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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab
Autoren: Matthew Skelton
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auf die Uferböschung gekrochen. »Anscheinend ist er ganz lebendig und …«
    Doch bevor er weiterreden konnte, dröhnte direkt über ihnen ein Donnerschlag, das Mondsegelschiff geriet ins Schlingern und neigte sich jäh zur Seite. Cirrus, der immer noch weit vornübergebeugt ins Wasser schaute, verlor die Balance und stürzte über den Rand.
     

 

     

Der Atem Gottes
    Für einen schrecklichen Moment raste der Wind an seinem Gesicht vorbei und stieß ihn durch die Luft. Kopfüber stürzte Cirrus Richtung Wasser, da krallte sich auf einmal etwas Spitzes, Heißes um seine Schultern und riss ihn wieder empor. Als er den Hals verrenkte, sah er über sich den wilden adlerähnlichen Vogel, der mit den Flügeln schlug und ihn mit der Hitze seiner Federn versengte. Er hatte ihn mit seinen Klauen fest umfasst.
    Die Welt schlug Purzelbäume, aber nicht lange, da ließ der Vogel ihn in den Korb fallen und kehrte auf seine Sitzstange zurück. Cirrus gegenüber stand der Mann aus Black Mary’s Hole.
    »Vorsicht!«, sagte der Mann, während der Vogel sie wieder höher trug. »Du hast vielleicht die Locken deines Vaters, aber seine Seemannsbeine hast du noch nicht.«
    In seiner Stimme schwang etwas Humorvolles, obwohl seine Augen unter dem Rand des Dreispitzes dunkel und undurchdringlich waren. Cirrus fiel ein, was das Mädchen gesagt hatte: Der Mann ist ein Freund.
    Cirrus richtete sich mühsam auf, doch bevor er etwas sagen konnte, sagte der Mann: »Also dann, Junge, gib mir die Kugel.«
    Cirrus spürte, dass das Mädchen ihn beobachtete. Sie trug nicht mehr ihr braunes Kleid aus dem Findelhaus, sondern eine kurze blaue Jacke mit hellen Hosen. Ihr Name fiel ihm ein: Pandora.
    »Die Kugel«, sagte der Mann in seine Gedanken hinein. »Hast du sie bei dir?«
    »Bottle Top«, murmelte Cirrus, den der Verrat seines Freundes tief getroffen hatte. »Bottle Top hat sie genommen … und ich dachte, er wäre mein Freund.«
    Der Mann sah ihn einen Augenblick verständnislos an, doch dann begriff er. »Der Junge in der vergoldeten Kutsche!«, sagte er zu dem Mädchen. »Er bringt die Kugel Mr Sidereal! Wir müssen ihn abfangen!«
    Augenblicklich lief Pandora zur anderen Seite des Korbes, setzte ein Fernglas an die Augen und richtete es auf das Straßengewirr unter ihnen. Cirrus ging zu ihr, achtete jetzt aber sorgfältig auf die Decken am Boden, um sich nicht mit den Füßen darin zu verfangen. Das glänzende Segel wölbte und blähte sich über ihnen, Seile und Drähte hielten alles an Ort und Stelle, und wieder fragte sich Cirrus, wie sie sich in der Luft halten konnten.
    Sie waren jetzt hoch über dem Fluss und folgten dem Kurs, den der Wind vorgab. London dehnte sich nach allen Richtungen aus: ein riesiges Gebiet dunkler Gebäude und gewundener Straßen und Gässchen. Die meisten Straßen waren verlassen und nur von flackernden Laternen erhellt, die aber kaum die Dunkelheit durchdrangen.
    Plötzlich hob das Mädchen den Arm und zeigte hinunter. »Mr Hardy! Ich sehe die Kutsche! Sie ist fast da!«
    Cirrus folgte ihrem Finger, vorbei an den Werften und Speicherhäusern am Ufer bis hin zu der perlweißen Kuppel der St Paul’s Kathedrale, die von einer Gefolgschaft von Türmen umgeben war. Er konnte nun auch das hintere Ende einer goldenen Kutsche erkennen, die gerade am Friedhof vorbeifuhr – es war dieselbe Kutsche, in der er und die anderen Jungen zuvor gefahren waren.
    »Warte, Alerion«, rief Mr Hardy, und indem er in die Seile griff und sich über den Korbrand beugte, steuerte er sie in eine kalte Luftströmung.
    Im Sturzflug sanken sie der Stadt entgegen. Cirrus hatte das Gefühl, als befinde sich sein Körper im freien Fall und habe dabei seinen Magen weit hinter sich gelassen. Der Wind pfiff in seinen Ohren.
    Dann, als sie über dem Uferdamm dahinflogen, traf der Korb auf einen warmen böigen Wind und stieg unter wildem Geschaukel wieder den Wolken entgegen. Hier prallte die Hitze, unter der die Stadt gefangen lag, auf den kalten Wind über der Themse. Cirrus war, als ströme sein ganzes Blut in die Füße, er musste sich am Korb festhalten, um nicht herauszufallen.
    Zufällig berührte er die Finger des Mädchens.
    Hier unter den Wolken sah ihr Gesicht glücklich und lebhaft aus. Ihre haselnussbraunen Augen funkelten, ihr rotbraunes Haar leuchtete. Verlegen wandte sich Cirrus ab und betrachtete den Vogel, der hell lodernd über ihnen mit den Flügeln schlug und sie durch die turbulenten Luftströmungen trug.
    »Ist er
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