnorcheln? Hört sich gut an. Aber ich wollte eigentlich gerade mit eurer Mutter etwas bereden. Wann geht ihr denn los?“
    „ Um 12“, sagte John mit vollem Mund.
    „ Oh Herrje, da fällt mir ein, dass ich um 11 einen Termin habe.“ Fast hätte ich vergessen, dass Dr. Rosenblatt mich erwartete. „Moni, können wir’s auf später verschieben?“
    Mit einem resignierenden Seufzer sagte sie: „Klar, ich geh nirgendswo hin.“
    Draußen begegnete mir Isabelle, die froh schien, mich zu sehen.
    „ Gut, dass ich dich noch sehe. Ich wollte mich noch verabschieden.“
    „ Wieso, du hast doch gesagt, dass du bis Sonntag bleibst. Ist was passiert?“
    „ Nein, aber hier ist so viel los, ich hab das Gefühl, dass ich da störe. Ich glaube, Moni ist etwas irritiert, weil sie uns so oft zusammen gesehen hat, und ich will dir da nichts verbauen.“
    „ Quatsch, du kannst mir nichts verbauen, das ist doch Blödsinn. Moni und ich, wir sind nur gute Freunde. Bitte bleib‘ doch noch, ich hol dich ab, heute Nachmittag, um vier, ja? Bitte?“
    Isabelle antwortete nicht, und damit sie nicht doch noch „nein“ sagen konnte, rief ich „Super, bis später“, und lief davon, weil ich schon spät dran war. Dr. Rosenblatt saß an seinem Schreibtisch und war in irgendwelche Papiere vertieft, als ich reinkam. Er sah auf und lächelte. „Guten Morgen. Wie geht es Ihnen?“
    „ Gut, den Umständen entsprechend. Moni ist gekommen, haben Sie schon gehört? Sie hat sich Sorgen um mich gemacht. Und gerade hat sie mich gefragt, warum ich ihr nie gesagt habe, dass ich mich für sie interessierte. Dabei wusste ich das ja selbst nicht. Ich weiß es ja jetzt noch nicht.“ Mit einem Plumps ließ ich mich in meinen Sessel fallen.
    „ Ist ja auch ein bisschen viel gerade, oder?“
    „ Ja, wirklich! So viel wie in der letzten Woche habe ich in den letzten zehn Jahren nicht erlebt. Mit Ausnahme vom Tod meiner Eltern.“
    „ Das herausragendste Ereignis der letzten zehn Jahre war der Tod Ihrer Eltern?“
    „ Das habe ich so nicht gesagt. Obwohl, ja, eigentlich kann man das so sehen. Das hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Erst meine Mutter, dann mein Vater. Das komische ist, dass ich mich gar nicht daran erinnere, dass ich besonders traurig war.“
    „ Anders als jetzt?“
    „ Ja, ganz anders. Die Trauer jetzt, sie tut richtig weh. Man sagt das so, das Herz tut mir weh, aber es ist wirklich so, es tut physisch weh.“
    Dr. Rosenblatt nickte nur.
    „ Damals habe ich eher so eine Art Verwunderung gespürt. Und mir leid getan, weil ich plötzlich so alleine war.“
    „ Das hört sich ein bisschen so an, als haben Sie da eine kleine verschleppte Depression vor sich her geschoben.“
    „ Verschleppte Erkältungen kenne ich, aber verschleppte Depressionen?“
    „ Doch, das passiert häufig. Sie fressen sich immer tiefer ins Gemüt, oder aber sie brechen auf. Eine nicht verarbeitete Trauer kann zum Beispiel bei einem erneuten Trauerfall mit hochkommen, und dann weiß man gar nicht, ob man die neue oder die alte Trauer spürt.“
    „ Sie meinen, die Trauer die ich jetzt spüre, gilt auch meinen Eltern?“
    „ Möglich.“
    Ich dachte eine Weile nach. „Komisch ist aber doch, dass ich mich gleichzeitig befreit fühle. Nach all den Jahren der Einsamkeit habe ich plötzlich das Gefühl, dass ich Freundschaften schließen kann und Spaß am Leben habe.“
    „ Das perfide an unterdrückter Trauer ist, dass sie einen lähmt und man sich nicht wirklich weiterbewegt. Wenn man sich der
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