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Cinderella undercover

Cinderella undercover

Titel: Cinderella undercover
Autoren: Gabriella Engelmann
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wieder in der Lage war, halbwegs normal zu sprechen. »Ist er nun schwul oder nicht?«
    Paule sah gedankenverloren auf den Rasen und zupfte ein Gänseblümchen ab. Wenn sie die Antwort nicht wusste, konnten wir zur Not immer noch »Er liebt mich, er liebt mich nicht« spielen.
    »Nö, glaube ich nicht. Ist doch sowieso nur ein blödes Klischee, dass alle Tänzer schwul sind. Letzte Woche habe ich ihn außerdem im Park mit Laura gesehen und die beiden haben Händchen gehalten.«
    Und warum war Laura dann heute Abend nicht hier?
    »Aber das heißt doch noch gar nichts«, wandte ich ein und fing an zu überlegen: Woran erkannte man eigentlich die sexuelle Neigung des männlichen Geschlechts? Die aktuelle Mode mit den längeren Haaren, die Männer nicht besonders maskulin wirken ließen, machte die Sache leider nicht gerade einfacher.
    Typen, bei denen ich hundert Prozent gewettet hätte, dass sie hetero waren, standen auf Jungs und umgekehrt.
    »Verabrede dich doch mal mit ihm und versuch herauszufinden, ob er dich mag, und vor allem, was mit dieser Laura abgeht. Und wenn es was wird, guckt ihr eben, wie es sich weiterentwickelt. Du musst ihn ja nicht gleich heiraten oder so«, versuchte ich, sie zu ermuntern, und verscheuchte eine Wespe, die sich gefährlich summend meiner nackten Wade näherte.
    Wahrscheinlich hätte ich statt des kurzen Kleidchens lieber eine lange Jeans anziehen sollen.
    »Das kann ich nicht machen, Enrico ist doch mein Lehrer und außerdem uralt«, entgegnete Paule in einem Tonfall, als hätte ich gerade vorgeschlagen, Johannes Heesters zu daten.
    »Vierundzwanzig ist wirklich ein bisschen alt, aber das Argument mit dem Lehrersein zählt nicht. Du hast doch gesagt, er würde euch nur noch bis Ende des Jahres unterrichten. Und auch nur in Modern Dance, weil das nicht so Giséles Ding ist. Danach ist er eh wieder weg…«
    »Und genau das ist auch der Grund, weshalb ich ihn lieber nur von der Ferne anschmachte, anstatt wie ein Groupie darauf zu warten, dass er irgendwann mal was mit mir trinken geht. Mit Laura ist das was anderes. Die ist neunzehn und kann mit ihm durch die Weltgeschichte tingeln.«
    »Wenn das so ist, dann bist du auch nicht richtig verknallt«, stellte ich trocken fest.
    Also nicht dass ICH wirklich Expertin auf diesem Gebiet war, denn ich hatte bislang nur einige ziemlich kurze Beziehungen, die diese Bezeichnung im Grunde gar nicht wirklich verdienten. Schwärmerei oder kurzfristige Geschmacksverirrung traf es wohl eher. Mister Right hatte bislang jedenfalls noch nicht meinen Weg gekreuzt und ich hatte ihn auch noch nicht groß vermisst.
    »Können wir jetzt bitte von etwas anderem reden oder noch besser: endlich tanzen«, bat Paule, was mir sehr recht war. Und so mischten wir uns einige Minuten später unter eine Gruppe Salsa-Tänzer, deren Hüftschwung selbst Shakira vor Neid erblassen lassen würde. Mit Enrico zu tanzen, war ein Traum, aber auch die anderen Jungs waren gar nicht schlecht.
    Am Ende des Abends hatten Paule und ich ein paar Telefonnummern in der Tasche (Ja, auch ich), die wir aber kichernd beim nächstbesten Mülleimer entsorgten. Die Salsa-Szene war für ihr hohes »Flirtpotenzial« bekannt. Und das war noch vorsichtig ausgedrückt. Wer hatte schon Lust, sich emotional verheizen zu lassen und hinterher liebeskummergebeutelt in die Röhre zu gucken?
    Na? Eben!
    Punkt zwölf war ich zu Hause und sehr erstaunt, die Wohnung dunkel vorzufinden. War Paps etwa vor dem Fernseher eingeschlafen?
    Ich ging ins Wohnzimmer, doch da war keine Spur eines sanft schnorchelnden Vaters, der mal wieder beim klassischen Samstagabend-Krimi oder einer Gameshow eingenickt war. Offenbar amüsierte er sich immer noch bestens mit dieser Frau und hing mit ihr in irgendeiner Bar ab.
    Oder – noch schlimmer – er war noch auf den berühmten »Kaffee« mit zu ihr gegangen…
    Der Gedanke an diese Möglichkeit schüttelte mich, gleichzeitig war ich stinksauer darüber, dass ich pünktlich um Mitternacht zu Hause sein musste, während er sich wer-weiß-wo herumtrieb.
    Hätte ich das gewusst, wäre ich länger bei Enrico geblieben und hätte die Nacht durchgetanzt.

3.
    Am Donnerstag saßen Paps und ich müde beim Frühstück und muffelten beide vor uns hin. Er las das Hamburger Abendblatt, ich blätterte das Kunstmagazin ART durch, das Mama mir als Abonnement zu Weihnachten geschenkt hatte.
    Er: »Kannst du mir mal die Butter geben?«
    Ich: »Wie heißt noch gleich das Zauberwort?!?«
    Seit
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