Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ciao Tao

Ciao Tao

Titel: Ciao Tao
Autoren: Hen Hermanns
Vom Netzwerk:
die liebe Frau Kraus auf einmal und knallte die Tür zu.
    »Jetzt bloß nicht rennen, sondern ganz normal gehen«, sagte ich, und wir rannten los.
    Ein paar Blöcke weiter hielt eine Straßenbahn, und wir stiegen ein. Otto vom Lotto auf der Flucht.

    In der Markthalle des Düsseldorfer Hauptbahnhofs genehmigten wir uns noch ein Gläschen Champagner.
    »Jetzt flieg nach New York und vergiß erst mal den ganzen Scheiß«, sagte Sigi. »Du brauchst Luftveränderung. Und wenn du wiederkommst, interviewen wir Brauer, und dann suchen wir uns zusammen einen neuen Job.«
    Wir stießen an und tranken einen Schluck.
    »Louis«, sagte ich zu Sigi, »ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«

17 .

    Im Blumenladen des Kölner Hauptbahnhofs kaufte ich eine Rose und ging ins Martinsviertel. Ich stand zehn Minuten vor der Tür und ging dann noch zweimal um den Häuserblock, bevor ich mich endlich traute, auf den Klingelknopf zu drücken. Automatisch fühlte ich meinen Puls. Neunzig.
    »Hallo«, kam es aus dem Lautsprecher.
    »Ich bin’s, Max.«
    Eine vierundzwanzigstündige Sekunde verging. Dann drückte Alwine auf. Ich stieg langsam die vier Treppen hoch, die in die zweite Etage führten. Stairway to heaven. Meine Rose war lächerlich. Ich spreizte den kleinen Finger ab. Perfekt. Alwine trug einen Bademantel und ein ernstes Gesicht. Sie sagte nichts. Ich sagte nichts. Ich hielt ihr die Rose hin. Sie nahm sie mit der rechten Hand und zeigte mir mit der linken einen Vogel. Dann forderte sie mich mit einer Kopfbewegung auf, reinzukommen. Ich ging an ihr vorbei und setzte mich aufs Sofa. Alwine verschwand im Bad und kam nach ein paar Minuten in Jeans und einem alten, viel zu großen Pullover zurück.
    »Und? Wie ich sehe, hast du alle Abenteuer heil überlebt. Der Held kehrt von der Arbeit zurück. Möchtest du deine Pantoffeln nicht anziehen?«
    »Es tut mir leid, Alwine.«
    »Manchmal muß ein Mann eben ein Mann sein, nicht? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, du Idiot.«
    »Das hab ich gehofft.«
    »Warum hast du nicht mal angerufen?«
    »Ich konnte nicht. Ich meine, es war mir peinlich und alles. Was soll ich denn noch sagen. Es tut mir leid. Lütgenau ist tot.«
    »Ich weiß. Stand in der Zeitung.«
    »Aber in der Zeitung stand nicht, daß ich dabei war, als es passierte.«
    »Was?«
    »Knodt und ich haben ihn verfolgt. Und dabei ist es passiert. Wir waren Augenzeugen. Oder besser gesagt, Ohrenzeugen, wir haben lieber die Köpfe eingezogen.«
    »Und was hast du der Polizei erzählt?«
    »Das wenige, was ich gesehen habe. Was ich sonst noch mit Lütgenau zu tun habe, hab ich lieber nicht gesagt. Immerhin ist es die Düsseldorfer Polizei und nicht die Kölner. Und wir sind ganz normale, gewöhnliche Zeugen. Kölner, die zum Shopping nach Düsseldorf gekommen sind.«
    »Warum hast du ihnen denn nicht einfach alles erzählt? Dann wärst du die Sache endlich los.«
    »Ich war ein bißchen nervös. Und außerdem wäre ich dann auch das Köfferchen los, das ich sozusagen als Andenken beiseite geschafft habe. Inhalt: eine halbe Million Dollar. Keiner hat’s gesehen, und Knodt und ich machen halbe-halbe.«
    »Und ihr glaubt, das kommt nicht raus?«
    »Hoffen wir jedenfalls. Ich glaube, in Polizei- und Fachkreisen ist man ganz froh, den Lütgenau los zu sein. Man wird da nicht groß rumforschen.«
    »Und was ist mit Eckert?«
    »Ich habe gekündigt und ihn zur Rede gestellt. Er streitet alles ab. Hat mit dem ganzen Schweinkram nichts zu tun. Der war so außer sich, daß ich es ihm fast geglaubt habe. Tja, und dann hatte ich am Dienstag abend auch noch Besuch von einem Unbekannten, der mit dem Messer auf mich losging.«
    Alwine sah mich entsetzt an.
    »Ich hab’s überlebt, wie du ja selbst schon festgestellt hast.«
    Alwine schüttelte den Kopf. Eine Träne sprintete ihre linke Wange herunter. Dann noch eine. »Du Blödmann.«
    »Ich hatte ziemlich viel Schiß in den letzten Tagen. Aber die meiste Angst hatte ich davor, dich zu verlieren.«
    »Ich glaube, das hast du so gut wie geschafft. Du tickst doch nicht mehr ganz richtig. Wie kannst du seelenruhig Geld beiseite schaffen, das einem Waffenhändler gehört hat? Hast du vielleicht schon mal einen Gedanken daran verschwendet, woher das Geld kommt? Und falls dir das moralisch nichts ausmacht — da müssen doch irgendwelche Freunde, Geschäftspartner oder sonstwas von Lütgenau schon längst auf der Suche nach der Kohle sein. Und die Polizei wird alles
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher