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Ciao Tao

Ciao Tao

Titel: Ciao Tao
Autoren: Hen Hermanns
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Lederjacke. Back to the basics. Im Golf drückte er auch noch eine Cassette mit Crosby, Stills, Nash & Young ein. »And if you’re not with the one you love, love the one you’re with«, donnerte es aus den Lautsprechern.
    Als Knodt den Golf 50 Meter von der Einfahrt zu Lütgenaus Prachtvilla entfernt parkte, hatten wir uns 45 Minuten lang mit feinster Nostalgie vollgedröhnt. Gegen 8 Uhr glitten die ersten Luxuslimos an uns vorbei. Nach einer weiteren halben Stunde zeigte sich endlich Lütgenaus weißer 500 SE. Wir folgten ihm in die Innenstadt. Er parkte vor seinem High-Fashion-Laden in der Altstadt.
    »Da hätten wir auch noch was länger liegen bleiben können«, seufzte Knodt.
    Aber da kam Lütgenau auch schon wieder raus. Auch diesmal ohne das schwarz gekleidete Arschloch, aber dafür mit einem kleinen Aluminiumkoffer in der Hand. Er stieg in seinen Zuhältermercedes. Wir folgten. Knodt achtete darauf, daß immer ein oder zwei Wagen zwischen uns waren. Professionell. Ich wollte nicht zurückstehen und schaute ebenso professionell nach hinten. Hinter uns fuhr ein schweres Motorrad. Fahrer und Sozius trugen Helme mit Rauchglas und sahen aus wie Weltraumfahrer.
    »Wo will der bloß hin?« fragte Knodt. »Wir fahren im Kreis.«
    Ich sah noch mal nach hinten. Das Motorrad folgte uns immer noch.
    »Ich glaube, der legt uns rein. Wir werden selbst verfolgt. Guck mal.«
    Knodt sah in den Rückspiegel. Und dann ging alles sehr schnell. Vor uns schlug eine Ampel auf Rot. Lütgenau stoppte. Knodt bremste ebenfalls. Das Motorrad rollte langsam an uns vorbei. Einer der Weltraumfahrer hatte plötzlich eine Maschinenpistole in der Hand. Wir sahen es beide gleichzeitig und zogen die Köpfe ein. Die MP knatterte los. Dann eine Explosion. Dann drehte das Motorrad auf. Und dann war es sehr still. Merkwürdigerweise lebten wir noch. Und der Golf war auch heil. Der 500 SE allerdings war schrottreif. Wir stiegen aus und sahen uns die Bescherung an. Irgendwas, das irgendwie an Lütgenau erinnerte, hing halb aus dem Auto. Mir wurde schwindelig. Ich setzte mich einfach auf den Bürgersteig. Ich saß auf etwas Hartem mit Rillen. Ich stand wieder auf. Es war Lütgenaus Aluminium-Köfferchen. Ich hob es wie selbstverständlich auf, ging zum Golf und stieg ein. Die ersten Schaulustigen gierten herum. Aber keiner von ihnen kriegte was mit. Sie starrten alle auf den qualmenden Schrotthaufen. So was Tolles hatte es auf der Königsallee schließlich noch nie gegeben. Knodt setzte eine Sonnenbrille auf. Polizei, Notarzt und Krankenwagen kamen. Aber es gab nichts mehr zu verarzten. Die Polizisten waren beide jung, blond, dicklich und hatten dünn gewachsene Oberlippenbärte. Wir zeigten unsere Papiere vor und machten unsere Aussagen. Blondie 1 fragte, Blondie 2 notierte. Nein, wir hatten niemand erkannt, die Motorradfahrer hatten ja Helme getragen. Nein, wir hatten uns kein Nummernschild gemerkt, wir hatten lieber die Köpfe eingezogen. Nein, wir konnten uns auch nicht an das Fabrikat erinnern, es war eben eine schwere Maschine, eine Honda vielleicht. Ja, wir waren unverletzt. Ja, auch unser Auto war in Ordnung. Ja, wir würden unsere Aussagen auf Anforderung jederzeit schriftlich im Polizeipräsidium niederlegen.
    Und dann durften wir fahren. Knodt legte den Rückwärtsgang ein, und Blondie 1 dirigierte uns in eine Seitenstraße. Ein Mann im Trenchcoat schrie auf Blondie 2 ein und zeigte auf uns. Trenchcoat und Blondie 2 liefen auf uns zu. Trenchcoat hieß Westphal und war von der Mordkommission. Wir durften alles noch mal wiederholen.
    Nein, wir hatten niemand erkannt, die Motorradfahrer hatten ja Helme getragen. Nein, wir hatten uns kein Nummernschild gemerkt, wir hatten lieber die Köpfe eingezogen. Nein, wir konnten uns auch nicht an das Fabrikat erinnern, es war eben eine schwere Maschine, eine Honda vielleicht. Was wir in Düsseldorf wollten? Was Kölner eben so in Düsseldorf tun. Auf die Königsallee gehen und Äffchen füttern. Ja, natürlich würden wir unsere Aussage auf Anforderung schriftlich im Polizeipräsidium niederlegen. Nein, richtig mögen würden sich Düsseldorfer und Kölner wohl nie.
    Und dann durften wir wirklich fahren. Ich sah noch mal zurück. Die Spurensicherung zog Kreidestriche und fotografierte. Wie im richtigen Fernsehen.
    Es war immer noch für die Jahreszeit zu kalt. Aber das war nicht der einzige Grund dafür, daß ich fror. Erst auf der Autobahn redeten wir wieder.
    »Erinnert mich an die Bibel«, sagte
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