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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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Sprecherinnen lieber.
    Womöglich seien Spiele verkauft worden, ratterte der Unsymphatling in seinem TV-Nachrichten-Stakkato weiter, es sei nicht auszuschließen, dass der Ausgang der Meisterschaft in der vergangenen Saison davon betroffen sei. Dann erschien der Präsident von Juventus Turin im Bild und sagte, er und sein Verein würden alles tun, die Sache restlos aufzuklären, auch wenn es wehtun könnte. Ihm folgten die Präsidenten von Inter Mailand und von AS Rom und sagten, man werde alles tun, die Sache restlos aufzuklären, auch dann, wenn es dem eigenen Verein wehtun könnte. Das versprach hernach genauso der Präsident des Fußballverbandes. Der durfte nach dem „alles-aufklären“-Satz auch noch sagen, dass man das dem italienschen Fußball schuldig sei und dass drakonische Strafen verhängt würden, sollten tatsächlich solche Schwindeleien vorgekommen sein.

    „Was hast Du?“, fragte eine offenbar erschreckte Elisabetta, die mit einer gemischten Vorspeiseplatte aus der Küche gekommen war. „Du bist ja leichenblass“. Er schüttelte den Kopf, er müsse nur mal eben, nur kurz, murmelte er, und wählte die Nummer der Redaktion.

    Columballi meldete sich ganz entspannt. Gehört? Na klar, er schreibe doch gerade einen langen Kommentar dazu. Tenor? Dass es gut sei, wenn jetzt alles ans Licht käme, und dass sich jetzt die Selbstreinigunggskraft des italienischen Fußballs beweisen müsse. „Die Selbstreinigungskraft?“ Massimo verstand wirklich nicht, was Columballi meinte. „Na´ darum geht es doch“, setzte der seinen Vortrag fort, “dass die Vereine, der Verband ihren Laden jetzt aufräumen, weil die das bestimmt besser können als irgend ein Staatsanwalt, dass gewissermaßen der Fußball selbst den Fußball wieder sauber macht. ”
    Massimo steuerte gefährlich auf eine Herz- oder Nervenattacke zu. Er musste jetzt laut werden, es ging nicht anders. „Mein Gott, Columballi“, brüllte er, „merkst du nicht, was hier läuft? Da fliegt denen ein Riesenskandal um die Ohren, der ganze Fußball entpuppt sich als ein gewaltiger Schwindel, und dann sagen die, die das alles veranstaltet haben, wir klären das jetzt mal alles auf und du jubelst und redest von der Selbstheilungskraft. Bist Du völlig verblödet? Was sagt der Chef denn dazu?“
    Columballis Ton war nicht mehr ganz so freundlich, eher ein wenig frostig. „Rate mal, du Ober-Mayer, von wem das Wort von der Selbstheilungskraft stammt?“ Er legte auf.

    Massimo drückte Elisabetta einen Kuss auf die Stirn, nuschelte, dass er noch einma kurz weg müsse, halbe Stunde, Stunde höchstens, aber es müsse sein, griff ein paar Scheiben Salami und Schinken von der Vorspeiseplatte und verschwand. Elisabetta kam nicht einmal dazu, ihm zu sagen, dass er ein Idiot sei.

    Doch das sagte sich Mayer selbst, als er auf dem Motorino zur Redaktion raste. Zumindest fragte er sich das. Und auch, was er ansonsten eigentlich sei. Ein Held oder ein Versager?
    Okay, er hatte die Mörder von dem kleinen Dealer gefunden und so zumindest kräftig dazu beigetragen, den Tod des jungen Fußballers aufzuklären. So schlecht war das nicht. Aber jetzt, wo ein Ring von Betrügern aufflog, ein riesiges Netzwerk von Fußballspielern und Schiedsrichtern, Vereinspräsidenten und Zockern aus allen Schichten? Er war nahe dran gewesen, aber irgendwie auch wieder nicht. Und jetzt war er definitiv draußen. Der gerade noch gefeierte Mayer war jetzt einfach abgemeldet. Musste er das einfach so hinnehmen? „Wir lassen uns“, sagte seine Mutter manchmal, wenn sie sich aufregte und dann zum einzigen deutschen Ausdruck griff, der den Abgang seines Vaters überdauert hatte, „wir lassen uns doch nicht abmayern!“

    In der Redaktion machte er im Büro des Chefredakteurs da weiter, wo er von Columballis unhöfliches Auflegen des Telefonhörers unterbrochen worden war. Dass die Täter jetzt die Aufklärung ihrer Taten an sich reißen würden und am Ende dann eine Art „Schwamm drüber“ stünde und seine Zeitung, ihre Zeitung das nun auch noch bejubelte...
    „Ach Mayer, was redest du denn?“, stoppte ihn sein Chef, unwirsch, weil er bei den Schönheitsreparaturen am allzu trockenen Columballi-Kommentar gestört wurde. „Meinst Du, das sind alles Verschwörer, hocken alle im selben Boot und führen das ganze Land an der Nase herum?“
    Ja genau so, bestätigte Mayer, so komme es ihm vor. Der verehrte Herr Chefredakteur möge sich doch nur die Protokolle noch einmal ansehen und die
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