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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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grüßen und beglückwünschen. ‚Unser Reporter löst einen mysteriösen Mordfall, an dem sich die Polizei die Zähne ausbeißt’, hat er gesagt, das sei doch eine feine Sache. So, jetzt schauen wir mal, wo die anderen sind, die sollen am Besten aller hierher kommen, um auf dich anzustoßen...“
    „Einen Moment Chef“, unterbrach ihn Massimo. „Ich habe noch einen wichtigen Punkt.“
    Massimo berichtete vom Anruf eines Informanten, dessen Erzählung und dessen Rat, die Abhörprotokolle daraufhin durchzugehen. „Sie hatten Recht Chef“, schloss er, „zwischen Motti und der Wettmafia gab es offenbar doch eine Beziehung; nur dass die mit dessen Tod nichts zu tun hatte.“
    „Ach Mayer“, winkte sein Chef ab, „lass’ doch jetzt die ollen Kamellen. Wen interessiert das denn jetzt noch?“
    Massimo sah ihn ratlos an. „Chef, wenn wir die Abhörprotokolle auswerten und darauf stoßen, dass...“
    „Vergiss es!“ fuhr sein Chef dazwischen. „Die Protokolle sind tabu. Die Regierung hat ein Dekret erlassen, sag’ mal, liest du keine Zeitung? Also: ein Dekret erlassen, dass diese Protokolle nicht veröffentlicht oder ausgewertet werden dürfen, weil sie illegal, ohne richterlichen Beschluss zustande gekommen sind. Und alle großen Verleger und der Verlegerverband haben der Regierung zugesagt, sich daran zu halten. Wir natürlich auch.“
    „Warum?“
    „Aus Staatsräson, Mayer, verstehst du?“
    „Nein!“
    „Du bist eben zu rigoristisch, zu regelfixiert, zu - wie soll ich sagen - zu deutsch, Mayer! Lass’ dir von einem alten Journalisten sagen: Es gibt nicht nur schwarz und weiß, es gibt auch grau, und manchmal ist grau auch orange oder es hat die Vereinsfarben irgendeines Fußballclubs. So ist das Leben. Jetzt komm, wir wollen dich feiern! Vergiss’ doch das Thema. Der Mord ist aufgeklärt, dank deiner, lassen wir doch den armen Kerl in Ruhe, jetzt wo er tot ist. Jetzt steht eine schöne Beerdigung an und sonst nichts.“
    „Beerdigung?“ rief fröhlich Massimos Kollege Pippo, der mit einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen bei den letzten Worten des Chefredakteurs eingetreten war. „Kein Bedarf an Beerdigungen! Wir wollen jetzt feiern! Komm Mayer!“

    *

    Okay, feierte Mayer eben mit. Es war ja auch ganz nett, zur Abwechslung einmal der Held zu sein. Trotzdem war er nur halbherzig bei der Sache. Man konnte doch diese Riesenschweinerei auf den Fußballplätzen nicht einfach totschweigen, abhaken, nur weil dabei womöglich viele hochmögende Leute mitgemacht hatten! Gerade deshalb nicht! Was waren sie eigentlich alle für Journalisten, was feierten sie hier eigentlich?
    Aber dann wurde es doch irgendwie ganz lustig. Der Chef hatte ständig neue Prosecco-Flaschen holen lassen, Pippo hatte ihm immer wieder eingeschenkt und erst kam der, dann dieser, dann jener Kollege, um ein paar Schmuse-Worte zu verlieren, so in der Art „prima gemacht, Massimo!“ und „Salute darauf!“ - und so gegen drei fuhr Massimo wieder einmal in einer eindrucksvollen Mischung aus großen Bögen und artistisch engen Kurven mit dem Moped nach hause.
    Fünfzig Meter vor der Haustür nahm er das Gas weg, ließ sein instabiles Gefährt vorsichtig ausrollen. Bloß keinen Lärm machen, dass die blöde Nachbarin ihn wieder bei Mama verpetzte! Auch im Treppenhaus: Leise, leise.
    Beim Ausziehen hörte er Elisabetta auf dem Anrufbeantworter zu: die Verabredung am nächsten Tag nicht vergessen, Mittagessen, koche für Dich, mit Dir feiern, nicht vergessen, um eins, nicht später.
    Nein, nein, das würde er nicht vergessen. Diesmal ganz bestimmt nicht. Aber jetzt musste er erst einmal schlafen!

    Doch so einfach wurde das nicht. Er war to dmüde, aber der wohlige, wunderbare Schlaf wollte nicht kommen. Wie ein Kampfhund stand das Wort-Ungetüm zwischen Massimo und dem ersehnten Ziel: Wettskandal.
    Es ließ sich nicht verscheuchen. Massimo arbeitete alles durch, telefonierte knallhart mit Vereinspräsidenten und Polit-Größen, deckte Beziehungen auf, ein ganzes Geflecht aus zwielichtigen Beziehungen, benannte korrupte Spieler und Schiedsrichter und natürlich die ehrbaren Bürger aus den besseren Kreisen, die mit den Schiebereien viel, viel Geld verdient hatten. Der „Journalist gnadenlos“ schlug wieder zu, „Roms Top-Enthüller“ hielt das ganze Land in Atem. Er feilte an Sätzen, suchte die treffendsten Worte - gegen halb sieben schlief er ein. Halb acht wummerte es an der Tür.

    „Massimo, Massimo, es ist halb acht!
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